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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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besser, daß es wieder bei Gott ist. Es gibt nichts Schlimmeres für ein Kind, als bei Eltern aufzuwachsen, die sich nicht lieben. Das arme kleine Ding hat die Lage erkannt, die Kälte gespürt und sich entschlossen, wieder umzukehren, das ist alles.«
    Joe schloß die Augen und weinte. Er hatte sich so bemüht, sich vor seiner Mutter zu beherrschen, aber er schaffte es nicht, und die Tränen strömten aus ihm heraus wie Blut aus einer tiefen Wunde. Er wußte, daß Fiona ihn haßte. Millie haßte ihn. Tommy haßte ihn. Und er selbst haßte sich. Er hatte erwartet, daß auch seine Mutter ihn hassen würde, aber das tat sie nicht, und ihre Worte, ihre Güte waren wie eine Erlösung für ihn.
    Rose wischte seine Tränen ab, und ihre Berührung beruhigte ihn wie damals, als er ein Kind war. »Du bezahlst für deine Fehler, Junge. Und du wirst es weiterhin tun. Du hast deine Liebste und ein Kind verloren. Das ist ein hoher Preis. Verdammt hoch. Aber du mußt dich wieder hochrappeln. Du darfst dich nicht unterkriegen lassen. Das werd ich nicht zulassen. Du bist aus anderem Holz geschnitzt. Jeder macht Fehler, und alle müssen mit dem leben, was sie angerichtet haben. Da bist du keine Ausnahme.«
    Joe nickte und schneuzte sich.
    »Da, schau, was ich dir mitgebracht hab.« Sie griff in den Korb, zog eine Nierenpastete heraus, eine Schüssel Kartoffelbrei, einen Krug mit Soße, Teller und Besteck.
    Joe rang sich ein Lächeln ab. Das war ganz seine Mama – was immer ihn auch bedrückte, konnte ihrer Meinung nach mit Pastete und Kartoffelbrei behoben werden. Dafür liebte er sie.
    »Na los, hol uns was zu trinken. Hast du nicht gesagt, es gibt eine Garküche in der Nähe?«
    »Ja.«
    Er nahm zwei angeschlagene Krüge vom Fenstersims und ging Tee holen. Als er zurückkam, hatte Rose seinen Teller gefüllt. Gierig nach gutem Essen, stürzte er sich darauf.
    »Das schmeckt dir wohl, was?« fragte sie lächelnd.
    Er erwiderte ihr Lächeln. »Und wie.«

   39   
    F iona stieg aus William McClanes Kutsche und sah zur imposanten Fassade von Delmonico’s hinauf. Vor ihnen ging ein Paar die Treppe hinauf und trat durch die Tür und in das dunkel vertäfelte Foyer. Der Mann wirkte distinguiert in seinem makellosen Dinnerjackett, die Frau elegant in ihrem burgunderfarbenen Seidenkleid und dem schwarzen Kopfputz im Haar.
    Das ist Wills Welt dort drinnen, nicht meine, dachte sie. Unglaublich reiche Leute, die wissen, wie man sich benimmt, wie man die Namen der französischen Weine ausspricht und welche Gabel zum Fisch gehört. Nick hatte ihr auf dem Schiff ein paar Dinge beigebracht, aber sie hatte alles wieder vergessen. Warum brauchte man überhaupt so viele Gabeln, dachte sie gereizt. Sie spürte, wie ihr Selbstvertrauen bröckelte, und einen Moment lang wünschte sie sich nichts mehr, als wieder in die Kutsche zu steigen. Dann nahm Will ihren und Marys Arm und sagte: »Sie beide sehen heute abend so umwerfend aus, daß mich jeder Mann im Lokal beneiden wird.« Dann beugte er sich näher und flüsterte: »Und das sage ich – der feine Pinkel mit viel zuviel Geld.«
    Fiona und Mary brachen in Lachen aus, Will stimmte ein, während er sie die Treppe hinaufführte, und Fiona lachte so herzlich, daß sie ihre Nervosität vergessen hatte, als sie die Tür erreichten.
    »Ach, Will, tut mir leid. Er ist unmöglich. Das unartigste Kind in ganz New York«, stieß sie hervor, als sie drinnen waren.
    »Sie sprechen von Ihrem Onkel, nehme ich an.«
    »Nein!« kicherte sie. »Nun … ja. Von ihm auch. Aber ich meinte Seamie.«
    »Das war wirklich sehr komisch«, sagte Mary. »Hast du Michaels Gesicht gesehen, als Seamie das sagte? Ich dachte, ihn trifft der Schlag.«
    »Nein, ich hab mich nämlich gerade gefragt, ob es illegal ist, Kinder an den Zirkus zu verkaufen«, antwortete Fiona.
    Wills Empfang in Fionas Heim war von dem Moment an, als er durch die Tür trat, ein einziges Desaster gewesen. Er hatte einem mürrischen Michael die Hand geschüttelt, dann Mary und Alec, den er wegen seines Akzents kaum verstand, dann Nick, der in seinem roten Morgenmantel mit einem Paisleyschal um die Schultern wie ein Pascha auf dem Sofa saß, und schließlich Seamie – der seine Hand ergriffen, sie kräftig geschüttelt und gefragt hatte: »Bist du der feine Pinkel mit viel zuviel Geld?«
    Der beschämte Michael befahl ihm, sich zu entschuldigen, worauf Seamie ihn trotzig daran erinnerte, daß er dies schließlich zuerst gesagt habe. In der Hoffnung, die

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