Die Teerose
warf ihn über den Kopf. Joe landete hart auf dem Pflaster und stieß sich den Kopf an. Einen Moment lang sah er nur Sternchen, dann versuchte er aufzustehen, was ihm nicht gelang. Jetzt stand Stan über ihm und drohte, ihm den Schädel einzuschlagen, wenn er ihm nicht sagte, wo Fiona war. Joe lag auf der Seite und hielt noch immer den Totschläger in der Hand. Er wußte, daß er etwa zwei Sekunden Zeit hatte, davon Gebrauch zu machen, andernfalls würde man ihn am nächsten Morgen mit zermalmtem Kopf finden. Mit lautem Gebrüll richtete er sich auf und schlug auf Stans Kniescheibe, der einen markerschütternden Schrei ausstieß. Stan hatte genug. Mit dem Versprechen, Joe umzubringen, wenn er ihn das nächste Mal träfe, humpelte er davon.
Joe rappelte sich auf. Er wollte ihm nach, aber seine Beine versagten ihm den Dienst. Sein Kopf hämmerte, und als er ihn berührte, bemerkte er, daß er eine Beule von der Größe eines Gänseeis hatte. Er mußte Roddy berichten, was passiert war. Das waren schlechte Neuigkeiten. Wenn Stan ihn allein deshalb zusammenschlagen wollte, weil er glaubte, er wüßte über Fionas Aufenthaltsort Bescheid, was würde er dann erst tun, wenn er sie in die Finger bekam? Wie um alles in der Welt war sie Sheehan ins Gehege gekommen? Und warum? Er mußte auch Henry Benjamin, den Privatdetektiv, aufsuchen, um ihm zu sagen, daß er die Suche beschleunigen mußte. Vor zwei Tagen hatte er ihn getroffen, und Benjamin meinte, es sei unwahrscheinlich, daß Fiona weit gekommen sei. Er war überzeugt, sie in ein oder zwei Wochen finden zu können. Das war zu lang. Sie mußte morgen gefunden werden. Fiona war schlau und zäh, aber Bowler Sheehan war ein äußerst brutaler Kerl.
»Es ist wirklich schwer«, sagte Millie, »ein gutes Kindermädchen zu finden. Ich hab mir bereits zehn angesehen, aber keiner von ihnen würde ich eine Katze anvertrauen, geschweige denn ein Baby. Man kann gar nicht vorsichtig genug sein. Die letzte Bewerberin hat mir gefallen, aber Mrs. Parrish hat gesehen, wie sie Kekse in die Tasche steckte, als sie aus dem Zimmer ging. Sie wußte nicht, daß sie beobachtet wurde. Ein Kindermädchen, das klaut, kann man nicht brauchen. Wer weiß, was sie anstellt, wenn man ihr den Rücken zukehrt. Sally Ennis hat gesagt, sie hat ihr Kindermädchen erwischt, wie sie Gin in die Babymilch getan hat. Kannst du dir das vorstellen?«
Joe sah von dem Bankauszug auf, den er gerade las. »Nein, das kann ich nicht«, antwortete er und tat sein Bestes, um Interesse zu heucheln.
»Ich weiß nicht, was ich tun soll«, fuhr sie aufgeregt fort und legte ihre Näharbeit beiseite. »Die Agentur hat versprochen, weitere Bewerberinnen vorbeizuschicken, aber was soll ich machen, wenn ich keine rechtzeitig finde? Wenn das Baby kommt und ich kein Kindermädchen habe?«
»Millie, du findest schon jemanden. Du hast noch genügend Zeit. Deine Tante kommt doch, und sie wird dir auch helfen. Sie findet jemanden für dich, wenn nötig. Mach dir keine Sorgen. Du mußt vor allem das Taufkleid fertig kriegen. Das Baby kann doch nicht in Windeln getauft werden, oder?« Joe versuchte, aufmunternd zu klingen. Er wußte, was sie wirklich beschäftigte, und wollte nicht, daß sie darauf wieder zurückkam.
»Du hast recht«, antwortete sie. Sie lächelte tapfer, was er erleichtert zur Kenntnis nahm. Dann plapperte sie weiter über das Taufkleid und über andere Kleidungsstücke, die sie für das Baby machte. Er tat sein Bestes, ihr zuzuhören und zu antworten, aber es war schwer. Letzten Abend hatte er sich erneut mit Benjamin getroffen. Der Mann war in das Pub gekommen, wo Joe auf ihn wartete. »Erkennen Sie das?« fragte er und drückte ihm etwas in die Hand. Es war der blaue Stein vom Fluß, den er Fiona geschenkt hatte.
Benjamin sagte, er habe ihn aus einem Pfandhaus in der Nähe von Roddys Wohnung. Der Pfandleiher erinnerte sich nicht nur an ein Mädchen, auf das Fionas Beschreibung paßte, er erinnerte sich auch, daß sie den Stein gegen Bargeld und eine Reisetasche eingetauscht hatte und daß ein kleiner Junge bei ihr war. Sie habe auch einen Goldring mit einem winzigen Saphir versetzt, aber den habe er bereits verkauft. Benjamin mußte fünf Pfund bezahlen, um den Stein zu bekommen. Der Pfandleiher wußte, was er hatte – einen antiken Skarabäus, der vermutlich aus dem Ring eines römischen Feldherrn gefallen war, als er mit seiner Flotte die Themse hinauffuhr.
Joe hatte Benjamin die Auslagen für den Stein
Weitere Kostenlose Bücher