Die Templerverschwoerung
über Grundsätze des Islam. Die Mission, in der sie unterwegs waren, bereitete ideologische Probleme. Die Shabaab hatte einen riesigen Betrag zugesagt bekommen, den sie für ihren Dschihad gegen die somalische Regierung einsetzen wollte. Mit diesen Mitteln und der Hilfe von Verbündeten sollte derHeilige Krieg gewonnen und die Republik Somalia schließlich zu einem islamischen Staat umgestaltet werden.
Um das Geld zu verdienen, mussten die Männer etwas tun, das sich auf den ersten Blick verwerflich ausnahm. Man hatte sie bezahlt, damit sie, als christliche Pilger aus Äthiopien getarnt, ins arabische Ostjerusalem eindrangen. Shabaab-Anhänger in Äthiopien hatten ihnen Papiere besorgt – äthiopische Pässe, Taufscheine, einen Brief vom Büro des Patriarchen in Addis Abeba, Flugtickets und weitere Dokumente für Mitglieder einer Reisegruppe, die die christlichen Stätten im Westjordanland und in Israel besuchte. Der Reisebus würde den Kontrollpunkt vor der Stadt ohne große Probleme passieren. Israelische Soldaten waren Äthiopier gewohnt. Seit so viele Falashas auf der Suche nach einem besseren Leben nach Israel gekommen waren, erregten sie keinen besonderen Verdacht.
In Jerusalem eingetroffen, sollten die vier Männer ihre Identität wechseln. Sie würden wieder zu Muslimen werden und die blauen Personalausweise der Bewohner der Heiligen Stadt erhalten. Bei ihrer Ankunft sollten sie im privaten Teil der Al-Quds-Universitätsklinik von Ostjerusalem aufgenommen werden. Am nächsten Tag würde man ihnen bei einer Operation Sprengstoff in Hohlräume des Körpers implantieren, wodurch sie zu veritablen trojanischen Pferden von heute wurden.
Für einige Tage später war vorgesehen, dass sie auf den Tempelberg gehen und sich beim Mittagsgebet unter die Gläubigen in der Al-Aksa-Moschee mischen sollten. Wenn diese voller Menschen war, würde ein Mitstreiter außerhalb des Gebäudes eine SMS an ihre Mobiltelefone schicken, die die vier Explosionen auslösen und die Moschee in die Luft sprengen sollte.
Was konnte vier junge muslimische Männer dazu veranlassen, sich auf diese Weise zu opfern? Auf eine Art widerstrebte ihnen, was sie da tun sollten. Die Al-Aksa-Moschee war eine altehrwürdige Kultstätte der muslimischen Welt, ein Symbol des Widerstandes der Palästinenser gegen die verhassten Juden. Aber sie wussten, dass die Zerstörung der Moschee den Zorn der Muslime der ganzen Welt auf die Zionisten heraufbeschwören würde. Armeen von Gläubigen würden sich auf Israel stürzen und es in Schutt und Asche legen. Gottes Zorn würde auf die Söhne von Affen und Schweinen niederfahren, und auf diesen Krieg würde ein gewaltiger Dschihad folgen, bei dem man die ganze Erde für den Islam erobern und Gottes Kalifen als den obersten Herrscher eines grenzenlosen islamischen Reiches etablieren wollte. Alle Spuren des Unglaubens wären dann von der Erde getilgt. Wenn sie daran dachten, waren sie glücklich. Ihr eigenes Leben bedeutete nichts gegen diesen glorreichen Sieg. Sie würden als Märtyrer im Paradies wiedergeboren, mit schwarzäugigen Jungfrauen vermählt, auf Lagern an glasklaren Wasserläufen ruhen, aus goldenen Schalen Wein trinken, der nicht berauschte, sich an den feinsten Datteln und Trauben laben, die der Himmel bereithielt. Und das ohne Ende. Ewig wäre das Beilager, das Wasser würde nie versiegen und der Wein immer fließen.
Sie rauchten ihre Wasserpfeifen, nippten am Kaffee, lauschten in die Stille, die sie verlangt hatten, und schauten ins Land hinaus, um zu ergründen, in welcher Richtung Jerusalem lag. Die Reise dorthin sollte die längste werden, die sie je unternommen hatten.
45. KAPITEL
Von Addis Abeba zum Tanasee
Sie fuhren bei Nacht durch die Dunkelheit am Rande Afrikas. Die Straße sang unter ihren Reifen, tiefhängende Wolken verhüllten Mond und Sterne. In ihrem Minibus sangen sie Weisen aus revolutionären Tagen, Kirchenlieder, Volkslieder und Schlager. Mechela hatte sein Krar , eine Art Leier, mitgebracht, zu dem er Bolels intonierte, die an Blues-Musik erinnerten. So vertrieben sie sich die Zeit. Wenn sie genug vom Singen hatten, redeten sie miteinander über die alten Themen, um die sich ihre Gespräche seit ihrer Jugend drehten. Es war, als seien sie zu einem Picknick in der Schlucht des Blauen Nils oder auf einer anderen Insel in einem anderen See unterwegs. Mariyam spürte jedoch, dass die Stimmung nicht so locker war, wie es den Anschein hatte. Immer wieder tauchten dunkle
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