Die Teerose
Fleisch zu kriegen. Also gut, jetzt das Unterteil.«
Mary zog ihm eine frische Hose an und deckte ihn zu. Er versuchte, ihr zu danken, aber sie ging nicht darauf ein. Dann verließ sie das Zimmer und kam mit dem Baby auf dem Arm zurück. »Ich muß Abendessen machen«, sagte sie. »Kann ich Nell eine Weile bei dir lassen? Schaffst du das?«
Nick bejahte, und sie legte ihm das Kind in die Armbeuge, gab ihm einen Zwieback für die Kleine und verschwand summend in die Küche. Während das Baby seinen Zwieback kaute, kam Seamie ins Zimmer gestürzt, kletterte aufs Bett und wollte eine Geschichte hören.
»Wo bist du denn gewesen? Du bist ja schwarz wie ein Kaminfeger!« fragte Nick.
»Ich hab Schnecken gefangen. Sie fressen die Blumen.«
»Hast du dafür eine Grube gegraben? Sieh dir deine Ohren an!«
»Ach, da bist du ja!« rief Michael und kam ins Zimmer. »Komm, Zeit für ein Bad.«
»Neiiin«, kreischte Seamie, als hätte sein Onkel gedroht, in auf die Guillotine zu schleppen.
»Mary hat gesagt, daß du’s dringend nötig hast.«
Seamie sah hilfesuchend zu Nick auf. Der schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich fürchte, da hilft nichts, alter Junge.«
Es klopfte.
» Signora!« rief Nick begeistert aus, als er Maddie in der Tür stehen sah. » Ciao mia bella!«
» Ciao bello. Hast du einen Moment Zeit? Ich möchte dir die Zeichnung für Fionas Teeverpackung zeigen. Sie ist fast fertig, aber am Hintergrund muß noch was gemacht werden, glaube ich. Siehst du den Kniff für die Verschlußklappe? Wie findest du das Ganze?«
»Hallo, Maddie, wie geht’s mit der Verpackung voran?« fragte Fiona, die gerade mit einem Teetablett hereinkam. »Hallo, Nick, wie geht’s dir?« Bevor die beiden antworten konnten, redete sie schon weiter: »Probier doch mal den Tee für mich. Sag mir, ob er dir schmeckt. Michael hat eine große Tüte Zimtstangen auf dem Tee stehenlassen. Zuerst hab ich gedacht, er sei ruiniert, aber jetzt finde ich, daß er möglicherweise ein ganz neues Produkt erfunden hat – aromatisierten Tee! Stell dir vor, wir könnten das gleiche mit Vanillestangen machen. Und mit Nelken. Vielleicht auch mit getrockneten Orangenschalen.«
»Ich finde, er schmeckt ausgezeichnet«, sagte Nick.
»Herrlich!« pflichtete ihm Maddie bei, die ebenfalls einen Schluck nahm.
Es klingelte an der Haustür. »Komme!« hörten sie Mary rufen. Fiona setzte sich ans Fußende von Nicks Bett, streifte die Stiefel ab und zog die Beine an. Während sie über weitere Geschmacksrichtungen diskutierten, steckte Nate den Kopf herein.
»Wie geht’s dem Patienten?« fragte er fröhlich.
»Sehr gut«, antwortete Nick.
»Auf dem Rückweg von einem Kunden bin ich an einem Zeitungsstand vorbeigekommen und hab dir eine Zeitung mitgebracht. Hallo, Fee, hallo, Mad.« Er beugte sich hinunter und küßte seine Frau. »Was riecht denn hier so gut?«
Aufgeregt erzählte ihm Fiona von ihrer neuesten Idee. Nate war begeistert und begann sofort, mit Maddie Namen dafür zu erfinden. Seamie kam in frischen Kleidern und einem Bilderbuch in der Hand hereingelaufen und kletterte auf den Schoß seiner Schwester. Wieder klingelte es an der Tür. Michael ging am Zimmer vorbei und brummte, seine Wohnung sei inzwischen ein Bahnhof geworden.
Alle plauderten und tranken Tee, als plötzlich Dr. Eckhardt mit seiner schwarzen Tasche in der Tür erschien. Er warf einen Blick durchs Zimmer und sagte: »Wenn ich mich recht erinnere, habe ich absolute Ruhe verordnet.«
Alle sahen sich schuldbewußt an.
»Komm, Seamie, wir müssen jetzt gehen«, sagte Fiona und hob ihn von ihrem Schoß.
»Warum? Ich will eine Geschichte hören!«
»Später. Der Doktor muß Nick untersuchen, damit er gesund wird.«
Als Dr. Eckhardt mit der Untersuchung fertig war, erklärte er Nick, daß sein Zustand besser sei als erwartet.
»Das sind gute Neuigkeiten«, sagte Nick glücklich. »Worauf ist das zurückzuführen? Auf die Medikamente?«
Eckhardt zuckte die Achseln. »Das bezweifle ich. Lachen, Trost, gute Pflege … sind wirkungsvollere Mittel, als ich sie zu bieten habe. Aber sie müssen weiterhin Bettruhe halten. Sie dürfen ein paarmal pro Tag in der Wohnung herumgehen, dazu rate ich sogar, aber nicht mehr als das. Wenn Sie Lust auf richtiges Essen haben, dann greifen Sie nur zu. Was alles andere anbelangt« – er machte mit dem Kopf ein Zeichen in Richtung Tür – »scheinen die Spezialisten nebenan ihre Sache sehr gut zu machen. Ihre Familie, nehme ich
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