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Die Tatarin

Titel: Die Tatarin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Borschtsch, sondern Fischsuppe. Ich hoffe, du magst so etwas.«
    Schirin nahm den Löffel entgegen, den ihr eine der Mägde reichte, und begann zu essen. Die Suppe war heiß, schmeckte ausgezeichnet und enthielt vor allen Dingen kein Schweinefleisch. Während sie aß, bemerkte sie, dass die Aufseherin der Mägde sie entgeistert anstarrte und sich mit der Hand über die Stirn strich. Als die Frau ihren fragenden Blick bemerkte, drehte sie sich mit einer heftigen Bewegung um und ging zu Sergej hinüber.
    »Verzeiht, Hauptmann, eine Frage: Kennt Ihr den jungen Tataren in Eurer Begleitung schon länger?«, fragte sie ihn leise.
    Sergej schüttelte den Kopf. »Ich habe ihn das erste Mal vor ein paar Monaten gesehen, als sein Vater ihn uns als Geisel ausliefern musste.«
    »Was wisst Ihr über ihn?« Die Frau faltete ihre verkrampften Hände wie zum Gebet.
    »Nicht sehr viel. Er heißt Bahadur, ist der Sohn des Möngür Khan und trägt sein Herz nicht gerade auf der Zunge.«
    »Und seine Mutter? So, wie er aussieht, müsste sie Russin gewesen sein.«
    Sergej zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich kenne seine Mutter nicht. Nach allem, was ich gehört habe, soll es die Lieblingsfrau des Khans sein und deren Bruder Möngürs rechte Hand.«
    Die Frau hieb mit der Faust durch die Luft. »Also ist er doch nur das Kind einer gewöhnlichen Tatarin. Ich hatte schon gehofft … Er sieht so russisch aus, trotz seiner fremdartigen Tracht. Nichts für ungut, Hauptmann. Vergesst meine Frage!«
    Sie wandte sich ab und sah nach, ob es den Gästen an etwas fehlte. Sergej beobachtete jedoch, dass ihr Blick immer wieder zu Bahadur hinüberschweifte, und warf selbst einen Blick auf ihn. Tatsächlich wirkte der Bursche nur wenig asiatisch und selbst für russische Augen viel zu hübsch. Noch zwei, drei Jahre, dann würden die Mädchen hinter ihm herlaufen und für ein freundliches Wort ihre Tugend vergessen. Gegen alle Vernunft ärgerte ihn der Gedanke, und er unterdrückte den Wunsch, aufzustehen und zu versuchen, die Mauer der Unnahbarkeit zu durchbrechen, die Bahadur um sich errichtet hatte. So schüttelte er diese unsinnigen Gefühle so gut es ging ab und ließ sich von Jekaterina ein weiteres Glas Wodka einschenken.
    Die Mätresse des Zaren betrachtete ihn forschend. »Ihr seht so aus, als hättet Ihr Sorgen, Hauptmann.«
    Sergej schüttelte den Kopf. »Das täuscht, Mütterchen. Mich stört nur, dass ich nicht viel über die schwedischen Vorstöße erfahren habe. Ich war lange in Sibirien und habe auch in Moskau keine genauen Auskünfte erhalten. Das Heer Carls XII. könnte einen Werst von hier entfernt sein, ohne dass ich eine Ahnung davon hätte.«
    »So weit sind sie mit Sicherheit noch nicht herangerückt. Es mag sein, dass sie bereits auf russischem Boden stehen und wir es noch nicht wissen. Aber wenn sie kommen, wird der Zar sie mit Hilfe solcher Männer wie Euch besiegen.«
    Dieses Lob schmeichelte Sergej, und er blitzte Jekaterina kriegerisch an. »Die Schweden werden Russland nur über unsere toten Leiber erobern, Mütterchen. Das schwöre ich Euch!«
    »Schwört mir lieber, dass Ihr sie besiegt und gesund wiederkommt«, erwiderte sie.
    Sergej nickte und zeigte dann auf die Frau, die ihn über Bahadur ausgefragt hatte. »Verzeiht, Mütterchen, aber könnt Ihr mir sagen, wer die Dame dort ist?«
    Jekaterina folgte seinem Blick und kniff etwas ungläubig die Augen zusammen. »Ich gebe zu, dass Marfa Alexejewna noch gut aussieht, trotzdem ist sie meiner Meinung nach etwas zu alt für Euch, Hauptmann. Oder hofft Ihr, als angeheirateter Verwandter des Zaren Karriere machen zu können?«
    Sergej lief rot an. »Ihr irrt Euch, Mütterchen, an dergleichen habe ich dabei nicht gedacht. Es war nur …, ach, vergesst es!« Er packte sein Wodkaglas, als wolle er es erwürgen, und stürzte den scharfen Schnaps in einem Zug hinunter.
    Jekaterina hätte sich gern zu dem jungen Offizier gesetzt und ihn ein wenig ausgefragt. Der Hauptmann sah gut aus und hatte sich als ebenso höflicher wie gewandter Gesprächspartner erwiesen. Doch in diesem Moment erscholl im Haus eine grimmige Stimme und ließ sie herumfahren. Pjotr Alexejewitsch liebte sie zwar von ganzem Herzen, war aber zurzeit in einer Stimmung, in der er überall Feinde witterte, und sie wollte ihm keinen Anlass zur Eifersucht geben. Daher blieb sie stehen und behielt die Tür im Auge. »Marfa ist eine entfernte Base Natalja Naryschkinas, der Mutter des Zaren, und hat bei dem von der

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