Die Teerose
er ihr zu nahe kam.
»Können Sie mich jetzt verstehen? Gut. Brisant? Ja, natürlich. Ein ganzes Schienennetz unter der Stadt zu verlegen ist immer brisant.«
Das plötzliche Auftauchen seines Butlers verwirrte ihn. Er dachte, der Mann sei schon zu Bett gegangen. »Da ist Besuch für Sie, Sir«, flüsterte er.
»Wer ist es?« fragte Will leise. Zuerst der Anruf des Bürgermeisters, dann Besuch. Um diese Zeit? Was dachten die Leute sich eigentlich?
»Miss Finnegan, Sir.«
Will gab dem Butler ein Zeichen zu bleiben. Manchmal war die schlechte Verbindung ein Segen. »Hugh?« rief er. »Hugh, ich versteh Sie nicht mehr … Was? Ich kann Sie nicht hören …« Er knallte den Hörer auf. »Wenn es noch mal klingelt, gehen Sie nicht ran«, sagte er und eilte durch die Tür und die Treppe hinunter in die Eingangshalle. Dort stand Fiona. Sie wirkte aufgelöst, ihr Haar war offen, Schweiß stand ihr im Gesicht.
»Was ist los?« fragte er beunruhigt. »Ist etwas passiert? Du bist ja ganz außer Atem!«
»Ich … ich bin gerannt«, sagte sie keuchend.
»Gerannt? Von wo?«
»Von zu Hause.«
»Du bist was? Den ganzen Weg von der Eighth Avenue? Bist du verrückt? Um diese Zeit sind eine Menge zwielichtiger Gestalten unterwegs. Dir hätte was passieren können!«
»Schimpf nicht mit mir, Will. Es gab keine Droschke. Ich mußte kommen … ich …« Sie war so sehr außer Atem, daß sie den Satz nicht beenden konnte. »O Will …«, stieß sie hervor. Sie nahm seinen Kopf, zog ihn an sich und küßte ihn. »… ich wollte dir sagen, daß ich einwillige! Ja, ich will dich heiraten!«
Will war so überrascht von der plötzlichen Wendung, daß er nur stammelte: »Fiona, ich … ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin entzückt … aber bist du dir sicher? Du wolltest dir doch Zeit lassen.«
»Nein. Ich hab mich entschlossen. Ich möchte deine Frau werden. Wenn du mich noch willst.«
»Natürlich will ich das. Mehr als alles auf der Welt.« Er drückte sie an sich, gerührt, daß sie den ganzen Weg gerannt war, um ihm zu sagen, daß sie die seine werden wollte. Als sie ihn um Zeit gebeten hatte, war er überzeugt gewesen, daß sie dies nur wollte, um sich zu überlegen, wie sie sich höflich verabschieden konnte. Jetzt war sie hier, in seinen Armen, um seinen innigsten Wunsch wahr werden zu lassen.
»Komm, setz dich«, sagte er, beschämt, daß seine Stimme plötzlich ein wenig heiser klang. »Du keuchst ja wie ein Rennpferd. Möchtest du ein Glas Wein? Ich hab gerade eine Flasche aufgemacht. Sie steht in meinem Schlafzimmer. Setz dich ins Arbeitszimmer, ich hol sie. Oder möchtest du lieber etwas Kaltes?«
»Ich würde gern ein Bad nehmen«, antwortete sie, ohne auf Wills Vorschlag einzugehen, im Arbeitszimmer zu warten. Sie folgte ihm nach oben.
»Ein Bad?« Er sah sie an und fragte sich, ob ihr das Rennen den Geist verwirrt hatte. »Ich dachte, ich geb dir was zu trinken und bring dich dann heim. Es ist schon ziemlich spät.«
»Ich geh nicht heim«, erwiderte sie ruhig. »Ich bleib heute nacht hier. Bei dir.«
Will stellte die Weinflasche, die er gerade in die Hand genommen hatte, abrupt ab. »Ich verstehe«, sagte er. »Bist du dir wirklich ganz sicher?«
»Ja.« Sie ging zu ihm und küßte ihn erneut. Liebevoll, leidenschaftlich. Dann knöpfte sie ihre Bluse auf und ließ sie von ihren Schultern hinabgleiten, danach streifte sie Rock und Stiefel ab und stand in ihrer Unterwäsche vor ihm. Ihr schweißnasses Mieder klebte an ihrer Haut. Durch den Stoff konnte er ihre Brüste und die dunklen Brustwarzen sehen. Er wollte sie ins Bett tragen und mit ihr schlafen. Sofort. Ohne Zeit zu verschwenden, sich selbst zu entkleiden. Aber das würde er nicht tun. Er würde sich Zeit lassen. Irgendwie würde er es schaffen, sich zu beherrschen, und sie nicht gleich auf der Stelle nehmen.
»Will, ich bin meilenweit gerannt und total verschwitzt. Könnte ich ein Bad nehmen? Gibt es in deinem Palast vielleicht Badewannen? Oder muß ich den Waschzuber holen und Wasser aufsetzen?«
»Natürlich nicht«, antwortete er lachend. »Hier rein.«
Er führte sie durch sein Schlafzimmer, das sehr nüchtern wirkte, in sein riesiges Badezimmer, das ganz aus weißem Carrara-Marmor bestand, mit einem orientalischen Teppich am Boden, zwei Waschbecken, riesigen Spiegeln an der Wand und einer Wanne in der Mitte.
Er drehte das Wasser auf und suchte dann in den Schränken nach einem Badezusatz. Außer Zitronen- und Lorbeerduft hatte er
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