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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Sechsundvierzig Einwohner… ich nehme an, dann braucht ihr kein Gasthaus?«
    »Nein«, antwortete Gero. »Aber Ihr könnt bei mir schlafen, wenn Euch mein Heim nicht zu bescheiden ist. Ich habe das größte Haus im Ort!«
    »Gott liebt die Bescheidenen«, antwortete Bruder Abbé lächelnd. Er war wirklich sehr blaß. Seine Hände zitterten leicht. Offenbar hatte er sehr viel mehr Blut verloren, als Robin bisher klar gewesen war. »Zeig mir den Weg zu deinem Haus.«

Gero verließ das Haus so schnell, daß es schon beinahe wie eine Flucht aussah, und der Tempelritter folgte ihm - langsamer und auch nicht, ohne Robin im Vorbeigehen das Haar zu zerstrubbeln. Robin mußte an sich halten, um nicht erschrocken zur Seite zu springen. Es war eine eindeutig gutmütige, väterliche Geste - aber sie konnte nicht vergessen, was diese Hand, die sie nun so spielerisch neckte, noch vor kurzem getan hatte.
    Ihre Mutter nahm die Schale mit Wasser, schüttete sie draußen aus und füllte sie neu, nachdem sie wieder hereingekommen war. Ohne ein Wort nahm sie dasselbe Tuch, mit dem Bruder Abbé gerade seine Wunde gesäubert hatte, tauchte sein sauberes Ende in die Schale und begann damit Robins Gesicht abzuschrubben. Sie ging dabei nicht besonders sanft zu Werke, und Robin verzog ein paarmal schmerzhaft das Gesicht, vor allem, als sie die Stelle säuberte, an der sie der Forkenstiel getroffen hatte. Ohne danach tasten zu müssen, spürte Robin, daß sich über ihrer Schläfe eine gewaltige Beule entwickelt hatte, die wohl spätestens morgen in allen Farben des Regenbogens schillern würde. Ihre Mutter betrachtete die Schwellung kritisch, tastete anschließend mit den Fingern darüber - was Robin noch erheblich mehr Schmerzen bereitete, die sie aber tapfer unterdrückte - und legte die Stirn in Falten.
    »Das sieht nicht gut aus«, sagte sie. »Du wirst es überleben, aber du wirst ein paar Tage lang ordentliche Kopfschmerzen haben.« Ihr Blick verfinsterte sich. »Das geschieht dir ganz recht. Vielleicht wird es dir eine Lehre sein, in Zukunft auf mich zu hören, du dummes Kind. Du hättest tot sein können, weißt du das? Was hast du dir nur dabei gedacht? Ich hatte dir verboten, bei der alten Kapelle herumzuschleichen und dich mit diesem Jungen zu treffen!«
    Robin senkte beschämt den Blick. Ihre Mutter sagte zwar die Wahrheit - aber zugleich mußte sie auch ganz genau gewußt haben, wo sie war, wenn sie regelmäßig zweimal die Woche später als sonst nach Hause kam, und hatte es stillschweigend geduldet. Vielleicht war ihr Zorn einfach nur Ausdruck ihrer Angst, oder sie wollte vor Hark und der alten Janna einfach das Gesicht wahren.
    Janna lachte leise. »Laß es gut sein, Thea. Ich kann mich an ein Mädchen erinnern, das genauso störrisch und unbelehrbar war.«
    »Ja«, antwortete Robins Mutter ärgerlich. »Und ich weiß besser als du, was aus ihr geworden ist.«
    »Hört auf, euch zu streiten«, mische sich Hark ein. »Wir haben wirklich andere Sorgen.«
    Janna wiegte in einer schwer zu deutenden Geste den Kopf, schlurfte zur Bank und ließ sich neben Robin darauf niedersinken. Ihre Hand legte sich auf die Robins, und es war ein sonderbares, fast unangenehmes Gefühl. Jannas Haut fühlte sich gar nicht an wie richtige Haut, sondern trocken und rauh, so daß Robin fast Angst hatte, sich daran zu verletzen. Zugleich war ihre Hand so dürr, daß sie fast das Gefühl hatte, von einem Skelett berührt zu werden. Und sie war kalt.
    »Warum erzählst du uns nicht, was wirklich passiert ist, Kind?« fragte sie.
    Robin blickte sie an. Sie konnte nicht antworten. Sie konnte an nichts anderes denken als an das, was Bruder Abbé auf dem Rückweg zu ihr gesagt hatte, und sie hatte einfach nur Angst.
    »Laß sie in Ruhe«, sagte ihre Mutter. »Du siehst doch, daß sie vollkommen durcheinander ist!«
    »Ist sie das?« fragte Janna. »Oder weiß sie nur nicht, was sie antworten soll?«
    Robin zog die Hand zurück und verbarg sie im Schoß. »Es… es war alles so, wie der Ritter gesagt hat«, sagte sie, ohne die Alte dabei anzusehen. Sie hörte selbst, wie sehr ihre Stimme bei diesen Worten zitterte, aber sie konnte nichts dagegen tun.
    »Laß sie in Ruhe«, sagte nun auch Hark. »Wenigstens, bis Gero zurück ist!«
    Sie mußten nicht einmal lange warten. Gero kam schon nach wenigen Augenblicken zurück. Er war außer Atem, als wäre er das Stück von seinem Haus bis hierher gerannt. Wahrscheinlich war er es auch. »Nun?« empfing ihn

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