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Die Teerose

Die Teerose

Titel: Die Teerose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Donnelly
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Kellner ging mit Champagner vorbei. Neville nahm ein Glas vom Tablett und trank einen Schluck. Auch Fiona nahm eines, um höflich zu sein, lehnte aber die köstlichen Petits fours ab. Sie war zu angespannt, um etwas zu essen, viel zuviel ging ihr durch den Kopf.
    Als erstes Neville. Während des Dinners, das sie mit den Pearsons im Savoy eingenommen hatte, hatte er ihr erklärt, daß er vermutlich sechs Monate brauchen würde, um die Burton-Aktien zu bekommen. Er schlug ein Treffen am Dienstag nachmittag in seinem Büro vor, um die Einzelheiten zu besprechen. Sechs Monate erschienen ihr unglaublich lang. Sie wollte die Aktien jetzt, nicht in einem halben Jahr. Wie sollte sie ihr Geschäft von London aus führen? Sie müßte ständig hin- und herreisen – eine Aussicht, die ihr gar nicht gefiel.
    Dann Roddy. Gestern hatte sie eine Nachricht von ihm erhalten. »Hab ihn«, stand darin. »Gib mir zwei Tage.« Einer war bereits vergangen. Sie müßte noch einen weiteren Tag warten. Wie hatte er Sheehan geschnappt? Und was machte er mit ihm? Vor Sorge konnte sie die ganze Nacht nicht schlafen. Was heckte er aus? Und würde es funktionieren? Das Warten war unerträglich, aber sie müßte Geduld haben. Wenn alles gutging, würde sie am Montag mehr wissen.
    Und dann Joe. Sie sah sich wieder im Raum um, auf die Auslagen, auf das Kleid einer Frau, auf alles, was sie davon ablenken könnte, daß es drei ganze Tag her war, daß sie ihre Karte in seinem Büro abgegeben hatte. Drei volle Tage, während derer sie nichts von ihm gehört hatte. Es war albern gewesen, das zu tun. Offensichtlich wollte er nichts mit ihr zu tun haben. Ganz sicher nicht. Das hatte er schon vor zehn Jahren deutlich gemacht. Vermutlich hatte er die Karte gleich weggeworfen, nachdem die Frau sie ihm gegeben hatte. Ihr Herz krampfte sich zusammen bei dem Gedanken. Sie hatte versucht, sein Schweigen auf die leichte Schulter zu nehmen, sich einzureden, daß es ihr nichts ausmachte. Aber das stimmte nicht. Es tat weh. Immer noch.
    In letzter Zeit schien sie nur zu warten. Auf eine Antwort von Joe. Auf eine Entscheidung bei ihrer Klage gegen Randolph Elgin. Auf weitere Nachrichten von Roddy. Sie war es nicht gewohnt, auf die Lösung ihrer Probleme zu warten, sondern selbst etwas zu unternehmen. Und gezwungen zu sein, untätig und nutzlos herumzusitzen, machte sie wahnsinnig.
    »Was glauben Sie, was das ist?« fragte Neville und rieb eine grüne Schote zwischen den Fingern. Er war zu den Obst- und Gemüseauslagen gegangen und wieder zurückgekommen.
    »Okra«, sagte Fiona. »Es wird in den Südstaaten von Amerika angebaut.« Sie fragte sich, warum es so grün und frisch geblieben war. Sie und Michael hatten oft Schwierigkeiten, gute Ware aus Georgia oder Carolina zu kriegen. Oft ließen sie das, was die Großhändler lieferten, zurückgehen. Es mußte auf einem schnellen Schiff, auf Eis gelagert, direkt von einem südlichen Hafen hertransportiert worden sein.
    »Okra. Wie ungewöhnlich«, sagte Neville, nahm einen Bissen, verzog das Gesicht und warf das Gemüse auf das Tablett eines Kellners. »Ihr müßt mit mir kommen, alle beide«, sagte er, »und euch ansehen, was ich entdeckt habe. Es ist toll! Ich stand neben einer Vitrine und fragte mich, wie sie in der Sommerhitze alles so frisch halten, als plötzlich Nebel aus dem Gemüse aufstieg.«
    »Nebel?« sagte Charlotte. »Das gibt’s doch nicht.«
    »Ja, Nebel, meine Liebe. Phantastisch! Komm mit.«
    »Das brauchen wir in London gerade noch, noch mehr Nebel«, antwortete Charlotte und folgte ihrem Mann.
    Fiona schloß sich den Pearsons an und sah, was Neville meinte. Die Waren wurden in hohen, abgeschrägten Behältern aus emailliertem Metall aufbewahrt, und über dem Gemüse wurde ein zarter Wassernebel versprüht, um es frisch zu halten. Sie griff unter die Abdeckung und strich mit der Hand daran entlang. »Da ist ein Schlauch«, sagte sie. »Offensichtlich mit feinen Löchern darin, durch die Wasser gedrückt wird, vermutlich mit einer Pumpe. Aber wo ist die?« Sie steckte den Kopf in den Behälter, um besser zu sehen, bekam aber einen Nebelschwall ins Gesicht geblasen. »Sie haben recht, Neville. Es ist tatsächlich genial«, sagte sie aufgeregt und tupfte sich die nassen Wangen mit dem Ärmel ab. »Ich muß wissen, wie es funktioniert. Wo ist dieser Mr. Barton?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Neville und sah sich mit gerunzelter Stirn um. »Er muß doch irgendwo sein, aber ich habe ihn noch nicht

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