Die Teerose
vom Duft einer Rose, roch sie an der blaßgelben Blüte und genoß das Gefühl der Blütenblätter an ihrer Wange, als sie auf dem Kiesweg hinter sich Schritte hörte. Sie drehte sich nicht um. Sie wußte, wer es war.
»Ich hab dir doch gesagt, daß du ins Bett gehen sollst. Was machst du jetzt wieder hier unten?«
»Das ist aber keine sehr freundliche Begrüßung.«
Fiona fuhr herum. »Will!« rief sie aus. Sie hatte ihn seit Tagen nicht mehr gesehen.
»Nick hat mich hereingelassen. Ich hab geklingelt. Ach, siehst du aus!« rief er lachend aus und suchte nach einer sauberen Stelle, auf die er sie küssen konnte. »Du bist völlig verdreckt! Dabei wollte ich dich zum Dinner ausführen. Um zu feiern. Aber so läßt man dich bei Delmonico’s nicht rein. Wahrscheinlich nicht mal in eine Kneipe in der Bowery. Was um Himmels willen hast du denn angestellt?«
»Den ganzen Tag hier im Staub gearbeitet. Und Nick hat mich gerade mit Farbe beschmiert. Was feiern wir denn?«
Will grinste. »Wir haben den Vertrag bekommen!«
Fiona stieß einen Freudenschrei aus. Sie wußte, wie schwer er gearbeitet hatte und was der Auftrag für ihn bedeutete. »O Will, meinen Glückwunsch! Ich freu mich so für dich.« Trotz ihrer Einwände, daß er sich schmutzig machen könnte, hob er sie hoch und wirbelte sie herum. Als er sie wieder absetzte, führte sie ihn zu einer schmiedeeisernen Bank, die sie gekauft hatte. »Erzähl mir alles, ich möchte alles wissen!«
Er beschrieb ihr die beiden letzten Wochen, die Arbeit, die Sitzungen, die Streitereien und seine Überzeugungskünste. Den heutigen Tag, wie herrlich es war, als der Bürgermeister ihm endlich sagte, daß er den Auftrag bekommen hatte. Wie beglückt seine Söhne waren, als er ihnen die Neuigkeit überbrachte, daß sein ältester Sohn darauf bestanden hatte, im Union Club darauf anzustoßen, daß sie hinterher alle ziemlich beschwipst waren, daß ihm jetzt noch leicht schwindelig sei, daß sich Will junior für sein schlechtes Benehmen entschuldigt und vorgeschlagen habe, Fiona aufs Land mitzunehmen, damit sie die ganze Familie kennenlernen könne.
Fiona war überrascht und freute sich über seinen Meinungswechsel, der bedeutete, daß er ihre Beziehung schließlich doch billigte. Sie wußte, daß seine Weigerung, sie kennenzulernen, seinen Vater sehr gekränkt hatte. Auch sie hatte sich nicht sonderlich wohl dabei gefühlt.
»Fahr nächstes Wochenende mit aufs Land«, sagte Will. »Bring Nick und Mary mit und eine ganze Abordnung Polizisten, um dich zu bewachen, wenn das deinen Onkel glücklich macht.«
»Das würde ich ja gern, Will, aber die Maler sollen am Samstag anfangen. Vielleicht das Wochenende darauf?«
»Nein, dieses Wochenende. Darauf bestehe ich.« Er nahm ihre Hand und wischte mit seinem Taschentuch die Farbe darauf ab. »Du schuftest zuviel, Fiona. Das will ich nicht. Jetzt nicht mehr. Ich will nicht, daß du noch jemals so viel arbeiten mußt. Ich möchte für dich sorgen, dich verwöhnen und dir jede Last abnehmen.«
Fiona sah ihn an, als wäre er verrückt geworden. »Will, um Himmels willen, wovon redest du?«
Doch anstatt ihr zu antworten, nahm er sie in die Arme und küßte sie so leidenschaftlich, daß es ihr den Atem nahm. »Ich hab dich so vermißt. Nie wieder möchte ich so lange von dir getrennt sein.«
»Das wirst du nicht, Will«, sagte sie und fragte sich, ob der Alkohol ihn so verändert hatte. »Du hast jetzt deinen Vertrag, und meine Teestube ist bald fertig. Wenn sie einmal eröffnet ist, werde ich nicht mehr bis in die Nacht hinein arbeiten. Dann sind meine Abende wieder frei und …«
»Ich will mehr als nur deine Abende, Fiona. Ich möchte dich am Morgen in unserem Bett wach küssen. Ich möchte alle Mahlzeiten mit dir einnehmen. Ich möchte am Ende des Tages zu dir heimkommen, dein hübsches Lächeln und unsere Kinder auf mich zulaufen sehen.«
Er griff in die Tasche und zog eine kleine Schatulle heraus. Und obwohl die Nacht warm war, begann Fiona plötzlich zu frösteln. Er öffnete sie, nahm einen herrlichen Diamantring heraus, steckte ihn ihr an den Finger und sagte: »Fiona, willst du mich heiraten?«
»Gütiger Himmel!« rief Michael aus. »Der ist ja so groß wie ein Taubenei!«
»Übertreib doch nicht so«, sagte Fiona.
Er nahm den riesigen geschliffenen Diamanten aus der Schatulle und zeigte ihn Mary. »Er ist wundervoll, Fiona! Warum läßt du ihn in der Schatulle und trägst ihn nicht?« fragte sie.
»Ach nein.
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