Die Target-Falle: Gefahren für unser Geld und unsere Kinder (German Edition)
dritten Jahr an, wird eine drohende Insolvenz unterstellt. In dieser Phase gibt es für die in dem jeweiligen Jahr fällig werdenden Staatspapiere, und nur für diese, einen Schuldenschnitt, der sich, sofern keine Instanz interveniert hat, um die Kurse künstlich hochzuhalten, nach dem durchschnittlichen Marktabschlag auf den Nennwert richtet, doch maximal 50 % beträgt.
Falls die EZB oder ein anderer Rettungsfonds interveniert hat, um die Kurse der Staatspapiere zu stützen, sollte man auf jeden Fall einen Schuldenschnitt von der Hälfte des Nennwertes durchführen.
Wichtig ist, dass man den Schuldenschnitt nur bei den im laufenden Jahr fälligen Papieren durchführt. Inhaber der Papiere mit einer längeren Laufzeit sind zunächst noch nicht betroffen und müssen stillhalten. Es gibt also einen Teilkonkurs.
Die Möglichkeit eines Teilkonkurses besteht nach dem ESM-Vertrag, denn dort ist explizit die Rede davon, dass die Staatspapiere der Euroländer in Zukunft mit sogenannten Collective Action Clauses ausgestattet werden sollen. 16 Damit kann verhindert werden, dass alle Gläubiger eines Landes ihre Forderungen fällig stellen können, wenn dieses Land nur mit einer Teilgruppe von Gläubigern eine Vertragsänderung vereinbart.
Die Klauseln sind durch Vereinbarung der Euroländer im Nachhinein für die bereits existierenden Staatsschulden einzuführen. Sollte das nicht möglich sein, ist für die Altschuld der Gesamtkonkurs festzustellen, denn kein Vertrag der Welt kann vor einem Konkursschützen, wenn kein Geld mehr da ist. Im Falle Griechenlands gab es im Jahr 2012 einen als freiwillig bezeichneten Konkurs, der von den Versicherungen als Zahlungsfall akzeptiert wurde, ohne jegliche vertragliche Grundlage.
Nach dem Schuldenschnitt werden die so abgewerteten Papiere in neue Staatspapiere, sogenannte Ersatzpapiere, umgetauscht, die selbst wiederum von der Staatengemeinschaft zu 80 % besichert werden. In der Besicherung der Ersatzpapiere liegt ein weiterer Schutz. Käufer neu emittierter Papiere, die das Verfahren kennen, wissen, dass sie im ersten Schritt maximal 50 %, im zweiten maximal 20 % vom Restwert, also insgesamt 60 % des ursprünglichen Nennwerts verlieren können. Das hört sich nach viel an, ist aber viel weniger als etwa jetzt im Falle Griechenlands und schafft insofern ein gewisses Maß an Sicherheit, als die Anleger nun wissen, wo die Maximalgrenze der Verluste liegt. Das vermeidet die Panik im Krisenfall.
Im Sinne einer Versicherung mit Selbstbehalt tragen die Anleger die ersten Verluste selbst, und die Staatengemeinschaft beteiligt sich nur an den exzessiven Verlusten. Die Versicherungstheorie belegt eindeutig, dass dies die richtige Vorgehensweise ist. Eine Versicherung, die den Schutzgedanken bestmöglich mit dem Versuch kombiniert, Fehlanreize zu vermeiden, muss zwingend über einen Selbstbehalt verfügen, die den Versicherten zur Verantwortung zieht, bevor die Versicherungsleistung gewährt wird.
Der Jahr für Jahr neu vorgenommene Schuldenschnitt hat den Vorteil, dass einerseits das totale Fiasko vermieden wird, andererseits das Problem am Köcheln bleibt und das betroffene Land weiterhin hohe Anreize hat, selbst an der Lösung seiner Probleme zu arbeiten, konkret den Prozess der realen Abwertung durch Lohn- und Preiskürzungen einzuleiten, ohne den jegliche Gesundung ausgeschlossen ist.
Freilich kann man auch die Versicherung mit Selbstbehalt nicht unbegrenzt gewähren. Nach Meinung der EEAG müssten die Garantien auf 30 % des BIP begrenzt werden. Sie könnten aber auch enger begrenzt werden, denn das ist bei den großen Ländern schon ein sehr hoher Betrag. Werden die Garantien gezogen oder erschöpfen sie sich, tritt das betroffene Land in die dritte Stufe ein, den vollen Staatskonkurs.
Dann sollte es temporär aus dem Euro austreten, denn wenn es keine Hilfen von der Staatengemeinschaft mehr erhält, hat es im Euroraum keine Chance zur wirtschaftlichen Erholung. Es muss dann sein Heil in der offenen Abwertung suchen. Die EEAG hat sich zwar zu dieser Konsequenz nicht geäußert, aber sie liegt in der Logik des Systems.
Der Vorschlag der EEAG verbindet substanzielle Hilfen für die bedrängten Länder mit einem Mechanismus, der Marktdisziplin herstellt, weil die Gläubiger vor den Steuerzahlern haften. Er beschreibt einen Mittelweg zwischen der Schuldensozialisierung, die nach den Erfahrungen der USA kein gutes Ende haben wird, und Bestrebungen, die Eurozone zu spalten oder gar
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