Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
noch lange nicht.«
    Betty hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt, nun schüttelte er sie unwirsch ab. »Es ist nicht die Zeit, mit seinem Schicksal zu hadern. Der Doktor sagt, dass ich mich bei den Löscharbeiten vergiftet habe, aber das ist es nicht. Es ging mir all die Jahre nicht mehr gut. Mein Vater ist am Lungenbrand gestorben und mein Großvater auch.« Er zog die große Schublade vor sich auf und griff hinein. Zuerst dachte Betty, dass er ihr nun ein Andenken an die Vorfahren zeigen wollte. Stattdessen förderte er eine große Flasche mit einer dunklen Flüssigkeit zutage, entkorkte sie und hielt sie sich an den Mund. Sofort breitete sich ein stechender Schnapsgeruch aus. Der braune Sud lief an seinen Mundwinkeln herab und er wischte mit dem Taschentuch darüber. »Der Weinbrand hat mir noch nie geschmeckt, aber er betäubt immerhin die Schmerzen.
Du musst nicht glauben, dass es mir leichtfällt, mich dir so zu zeigen, Betty«, fuhr der Vater fort. »Das Schlimmste ist nicht, dass ich irgendwann gehen muss. Das müssen wir alle. Das Schlimmste sind die Schmerzen. Und die Angst, dass ich es vielleicht nicht mehr erleben werde, wenn du herangewachsen bist. Ich habe deiner Mutter versprochen, dass du eine große schöne Frau wirst, die sich nicht so fürchtet, wie ich das mein Leben lang getan habe, und die immer ein Lächeln auf den Lippen hat.«
    Betty schluchzte auf. Sie sprachen fast nie über ihre Mutter. Sie kannte sie ja nicht. Und sie hatte immer das Gefühl, dass es den Vater verletzen würde, wenn sie sie nur erwähnte.
    »Ich verstehe es gut, wenn du Elkhuber nicht heiraten willst. Vor allem deshalb, weil ich immer, bei allem was ich tue, an deine Mutter denke. Sie mochte diese Art von Menschen nicht. Vielleicht hätte sie auch mich heute nicht mehr gemocht. Sie verachtete es, wenn ein Mann ins Wirtshaus ging. Sie hätte damals in Antwerpen eine viel bessere Partie machen können als mich, aber sie hat bei den Menschen nicht auf das geschaut, was sie hatten, sondern auf das, was sie waren und wie sie handelten. Sie hätte gewusst, dass Elkhuber dir nichts Gutes will. Sie hätte dich wie eine Löwin verteidigt, wenn er sich dir im dunklen Flur genähert hätte.«
    »Das weißt du?« Betty musste sich an der Werkbank festhalten, um nicht zu taumeln.
    Ihr Vater nickte matt. »Er hat selbst damit geprahlt.« Er stöhnte. »Ich weiß, dass die Lösung, die ich dir jetzt vorschlagen muss, nicht das ist, was du dir wünschst, aber es gibt keinen anderen Ausweg, wenn du Elkhuber aus dem Weg gehen willst. Du kannst in Hamburg als Haustochter bei einer Familie unterkommen.« Er sah sie aufmerksam an, als versuche er, in ihrem Gesicht zu lesen. »Niemand wird wissen, wohin du gehst. Eine
Schwester von Frau Pannfisch lebt in Hamburg. Frau Pannfisch würde dich hinbringen und dann nach ein paar Tagen wiederkommen.«
    »Du willst mich loswerden? Ist es wegen des Brandes?«
    Der Vater schüttelte matt den Kopf. »Ich weiß nicht, wer das Lager angezündet hat. Es spielt jetzt auch keine Rolle mehr. Ich will, dass du deinen Weg machst.« Er zögerte. »Dass du es wenigstens versuchst. Und hier wird dir das wohl nicht gelingen.«
    »Und was soll dann aus dir werden?« Betty biss sich auf die Lippen. »Und was ist mit Elkhuber?«
    »Manchmal klärt die Zeit diese Dinge. Elkhuber wird nicht ewig warten, ob du zurückkommst. Er sagt zwar, dass er dich liebt, aber das glaube ich nicht. Ihm nicht!«
    »Warum sagst du ihm nicht einfach, dass er gehen soll? Wir beide waren doch immer hier allein. Mit Frau Pannfisch und Trude. Ich könnte dir in der Schmiede helfen. Ich könnte doch dein Lehrling werden!«
    Lächelte der Vater jetzt? Betty konnte es nicht genau erkennen. Die Tränen brannten in ihre Augen.
    »Das geht nicht, das weißt du ganz genau. Ohne Elkhuber haben wir überhaupt keine Aufträge mehr. Er arbeitet anders, als ich das getan habe. Aber viele Leute mögen seine Sachen. Er ist in seinem Handwerk sehr gut. Ich kann ihn nicht missen, Betty, das musst du verstehen! Und was sollte das mit dem Lehrling? Ein Frauenzimmer kann doch keine Lehre machen! Der alte Asmussen hätte dich gern als Lehrling genommen, aber du bist nun mal kein Junge.« Nun lächelte er doch. »Du wärst ihm jedenfalls lieber als sein Anton, sagt er immer! Und dass du Teegefühl hast.«
    Teegefühl, wie schön das klang. Aber es half ihr ja nichts! Betty hörte kaum die weiteren Worte des Vaters. »Aber Mama hat dir doch auch immer

Weitere Kostenlose Bücher