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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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einem Haus dieser Größe vorgestellt hatte. Betty trat artig eine Stufe weiter nach unten und wartete geduldig. Immerhin kam sie langsam wieder zu Atem. Sie hoffte nur, dass
sie nicht allzu derangiert aussah. Eine Frauenstimme kreischte etwas. Betty war sich nicht sicher, ob der Ruf aus diesem Haus kam oder vielleicht aus dem Nachbarhaus, in dem anscheinend gefeiert wurde.
    Dass sich Schritte von innen der Haustür näherten, hatte sie nicht einmal gehört. Zu Hause, in Emden, trugen die Dienstboten Holzpantoffeln, da wusste man, wo sie standen und gingen. Hier schlich man anscheinend auf leiseren Sohlen. Die Tür wurde aufgerissen und ein rundes freundliches Gesicht erschien. Das Mädchen trug ein einfaches dunkles Baumwollkleid und eine weiße Schürze darüber - die Tracht einer Hausbediensteten, die wohl überall gleich zu sein schien. Wie es aussah, hatte das Mädchen schon geschlafen, denn nun unterdrückte es ein Gähnen. Ihre Nasenlöcher weiteten sich. »Ja bitte?« Ihre Stimme war warm und freundlich.
    »Guten Tag«, sagte Betty Henningson und versuchte, ihrer Stimme trotz ihrer eigenen Müdigkeit einen freundlichen Tonfall zu geben. Hauspersonal behandelt man immer ordentlich und anständig. »Ich bin Betty Henningson aus Emden. Man erwartet mich hier als Haustochter!«
    Ein wenig seltsam klang das schon, was sie da aufsagte, dachte Betty. Vielleicht hätte sie sich vorher lieber genauer überle gen sollen, was zu sagen war. »Es tut mir leid, dass ich so spät komme.«
    Das Mädchen machte die Tür einen Spalt weiter auf. Aber anscheinend wusste sie auch nicht, wie sie sich verhalten sollte. Bettys Blick fiel in einen hell erleuchteten Flur, in dem sich eine weiße Freitreppe nach oben schwang. An der Decke hing ein Kronleuchter von der Größe eines Wagenrades. Die dicken grünen Teppiche sahen aus wie schimmerndes Moos. »Haustochter«, wiederholte das Mädchen nun und sah Betty von Kopf bis Fuß an. »Aus Emden. Das ist weit weg, oder?«

    Betty nickte.
    Dieser Bestätigung hatte es anscheinend bedurft, um das Mädchen zu veranlassen, die Haustür noch weiter aufschwingen zu lassen. »Willkommen!«, rief sie, hielt sich aber gleich darauf die Hand vor den Mund. »Ich bin Fenja. Sei bitte ganz leise, sie kabbeln sich schon wieder.«
    Betty erklomm langsam die letzte Stufe und betrat das Haus. »Sie kabbeln sich? Wer kabbelt sich? Bei uns ist das ein Wort für streiten.«
    Fenja nickte und hielt nun den Finger vor ihre Lippen. »Hier auch. Bitte sei leise und komm mit!«
    Betty war sich nicht ganz sicher, wen sie erwartet hatte. Die Dame des Hauses, die sie in ihre fein parfümierten Arme schloss? Einen würdigen reichen Hausherrn, der lächelnd an seiner Pfeife sog und wohlgefällig seinen Blick auf ihr ruhen ließ? Oder eine Parade von Kindern der Familie, die sie als Schwester in ihrem Kreis willkommen hießen? Diese Begrü ßung hier war nichts dergleichen, zumal sie nicht einmal in der Beletage blieben, sondern nun auch noch durch eine Tür in der hintersten Ecke des Flures gingen und ins Untergeschoss des Hauses hinunterstiegen.
    »Das muss eine Verwechslung sein«, protestierte Betty. »Ich bin hier die neue Haustochter.« Sie war sich zwar nicht sicher, ob sie eine frühere Haustochter in ihrer Stellung ablöste, aber bestimmt hatten die Tollhoffs doch Erfahrung mit den jungen Mädchen, die sie an ihrem Tisch essen ließen.
    »Ich bin hier auch die Haustochter«, antwortete Fenja und ergriff Bettys Hand. »Und unten sind noch mehr Haustöch ter. Du musst keine Angst auf der steilen Treppe haben, daran gewöhnst du dich schon.« Damit drückte sie Bettys Hand und zog sie hinter sich her, immer weiter nach unten. In dem gro ßen Kellerraum lagerten offenbar Kartoffeln und Rüben, das
konnte Betty riechen. Und es gab hier eine Katze, das roch sie auch. Die Luft war trocken und staubig. Ihre Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit.
    Fenja stieß eine der Türen auf, hinter der sich offenbar die riesige Küche befand. In einem hölzernen Lehnstuhl in der Ecke saß eine ältere Frau mit einer weißen Rüschenhaube. Als Betty den Raum betrat, beäugte sie sie misstrauisch.
    »Frau Meier, bitte entschuldigen Sie, dass wir Sie so spät stören, aber hier ist ein neues Hausmädchen«, sagte Fenja und nickte der Alten zu.
    Die Alte musterte Betty aus ihren Knopfaugen. »Wie heißt du?«
    »Betty Henningson«, erwiderte Betty.
    Die Alte schüttelte verdrossen den Kopf. »Eine Betty hatten wir

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