Die Teerose
zerbrochener Fenster. »Ist das der Schaden, von dem Sie mir erzählt haben?«
Constable McPherson nickte. »Alle Fenster einschließlich der Tür wurden eingeschlagen, und die Kasse wurde ausgeraubt.«
»Letzte Nacht?«
»Ja.«
»Hat Quinn selbst Anzeige erstattet?«
»Nein, einer der Nachbarn hat Glas splittern hören und nach der Polizei gerufen. Ich hab den Lärm gehört und bin hergelaufen. Ich hab Quinn gesagt, ich würde mich darum kümmern, aber er wollte meine Hilfe nicht. Es sei sein Problem, meinte er, und er würde das selbst erledigen. Schwierigkeiten mit Typen aus der Gegend, hat er gesagt.«
»Ein paar böse Buben namens Bowler Sheehan und Sid Malone«, sagte Roddy grimmig.
»Ja, aber welcher? Ich hab immer gehört, daß Quinn mit Sheehan unter einer Decke steckt. Glauben Sie, daß er die Seiten gewechselt hat?«
»Ich weiß es nicht, aber ich find’s raus. Irgendwas ist im Busch. Vielleicht ist Malone plötzlich hier aufgetaucht, und Quinns Fenster gingen zu Bruch. Da braut sich was zusammen im Londoner Osten. Das spür ich. Ganz gleichgültig, wer dieser Kerl ist, er hat große Pläne, und die schließen unsere Seite vom Fluß mit ein.«
»Glauben Sie, Denny wird Ihnen reinen Wein einschenken?«
»Das wird er, wenn er nicht riskieren will, daß sein Laden geschlossen wird. Kommen Sie, gehen wir.«
Roddy öffnete die Tür des Taj Mahal, McPherson folgte ihm. Er war auf die üblichen Unannehmlichkeiten vorbereitet – die bösen Blicke, die gemurmelten Flüche, die vulgären Bemerkungen. Daß die Reste eines Abendessens vor seinen Füßen landeten, Bier auf sein Jackett geschüttet, mit einer Flasche auf seinen Kopf gezielt wurde. Daß eines von Dennys Mädchen ihm seine Dienste antrug und sogar Denny selbst ihm Whiskey und Steaks anbot, alles aufs Haus. Aber er war nicht darauf vorbereitet, was er statt dessen zu sehen bekam.
Nichts. Absolut nichts.
Niemand war da. Keine Menschenseele. Am Freitag abend. Die Lichter waren aus, die Billardtische leer. An der Bar saßen keine Freier aufgereiht. Es gab keinen Barmann. Niemand beugte sich über einen Teller Gebratenes, niemand stieg hinter einem der Mädchen die Treppe hinauf. Erstaunt über die Stille, drehte er sich im Kreis.
»Quinn?« rief er unsicher. »Denny?« Keine Antwort.
Er sah McPherson an, aber der war genauso verblüfft. Die Hände an ihren Gummiknüppeln, traten die beiden Männer hinter die Bar und durch eine Tür, die in die Küche führte. Dort war auch niemand, aber im Abfluß lagen Kartoffelschalen. Eine Schnur mit Würsten lag auf einem Holzbrett, als hätte jemand sie gerade aufschneiden wollen.
Roddy spürte, wie sich ihm die Haare im Nacken sträubten. Hier stimmte was nicht. Er ging wieder aus der Küche, durch den Schankraum und die Haupttreppe hinauf. Quinns Büro befand sich gleich neben dem Treppenabsatz. Wahrscheinlich waren Quinn oder Janey Symms, Dennys Freundin und die Puffmutter seiner Nutten, dort drinnen. Sie würden erklären, was hier los war.
»Quinn!« rief er vor dem Büro. Niemand antwortete. Er drehte den Türknopf, aber die Tür war verschlossen. »Denny? Bist du da drin?« rief er und klopfte an die Tür. Keine Antwort. Gerade, als er wieder klopfen wollte, hörte er ein leises Stöhnen. Er trat zurück, nahm Anlauf und warf sich gegen die Tür. Sie erbebte, gab aber nicht nach. Er versuchte es noch einmal. Das Schloß gab nach. Er eilte hinein.
Dennis Quinn lag am Boden, seine leblosen Augen starrten an die Decke, und sein Körper war von einer Blutlache umgeben.
»Mein Gott«, stieß McPherson hervor.
Roddy kniete sich neben Quinn nieder und suchte an seinem Hals nach dem Puls, worauf frisches Blut aus dem Schnitt tropfte. Er sah an Dennys Körper hinab. Seine Hemdbrust war rot vor Blut. Als er aufstand, hörte er wieder ein Stöhnen. Er brauchte eine Sekunde, bis er bemerkte, daß es nicht von dem Toten kam. Es drang hinter dem Schreibtisch am anderen Ende des Raums hervor. Er wußte, was er zu sehen bekäme, noch bevor er dort war.
Janey Symms lag schweißüberströmt und nach Atem ringend auf der Seite. Eine Hand hielt sie auf eine tiefe Wunde in ihrer Brust gedrückt, die andere von sich weggestreckt. Sie sah Roddy mit verzweifelten, glasigen Augen an.
»Janey, wer hat das getan? Sag mir den Namen.«
Janey versuchte zu sprechen, konnte aber nicht.
»Warte«, sagte Roddy. »Ich bring dich ins Hospital.« Er zog seine Jacke aus, breitete sie über sie und hob sie hoch, aber sie
Weitere Kostenlose Bücher