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Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)

Titel: Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Werner Sinn
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dass die Summe aller Hilfskredite inklusive der Target-Kredite, die Griechenland erhielt, die gesamte Nettoauslandsschuld um ca. 50 Milliarden Euro überschreitet. Dieser Überhang ist für sich genommen offenbar eine Nettoforderung Griechenlands gegenüber dem Ausland, denn sonst ginge die Rechnung nicht auf. So gesehen, ist Griechenland bezüglich der Kreditkontrakte mit privaten ausländischen Stellen gar kein Nettoschuldnerland mehr. Würde die Rückzahlung der Hilfen erlassen und bräuchte Griechenland seine Schulden nur zum heutigen Marktwert der Schuldpapiere bedienen, dann hätte es ein erkleckliches Nettoauslandsvermögen.
    Das gilt umso mehr, wenn man berücksichtigt, dass zu den intergouvernementalen Rettungsgeldern eigentlich noch die Hilfen hinzugerechnet werden müssen, die Griechenland dadurch erhielt, dass die Notenbanken anderer Länder griechische Staatspapiere gekauft haben. Dazu gibt es keine offiziellen Angaben, denn die EZB veröffentlicht nur die Summe der Staatspapiere der Krisenländer, die sie erworben hat, nicht aber deren Aufteilung. Wenn es stimmt, wie man in der Presse liest,  3 dass andere Notenbanken für ca. 50 Milliarden Euro griechische Staatspapiere gekauft haben, dann liegt der Endpunkt der Kurve aller Hilfsleistungen für Griechenland um ca. 100 Milliarden Euro über der von Eurostat ausgewiesenen Nettoauslandsschuld (negative Nettoauslandsposition). Das wäre dann das Nettoauslandsvermögen Griechenlands, würde man ihm alle staatlichen Schulden erlassen.
    Im Lichte dieser Erkenntnis kann man zu der Empfehlung des IWF vom August 2012, dass die öffentlichen Schuldner Griechenlands auf einen Großteil ihrer Forderungen verzichten sollten,  4 doch wohl nur mit dem Kopf schütteln. Würde man diese Empfehlung radikal umsetzen und Griechenland alle öffentlichen Auslandsschulden einschließlich der Target-Schulden erlassen, hätte dieses Land Nettoauslandsforderungen von ca. 100 Milliarden Euro oder 50 % des BIP. Damit wäre es unter den Ländern dieser Welt vom Bettelmann zum Krösus mutiert.
    Die Situation in Portugal ist nur wenig anders als in Griechenland. Nach der Analyse von Goldman Sachs ist dieses Land eher noch weiter von seiner Schuldentragfähigkeit entfernt als Griechenland, nach dem Vergleich mit dem türkischen Preisniveau mag der Weg bis zur Wettbewerbsfähigkeit geringfügig kürzer sein. Auch zeigte das Leistungsbilanzdefizit nur geringfügig weniger katastrophale Werte an als im Falle Griechenlands. Deshalb ist es kein Wunder, dass auch Portugal sich in riesigem Umfang seiner Notenpresse bedient hat.
    Auch Abbildung 8.3 zeigt, dass Portugal schon des Längeren eine kleinere Target-Schuld vor sich herschob. Als die Krise ausbrach, nahm diese Schuld nur geringfügig zu. Bis zur Mitte des Jahres 2009 konnte man den Eindruck haben, dass das Land das Vertrauen der Investoren noch besaß, denn das Leistungsbilanzdefizit wurde bis zu dem Zeitpunkt noch durch neu nach Portugal hineinströmendes Kapital finanziert. Doch in der zweiten Jahreshälfte, als die Weltwirtschaft schon wieder im Aufschwung war, verweigerten sich die Kapitalmärkte einer weiteren Finanzierung des Defizits, und die Notenpresse übernahm die Finanzierung nun vollständig. In der Abbildung sieht man das daran, dass die Kurve des akkumulierten Leistungsbilanzdefizits in dieser Phase die gleiche Steigung wie die Target-Kurve hat. Der portugiesische Außengeldbestand baute sich genauso schnell auf wie die Außenschuld durch das Leistungsbilanzdefizit.
    Dramatisch wurde die Lage im Frühjahr 2010, denn nun floh das Kapital aus dem Land. Die Target-Schuld wuchs von diesem Zeitpunkt an schneller als die Außenschuld durch das Leistungsbilanzdefizit, was anzeigt, dass die Notenpresse zusätzlich das fliehende Kapital ersetzte. Konkret ging es wohl darum, dass nicht nur der Lebensstandard, sondern auch die von den Banken der Kernländer verlangte Tilgung mit der Notenpresse finanziert wurde. Beruhigt hat sich Situation ab dem Sommer 2010, nachdem Portugal unter den intergouvernementalen Rettungsschirm der Euroländer, EFSF, geschlüpft war.
    Allerdings zeigt sich auch im Falle Portugals, dass die Geld-im-Schaufenster-Theorie nicht funktionierte. Es reichte nicht aus, die Rettung bloß anzukündigen. Die Rettungssummen mussten tatsächlich fließen, was sie dann auch, wie durch die grüne Fläche verdeutlicht wird, in erheblichem Umfang taten.
    Abbildung 8.3: Portugal (Januar 2005 – März/Juli

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