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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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hatte in den vergangenen Tagen allerdings festgestellt, dass es besser war, sich mit »Berta« ansprechen zu lassen und den Anordnungen der Meier ohne Nachfragen Folge zu leisten. Dann kam man gut mir ihr aus und durfte auch damit rechnen, gelegentlich einmal ein übrig gebliebenes Gebäckstückchen oder gar eine kandierte Frucht in den Mund gesteckt zu bekommen.
    »Teufel! Du siehst aber gut aus!«, rief Fenja aus, als Betty in der Tracht der Serviermädchen aus der Kammer trat. Sie fing einen Blick der Meier auf und hielt sich wegen des Fluches
sofort eine Hand vor den Mund. »Aber zur Hölle«, stammelte Fenja treuherzig. »Zum Anbeißen siehst du aus, wie ein Konfektstückchen!«
    »Woher willst du denn überhaupt wissen, wie ein Konfektstückchen aussieht?«, fragte die alte Haushälterin zurück. »Dein Jan-Hinnerk wird ja nicht mit Konfekt bei dir ankommen, oder? Und wo bleibt Else mit dem Cognac?« Sie rührte verdrossen in der blubbernden Suppe. »Wenn sie noch lange braucht, kann ich gleich noch eine Tasse Wasser nachgießen!«
    Unterdessen war auch Molton die Treppe hinuntergestapft gekommen. Wo Else war, wusste er aber auch nicht. Der junge Herr habe darauf bestanden, ihr selbst den Cognac auszuhän digen. Die Tür zum Herrenzimmer sei seitdem verschlossen. Er wechselte einen Blick mit der Haushälterin.
    »Dann warten wir eben, bis sie wieder da ist«, murmelte Alida Meier. »Oder sie kriegen die Suppe nur mit einem Schlag Sahne. Berta, geh in die Speisekammer und schöpf mir mal einen halben Schlag von der Milch ab!«
    In diesem Moment kam Else die Treppe hinunter. Ihre Haare waren an den Seiten gelöst, die Wangen waren gerötet. Den Cognac hatte sie vergessen. Wo das Glas war, wusste sie nicht mehr. Dann rannte sie plötzlich zur Hintertür, polterte die Gartentreppe hinunter und übergab sich lautstark auf dem Komposthaufen. Alida Meier schüttelte den Kopf, schöpfte Suppe in eine große bemalte Terrine und drückte sie Molton in die Hand. Betty bekam den Auftrag, das Tablett mit den Croûton-Schälchen und den frisch gefüllten silbernen Salzstreuern hinterherzutragen. Ihre Knie waren so weich, dass sie Mühe hatte, dem federnden Schritt des Butlers zu folgen.
    Die Herrschaften speisten im weißen Salon, der sich von dem Empfangszimmer, in dem Betty in der Woche zuvor das erste Gespräch mit der Hausherrin gehabt hatte, nur doch
durch seine Größe unterschied. Die lange Tafel war mit feinem weißen Leinen gedeckt, in den großen, reich verzierten Silberleuchtern flackerten Kerzen. Betty erkannte mit einem Blick, dass die Leuchter nicht massiv waren.
    Antje Tollhoff saß an der einen Seite des Tisches und war eben dabei, ein Scheibchen Brot mit Schmalz zu bestreichen, der in einem ebenfalls unangemessen üppig verzierten Schälchen angerichtet war. »Emporkömmlingsware« hätte Bettys Vater das genannt und bemängelt, dass da der Inhalt ja mehr wog als das Gefäß. Antje Tollhoff hielt ihren Kopf gesenkt, ihr Gesicht war fast so weiß wie das Tischtuch. Eine Seite ihrer Schläfe schimmerte bläulich. Darüber sah man eine noch frische rötliche Schwäre. War sie verletzt? Wer hatte sie so zugerichtet? Niemand nahm von Betty oder von Molton Notiz.
    An der anderen Seite des Tisches hockten ein feister Mann, den Betty für den Hausherrn hielt, und ein groß gewachsener junger Herr mit schütterem rötlichem Haar. Beide waren in ein Gespräch vertieft. Der junge Mann musste Theodor Tollhoff sein. Die Haut seines schmalen Gesichtes war von Narben übersät, seine Wimpern waren fast durchsichtig.
    »Wenn St. Louis nicht liefern will, dann müssen wir die Felle eben selbst über New York holen«, grummelte der ältere Tollhoff und begann, die Suppe zu löffeln, die Molton ihm eben aufgetragen hatte. »Du wirst fahren, Sohn. Du wirst selbst zu den Fallenstellern fahren. Es wird dir gut bekommen, aus diesem Haus hier herauszukommen.«
    »Ach, wozu das ganze Umhergereise? Wir sind Pelzhändler, keine fliegenden Jakobs«, entgegnete der junge Mann. Viel Respekt schien er seinem Vater nicht entgegenzubringen, dachte Betty. Aber der alte Tollhoff reagierte auf den Ton seines Sohnes nicht.

    »Der Junge ist doch eben erst angekommen«, jammerte Antje Tollhoff vom anderen Ende des Tisches. »Nun lass ihn doch noch eine Weile hierbleiben!«
    Der alte Tollhoff blickte wütend auf und die blasse Frau verstummte sofort.
    Betty servierte die Porzellanschälchen mit den Croûtons und beeilte sich, die Salzstreuer

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