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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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bringen. Noch immer hat Irland freilich eine Target-Schuld von 97 Milliarden Euro oder 62 % seines BIP von 2011.

REKORDHALTER SPANIEN
    Wie Abbildung 8.6 zeigt, setzte im Sommer 2011, zeitgleich mit der Kapitalflucht aus Italien, auch eine Kapitalflucht aus Spanien ein. Bis zum Sommer war die Target-Schuld Spaniens zwar gestiegen, doch blieb sie mäßig. Vom Beginn des Jahres 2008 bis zum Juni 2011 hatte die spanische Notenbank Target-Kredite im Umfang von 42 Milliarden Euro in Anspruch genommen, während das Leistungsbilanzdefizit sich bis dahin auf etwa 227 Milliarden Euro angehäuft hatte. Etwa ein Fünftel des Leistungsbilanzdefizits während der ersten dreieinhalb Jahre wurde also mit der Notenpresse finanziert. Der Rest konnte durch normale Kapitalimporte finanziert werden.
    Ab Juli 2011 änderte sich die Situation aber schlagartig. Von Ende Juni 2011 bis Ende Juli 2012 schoss die Target-Schuld von 45 Milliarden Euro auf 423 Milliarden Euro hoch. Der Zuwachs von 378 Milliarden Euro war noch wesentlich größer als jener von Italien in der gleichen Zeitspanne, der bei 284 Milliarden Euro lag. Die Kapitalflucht, die ihn verursachte, war bald doppelt so groß wie die gesamten Nettokapitalimporte der dreieinhalb Jahre zuvor.
    Schon zum Jahresende 2011 hatte die Target-Kurve die Kurve des akkumulierten Leistungsbilanzdefizits Spaniens erreicht. Damit hat auch Spanien über die vier Krisenjahre 2008 bis 2011 sein summiertes Leistungsbilanzdefizit von 240 Milliarden Euro nicht mehr mit privaten Kapitalimporten, sondern ausschließlich mit der Notenpresse finanziert. Das Kapital, das bis zum Sommer 2011 importiert worden war, floss innerhalb eines halben Jahres wieder aus Spanien hinaus.
    Im Jahr 2012 beschleunigte sich die Kapitalflucht noch. Die Target-Kurve stieg progressiv an und schoss innerhalb von nur vier Monaten, von Februar bis Juni, um 197 Milliarden Euro hoch.
    Dies bestätigt die Analyse von Kapitel 3, dass Spanien heute das Hauptproblemland der Eurozone ist. Wie dort schon nachgewiesen wurde, steht die spanische Immobilienkreditblase, die im Wesentlichen über Auslandsschulden finanziert wurde, im Zentrum der europäischen Krise. Die spanische Auslandsschuld war am Jahresende 2011 mit 983 Milliarden Euro größer als die Außenschuld aller anderen Krisenländer zusammen genommen ( Abbildung 3.7 ). Kleine Länder wie Griechenland, Irland und Portugal zu retten, ist für die Staatengemeinschaft bereits eine große Herausforderung. Die Rettung Spaniens indes könnte an der schieren Größe der benötigten Summen scheitern.
    Diese Erkenntnisse sind den Investoren nicht verborgen geblieben, und deshalb war die Kapitalflucht aus Spanien, obwohl Spanien das kleinere Land ist, in der zweiten Krisenwelle ab Juli 2012 größer als die Flucht aus Italien, ja größer als die Kapitalflucht aus allen anderen Euroländern zusammen.
    Allerdings ist auch die Kapitalflucht aus Spanien vermutlich durch die Rettungsaktionen der EZB erst richtig angeheizt worden. Insbesondere das Angebot vom Dezember 2011, im Rahmen der »Dicken Bertha« in zwei Schüben für etwa 1000 Milliarden Euro dreijährigeRefinanzierungskredite zu gewähren, hat erhebliche Auswirkungen gehabt. Wie Abbildung 8.7 zeigt, haben die spanischen Banken für über 250 Milliarden Euro langfristige Refinanzierungskredite in Anspruch genommen. Man weiß nicht genau, wie das Geld verwendet wurde. Aber sicherlich haben die Banken damit selbst mehr Kredite an die Privatwirtschaft gegeben und den Anlegern Wertpapiere abgekauft. Abbildung 8.7 zeigt zum Beispiel, dass sie für etwa 85 Milliarden Euro zusätzliche spanische Staatspapiere gekauft haben. Die Konsequenz war, dass andere Anleger in die Lage versetzt wurden, ihre spanischen Papiere zu verkaufen und ihr Geld stattdessen im Ausland anzulegen. Möglicherweise haben die spanischen Banken das Geld auch selbst schon im Ausland investiert. Auf jeden Fall hatder Refinanzierungskredit den Kapitalexport gefördert und bietet sich als Erklärung für den rapiden Anstieg der spanischen Target-Salden an, der in Abbildung 8.6 dargestellt ist.
    Abbildung 8.6: Spanien (Januar 2005 – März/Juli 2012)

    Quellen: siehe Abbildung 8.1 .
    Abbildung 8.7: Längerfristige Refinanzierungsgeschäfte (LTROs) und spanische Staatsanleihen in den Bilanzen der spanischen Banken (Januar 2011 – Mai/Juli 2012)

    Erläuterung: Die blaue LTRO-Kurve ( Longer Term Refinancing Operations ) zeigt den Bestand an langfristigen

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