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Die Templerin

Die Templerin

Titel: Die Templerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nie hatte Robin einen so dunkelhäutigen Menschen gesehen.
    Ihr Traum hatte sie auf schreckliche Weise betrogen. Sie saß keinem Engel gegenüber, sondern dem leibhaftigen Teufel!
    Robin fuhr erschrocken hoch und prallte vor der Gestalt in dem blauen Mantel zurück. Ein scharfer Schmerz schoß durch ihren Kehlkopf, und die plötzliche Bewegung ließ sie schwindeln. Trotzdem rutschte sie hastig noch ein weiteres Stück von dem Fremden fort und wäre vielleicht sogar von dem schmalen Bett gefallen, hätten sich nicht in diesem Moment zwei starke Hände auf ihre Schultern gelegt und sie festgehalten. »Beruhige dich, Kind«, sagte Tobias. »Es gibt keinen Grund, Angst vor Salim dem Sarazenen zu haben. Er stammt zwar aus einem fremden Land, aber er ist ein Freund.«
    Robin hob verwirrt den Blick und sah ins Gesicht des alten Mönchs, aber sie sah keine Spur von Falschheit darin. Tobias war blaß, und er wirkte sehr müde, aber das war auch alles. Trotzdem preßte sie sich enger an ihn und warf dem Sarazenen hektische, angsterfüllte Blicke zu. »Du mußt wirklich keine Angst vor ihm haben«, versicherte Tobias. »Wahrscheinlich hat man dir schlimme Geschichten über die Muselmanen erzählt, und es hat wohl keinen Zweck zu leugnen, daß Salim ein Araber ist. Aber die meisten dieser Geschichten sind übertrieben. Die Leute reden sehr viel. Salim ist ein Freund, glaub mir. Er hat dir das Leben gerettet.«
    Er? Robin blickte Tobias und Salim abwechselnd und zutiefst verwirrt an. Der junge Araber hatte aufgehört zu lächeln und sah sie jetzt ernst und fast ein bißchen traurig an, aber Tobias nickte nur noch heftiger und sagte: »Er hat dich gefunden. Wenn er dich nicht rechtzeitig zu mir gebracht hätte, dann wärst du verblutet.«
    Hatte sie sein Gesicht vielleicht deshalb im Traum gesehen? Alles war so verwirrend. Sie wußte einfach nicht mehr, was sie noch glauben, geschweige denn, wem sie noch trauen konnte. Sie wußte nicht einmal, was sie noch denken sollte!
    »Glaub ihm kein Wort«, sagte Salim. »Er ist ein Christ, und jedermann weiß, daß Christen lügen, wenn sie den Mund aufmachen.«
    »Salim!« sagte Tobias streng.
    »Ich bin ein Tuareg«, fuhr Salim fort und bemühte sich, ein möglichst finsteres Gesicht zu machen. »Wir sind die Herren der Wüste. Wir töten christliche Krieger, wo immer wir sie sehen, und ihre Frauen braten wir lebendig und fressen sie dann!«
    Robin fand, daß er zwar ein guter Schauspieler war, aber maßlos überzog. Wenn sie es gekonnt hätte, hätte sie wahrscheinlich laut gelacht. Tobias aber sagte:
    »Salim! Das reicht jetzt aber wirklich! Bitte erschreck unseren Gast nicht! Sie ist noch schwach und darf sich nicht aufregen.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn unsere Schwerter euch nicht vernichten werden, dann werdet ihr euch zweifellos selbst irgendwann einmal um Kopf und Kragen reden. Ein so sonderbarer Humor wie der deine kann tödlich sein, weißt du das?«
    Robin spürte plötzlich wieder, wie durstig sie war. Sie hob die Hand an ihre Lippen, und Tobias verstand sofort. Er wandte sich um und kam nach nur einem Augenblick mit einem Becher zurück, den er Robin an die Lippen setzte.
    »Trink«, sagte er. »Aber sei vorsichtig. Verschluck dich nicht.« Natürlich trank sie den ersten Schluck trotz Tobias Warnung viel zu schnell und voller Gier, und natürlich verschluckte sie sich prompt. Es tat sehr weh. Bitterer Schleim drang in ihre Kehle. Sie mußte husten, und das tat noch sehr viel mehr weh. Sie krümmte sich, ließ den Becher fallen und schlug beide Hände gegen den dicken Verband, der um ihren Hals lag.
    Tobias runzelte die Stirn, sagte aber nichts, sondern wartete geduldig, bis der Hustenanfall vorüber war, und reichte ihr dann einen neuen Becher. Robin nahm ihn mit zitternden Fingern entgegen und trank, diesmal mit kleinen, vorsichtigen Schlucken. Trotzdem tat es so weh, daß ihr die Tränen in die Augen schössen.
    »Das tut weh, ich weiß.« In Tobias Stimme klang echtes Mitleid, im wahrsten Sinne des Wortes: Er fühlte ihren Schmerz und spürte ihn in diesem Moment wahrscheinlich tatsächlich selbst. »Aber es muß sein. Du hast viel Blut verloren und mußt viel Flüssigkeit zu dir nehmen. Nachher werden wir es mit einer Schale heißer Suppe versuchen. Du mußt wieder zu Kräften kommen.«
    Robin reichte ihm den Becher zurück. Sie war noch immer durstig, aber der schlimmste Durst war gestillt, und es war ihr einfach zu unangenehm, weiterzutrinken. Das Wasser löste

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