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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ja wohl wirklich nicht gewöhnt. Soll ich dir morgen mal etwas davon abnehmen?«
    »Nein, nein!«, rief Alida Meier und bewegte ihren langen hageren Zeigefinger vor Bettys Gesicht hin und her. »Wir sind hier nicht bei den Matrosen. Ihre Arbeiten macht die Deern mal alle schön alleine!«
    Betty nickte erschöpft. Es fehlte nicht viel und sie wäre mit dem Gesicht in ihre Breischüssel gefallen. Sie saßen an der langen Tafel in der großen Küche. Außer Fenja und vier anderen Hausmädchen lernte sie noch Molton kennen, den jungen Butler, und die hübsche Else, die der Meier beim Kochen half und auch mit servierte. Betty konnte nicht einmal mehr denken, so müde war sie. Und sie hätte niemals gedacht, dass sie auch auf einem Strohsack unter einer harten Decke wunder bar tief schlafen konnte. All die Ereignisse der letzten Monate, der Brand des Hauses in Emden, ihre Angst vor dem Gesellen Elkhuber, sogar ihr würdeloser Abschied von zu Hause, all das spielte nicht einmal mehr in ihren Träumen eine Rolle. Sie arbeitete bis zum Umfallen. Und wenn sie mal zu Atem kam, dann dachte sie an den ersten Sonntag, an dem sie dienstfrei haben und Anton besuchen würde. Es war keine Frage, dass sich dann alles aufklären würde. Ob sie ihm vorher einen Brief schreiben sollte? Aber wer sollte diesen Brief bestellen? Und
woher das Papier nehmen? Die alte Meier schrieb ihre Notizen auf die Ränder der Zeitung. Es war einfacher, die Angelegenheit persönlich zu erledigen.
    Doch bis es so weit war, verging noch einige Zeit. Die Tage waren einförmig im Hause Tollhoff. Fenja und Betty arbeiteten jetzt meist zusammen. Die alte Meier hatte eingesehen, dass es ihr selbst weniger Arbeit machte, wenn Fenja das unerfahrene junge Mädchen einwies. Betty war froh darüber. Fenja war ein schlichtes, aber sehr nettes junges Mädchen, und sie hatte ein Herz aus Gold. Da sie bald feststellte, dass Betty geruchsempfindlich war und sich auch leicht ekelte, übernahm sie das Ausleeren der Nachttöpfe und das Ansetzen der Leibwäsche der Herrschaften in der blubbernden Waschlauge. Betty dagegen verstand sich schon bald sehr gut auf das Beziehen und Herrichten der Betten, wischte schnell und gründlich Staub, räumte gut auf und war auch beim Tragen von Geschirr anstelliger und kräftiger als Fenja.
    Einmal, als das erste Hausmädchen, eine gewisse Gisela, wegen eines Hautausschlages nicht in die Räume der Herrschaften gehen sollte, durfte Betty sogar dem Butler Molton beim Servieren der Suppe zur Hand gehen. Es war ein Samstag. An diesem Tag sollte es statt der für diesen Tag üblichen Speck-Pfannkuchen etwas ganz Besonderes geben, denn der Sohn der Tollhoffs war aus Leipzig zurückgekehrt, wo die Pelzhändler eine große Dependance unterhielten. Über Theodor Tollhoff hatten die Mädchen schon die ganze Zeit lang Andeutungen gemacht, und besonders die kleine Else zogen sie stets damit auf, dass er ja wohl einen Blick auf sie geworfen habe.
    »Am besten, du gehst nicht in seine Nähe«, erklärte Fenja knapp. »Du bist dafür zu hübsch. Nimm dich vor ihm in Acht und geh nicht alleine nach oben, wenn er im Haus ist. Wenn er
läutet, soll Molton gehen oder Gisela«, sie senkte die Stimme, »an die traut er sich nicht ran.«
    An diesem Tag gab es Erbsencremesuppe mit französischen Croûtons, angeblich Theodors Lieblingsspeise. Alida Meier hatte furchtbar darüber geschimpft, dass der verwöhnte junge Mann so früh im Jahr schon frische Palerbsen essen wollte, hatte dann auf dem Neuen Markt allerdings tatsächlich welche gefunden, die ein Vierländer Bauer in seinem Glashaus gezogen haben wollte. Sie schmeckten nach nichts, stellte die alte Haushälterin fest, und knabberte eine der Erbsen mit den Zähnen an. Ein tüchtiger Schluck Cognac müsse in die Suppe, dann merkten die Herrschaften es nicht. Sie schob einen Schemel an den Küchenschrank und angelte aus dem obersten Fach ein kleines dickwandiges Glas hervor, das sie Else reichte. »Spring schnell nach oben, Kind, und lass dir von Molton von dem guten Cognac geben, für die Suppe für den jungen Herrn, das sagst du dazu.« Sie senkte die Stimme. »Und Molton kriegt nachher auch einen Teller davon.« Sie lächelte fein. »Und du, Berta, ziehst dir ein schwarzes Kleid aus der Kiste an und dann machst du dir ein Eisen heiß und bügelst dir eine weiße Schürze, du sollst nachher mit servieren!«
    Fenja musste sie zuerst mit dem Ellenbogen anstoßen, bevor Betty sich angesprochen fühlte. Sie

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