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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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nicht nach ihren Wünschen läuft, beschaffen sie sich einen Londoner Stricher – irgendeinen armen, verzweifelten Syphilitiker. Sie bezahlen ihn, damit er aussagt, er habe mehrere Male Verkehr mit Nick gehabt. Er wird Ort, Zeit und Datum liefern. Er wird wissen, ob Nick ein Muttermal am Hintern oder eine Narbe am Schenkel hatte. Sie werden einen alten Schulfreund von Nick auftreiben, jemanden mit schweren Spielschulden, der schwört, daß Nick nicht in der Lage war, mit Frauen zu verkehren.«
    »Das können sie nicht tun!« rief Fiona.
    »Seien Sie nicht so naiv! Sie können tun, was sie wollen. Randolph Elgin spielt keine Spielchen. Er ist genausosehr daran interessiert, diese Aktien zu behalten, wie Sie daran interessiert sind, sie zu bekommen. Er wird sich von nichts aufhalten lassen.« Erschrocken, weil er am Schluß praktisch geschrien hatte, lehnte sich Teddy zurück, um Luft zu holen.
    Es war still im Raum, als sich Fiona von ihrem Schreibtisch erhob und auf ihrer Kredenz zwei Tassen Tee einschenkte. Eine stellte sie vor Teddy, die andere nahm sie mit zum Fenster. Während sie trank, sah sie auf das graue Wasser des Hudson River hinaus. Sie hatte erwartet, daß Elgin sich mies verhalten würde, worin sie sich nicht getäuscht hatte. Dennoch war sie schockiert, daß er die Vergangenheit seines Sohns im Gerichtssaal ausbreiten wollte. Wie es schien, war Randolph Elgin genauso rücksichtslos wie sein Geschäftspartner William Burton, wenn es um Geld ging.
    Teddy wollte, daß sie nachgab und sich auf keinen schlimmen Prozeß einließ. Sie wußte, daß er sie nur schützen wollte, wofür sie ihm dankbar war. Aber Teddy schien etwas Wichtiges zu vergessen. Er hatte nur den Brief von Elgins Anwälten gelesen und sah einen abscheulichen Prozeß auf sie zukommen, sie jedoch entdeckte etwas anderes. Etwas, das zwischen den Zeilen geschrieben stand. Angst. Randolph Elgin hatte Angst.
    Offensichtlich hoffte er, daß die Drohung, in ihrem Privatleben herumzuschnüffeln und die intimsten Details ihrer Ehe an die Öffentlichkeit zu zerren, sie abschrecken würde. Er muß sehr besorgt sein, dachte sie, um zu solchen Mitteln zu greifen. Er muß annehmen, ich könnte gewinnen. Seine Anwälte haben ihm erklärt, daß mein Anspruch berechtigt ist und daß er Nicks Vermögen verlieren kann. Er hat Angst, Burton eröffnen zu müssen, daß er seine Aktien verloren hat. Wenn er mich genügend einschüchtern kann, meinen Anspruch aufzugeben, bleibt es ihm erspart.
    Die Überzeugung, daß Elgin Angst hatte, gab Fiona Mut. Sie würde nicht aufgeben. »Teddy, ich möchte, daß folgendes getan wird«, sagte sie und setzte sich wieder. »Schreiben Sie Elgins Anwälten, daß ein Drittel eine Unverschämtheit ist. Teilen Sie ihnen mit …«
    »Fiona, ich rate Ihnen dringend, sein Angebot anzunehmen. Wenn Sie auf Ihrer Forderung bestehen, kann ich Sie nicht mehr vertreten. Ich habe Nick mein Wort gegeben, auf Sie zu achten. Ich würde mein Versprechen brechen, wenn ich Sie dazu ermutigen würde.«
    »Ich fahre nach London.«
    Teddy seufzte tief auf. »Wann?«
    »Noch diese Woche.«
    »Fiona«, sagte er erschöpft. Ich flehe Sie an … ich flehe Sie an, es nicht zu tun. Sie machen Kleinholz aus Ihnen. Sie werden dafür sorgen, daß jedes schmutzige Detail in die New Yorker Zeitungen kommt. Es wird einen Skandal geben, und diesmal werde ich nicht in der Lage sein, ihn abzuwehren. Das wäre Ihr Ruin, und Sie könnten TasTea gleich heute zumachen. Wir alle wußten über Nick Bescheid, was keinen Unterschied machte, denn er war unser Freund. Doch so freizügig denken nicht alle. Was Nick war, ist für viele Leute eine Sünde, und sie werden keinen Tee mehr von Ihnen kaufen, wenn Sie glauben, Sie hätten seine Unmoral unterstützt.«
    Fiona nahm seine Hand und drückte sie. »Verlassen Sie mich nicht, Teddy. Ich brauche Sie. Sie waren immer für mich da. Immer. Seien Sie es auch jetzt.«
    Teddy sah ihr in die Augen und versuchte – wie sie meinte –, den Grund für ihre Besessenheit zu finden. »Tun Sie’s nicht, Fiona, es ist Wahnsinn«, antwortete er ruhig. »Sie zerstören alles, wofür Sie gearbeitet haben.«
    »Sie täuschen sich, Teddy«, antwortete sie. »Das ist es, wofür ich gearbeitet habe.«

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    S icher, aber es ist eine Weile her, daß ich dieses Dreckloch betreten habe«, sagte Roddy und sah zu dem grell bemalten Schild des Taj Mahal hinauf. Er ließ den Blick über die oberen Stockwerke schweifen und sah eine Reihe

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