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Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Die tausend Herbste des Jacob de Zoet

Titel: Die tausend Herbste des Jacob de Zoet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Mitchell
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voll? Mehr kriegen Sie nirgends, und außerdem stehen nicht sechs Kisten auf dem Tisch, sondern acht. Acht oder gar nichts!»
    «Wenn das so ist», sagt Jacob, «entscheide ich mich für gar nichts.»
    «Ich hab mich offenbar nicht klar genug ausgedrückt! Unser Kunde ist eine hochgestellte Persönlichkeit ! Er hat Eisen in jedem Feuer: Beim Statthalter, in Edo. Er ist der größte Geldverleiher und der größte Apotheker. Es heißt» - Jacob riecht Hühnerleber in Grotes Atem «dass er sogar dem Statthalter Geld leiht, damit der die Schmiergelder zahlen kann, bis im nächsten Jahr das Schiff aus Batavia landet! Als ich ihm die ganze Lieferung Quecksilber versprochen habe, meinte ich die ganze und ...»
    «Sie werden Ihr Versprechen wohl rückgängig machen müssen.»
    «Nein, nein, nein », Grotes Stimme klingt fast wie ein Wiehern, «Sie verstehen nicht ...»
    « Sie haben ein Geschäft mit Ware ausgeheckt, die mir gehört, und nun fürchten Sie, dass Sie Ihre Provisionsgebühr verlieren, weil ich mich weigere, nach Ihrer Pfeife zu tanzen. Was gibt es daran nicht zu verstehen?»
    Enomoto spricht mit Yonekizu; die beiden Niederländer unterbrechen ihre Auseinandersetzung.
    «Abt sagt», Yonekizu räuspert sich, «‹nur sechs Kisten zu verkaufen heute. Also er kauft nur sechs Kisten heute.›» Enomoto fährt fort. Yonekizu nickt, fragt einige Male nach und übersetzt: «Herr de Zoet: Abt Enomoto schreibt Ihrem Konto bei Schatzamt sechshundertsechsunddreißig Koban gut. Schreiber von Statthalter bringt Beweis für Bezahlung für Buch der Kompanie. Dann, wenn Sie zufrieden, seine Männer holen sechs Kisten Quecksilber aus dem Speicher Eik.»
    So schnell wurde noch nie ein Geschäft abgeschlossen. «Möchten Eure Exzellenz die Ware nicht vorher sehen?»
    «Äh», sagt Grote, «weil Herr de Zoet so beschäftigt ist, hab ich mir die kleine Freiheit genommen, mir von Vize van C. den Schlüssel zu borgen und unserem Gast eine Probe zu zeigen ...»
    «Das haben Sie in der Tat», sagt Jacob. «Eine große Freiheit.»
    «Hundertsechs pro Kiste», seufzt Grote, «sind ein bisschen Unternehmergeist wert, oder?»
    Der Abt wartet. «Sie verkaufen heute Quecksilber, Herr Dazūto?»
    «Das wird er, Eure Exzellenz», Grote setzt ein Haifischgrinsen auf, «und ob er wird.»
    «Aber die Formalitäten», wendet Jacob ein, «die Schmiergelder, der Kaufbeleg ...?»
    Mit einem Pff! wischt Enomoto alle Hindernisse weg.
    «Ich sag ja», Grote lächelt wie ein Heiliger, «‹eine hochgestellte Persönlichkeit.›»
    «Dann», Jacob hat keine Einwände mehr, «sind wir uns einig, Eure Exzellenz.»
    Dem sehr erleichterten Arie Grote entfährt ein Stoßseufzer.
    Mit gelassener Miene gibt der Abt Yonekizu einen Satz zum Übersetzen.
    «‹Was Sie nicht heute verkaufen›», sagt Yonekizu, «‹Sie verkaufen bald.›»
    «Dann», Jacob bleibt unnachgiebig, «kennt der Fürstabt meine Gedanken besser als ich.»
    Abt Enomoto behält das letzte Wort: Es lautet «Gemeinsamkeit». Er nickt Kosugi und Yonekizu zu und verlässt mit seinem Gefolge das Lagerhaus.
    «Du kannst jetzt rauskommen, Weh.» Vage Besorgnis regt sich in Jacob, auch wenn es so aussieht, dass er heute Abend sehr viel reicher zu Bett gehen wird, als er heute Morgen vor dem Erdbeben gewesen ist. Vorausgesetzt , räumt er ein, Fürstabt Enomoto hält sein Versprechen.

    Fürstabt Enomoto hat sein Versprechen gehalten. Um halb drei geht Jacob in Besitz einer Tratte die Stufen vor dem Haus des Faktors hinunter. Der Wechsel ist von Vorstenbosch und van Cleef beglaubigt, und Jacob kann ihn in Batavia oder sogar bei der Zeeländer Kammer der Kompanie in Vlissingen einlösen. Die Summe ist fünfmal, fast sechsmal so hoch wie sein vormaliges Jahresgehalt als Expedient. Natürlich muss er den Freunden seines Onkels das Kapital zurückzahlen, das sie ihm geliehen haben, um das medizinische Quecksilber zu kaufen - das glücklichste Wagnis meines Lebens , denkt Jacob, um ein Haar hätte ich in Trepang investiert -, und auch Arie Grote wird nicht schlecht profitiert haben, aber dennoch bleibt das Geschäft mit dem rätselhaften Abt außerordentlich lukrativ. Und wenn die anderen Händler merken, wie viel Enomoto an dem Quecksilber verdient , denkt Jacob hoffnungsvoll, werden die verbliebenen Kisten einen umso höheren Preis erzielen. Nächstes Jahr zu Weihnachten wird er sehr wahrscheinlich wieder in Batavia sein, zusammen mit Unico Vorstenbosch, dessen Stern dann umso heller strahlen wird, weil

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