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Die Teeprinzessin

Titel: Die Teeprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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ausschließlich aus den Gesprächsfetzen, die sie beim Servieren
oben im Salon aufschnappte. Bei der gnädigen Frau galt sie daher bereits als etwas langsam und verträumt.
    Jungfer Siebenschön nickte fahrig und machte eine Handbewegung, dass Betty gehen könne. »Ich will doch hoffen, dass euch jetzt nicht allen die Romantik auf die Eingeweide geschlagen ist. Wir haben hier einen schweren Abend vor uns!« In der Tat kam eben Butler Jobs die Treppe hinuntergestapft und verkündete, dass die Herren bereits den Salzmandeln tüchtig zugesprochen hätten. Vermutlich würden sie auch allen anderen Speisen schnell den Garaus machen. Ob genug Brot da sei? Reichlich Kaviarcreme? Noch mehr Silbertabletts mit frischem Gelatinespiegel? Auch der helle Rumtopf, der aus Kandis, grünen Stachelbeeren und den säuerlichen weißen Johannisbee ren in ihrem Bad aus Gin bestand, würde an einem Abend wie heute noch gekostet werden können. War er überhaupt gelungen? Jungfer Siebenschön solle ihn einmal probieren.
    Draußen war die Luft klar und kühl. In den größeren Häusern rauchten gegen Abend bereits die Schornsteine der vorderen Salons, wo nur Holz verbrannt wurde und weder Torf noch Kohle qualmten. Betty atmete den herbstlichen Duft einen Moment lang ein, bevor sie weiterhastete. Zum Glück hatte keiner der unteren Räume der Villa Remburg ein Fenster nach hinten, sodass niemand sie beobachten konnte, wie sie schnell in die Mädchenkammern hinaufschlüpfte.
    Die Brosche fand sie mit einem Griff. Es war zwar unterdessen stockdunkel draußen, aber Licht machen musste sie nicht, um das kleine Schmuckstück mit dem kühlen blauen Stein in ihrer Reisetasche zu finden. Sie hielt ihn einen Augenblick lang in den Händen und schloss die Augen. Dann ließ sie ihn in ihre Schürzentasche gleiten und hastete wieder nach unten. Die Treppe machte keinen Laut. Alles atmete Ruhe.
    Betty lief die wenigen Schritte zur Villa hinüber und hatte
schon die Hand nach der Hintertür ausgestreckt. Seltsam, hatte sie sie nicht angelehnt zurückgelassen? Jetzt lag der dicke Au ßenriegel fest im Schloss. Sie versuchte, ihn mit den Fingerkuppen zu greifen und nach unten zu drücken, rutschte aber immer wieder ab. Schon hatte sich ein Spleiß unter ihren Fingernagel gebohrt und sie hätte fast aufgeschrien. Ob sie klopfen sollte, um wieder hereingelassen zu werden? Oder rufen? Sie pochte zaghaft gegen die Tür. Von drinnen hörte sie das Gelächter einiger Männer, die brummende Unterhaltung der Kaufleute und zwischendurch meinte sie sogar einmal, den etwas künstlich wirkenden Tenor von Anton wahrzunehmen. Zwei der Stimmen waren besonders laut, ohne dass sie ihr bekannt vorgekommen wären. War das etwa ein Wortgefecht? Betty konnte es sich nicht vorstellen. Immerhin galt es bei den Remburgs schon als unfein, überhaupt die Stimme zu erheben. Man spräche immer nur so laut, dass einige vor einem liegende Teeblätter nicht verweht würden, das war es, was Herr Remburg seine beiden hageren Töchter lehrte. Alles hier sollte gedämpft sein, leise, vornehme Harmonie ausstrahlen. Dennoch war es nicht verwunderlich, dass niemand an diesem Abend Bettys Klopfen hörte. Die Herren diskutierten offenbar lebhaft. Und selbst wenn jemand sie gehört hätte, so hätte ihr doch keiner die Tür geöffnet.
    Ein paar Schritte weiter zur Ostseite des Hauses hin gab es die sogenannte Staubtür, eine große Luke in der Diele, durch die man staubig gewordene Besen aufklopfen konnte, ohne sie durch das ganze Haus tragen zu müssen. Diese Tür war nicht verschließbar. Wenn sie es schaffte, die Regentonne ein Stückchen weiter zur Seite zu ziehen und dann daraufzuklettern, konnte sie die Staubtür erreichen, sich hochziehen und hindurch in die Diele schlüpfen. Von da aus waren es nur zwei Sprünge bis zur Dienstbotentreppe nach unten. Um diese Zeit
nahmen die Gäste ihre Speisen zu sich, niemand würde sich in der Diele aufhalten, nicht einmal die beiden Butler, denn ihr Platz war während der Mahlzeiten an der Wand des Salons. Betty zog fröstelnd die Schultern hoch.
    Die Regentonne war wegen des anhaltend schönen Wetters nur mit einer Wasserlache gefüllt, auf ihrem Boden verrotte ten - dem Gestank nach zu urteilen - vermutlich mehr als nur ein paar tote Frösche. Betty versuchte, möglichst flach zu atmen und die Tonne auf die Seite zu kippen. Sie ließ sich leichter rollen als vermutet. Nur auf den Rand zu klettern war nicht ganz einfach. Betty rutschte mehrfach ab. Ein

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