Die Templerverschwoerung
Jesus, Maria und den Weisen aus dem Morgenland, sondern auch mit König David, der in Bethlehem geboren und dort zum König gekrönt wurde. Eine heilige Stadt, in Schnee gehüllt. Auf den Straßen ging es weniger heilig zu. Die Christen, die sich auf dem Krippenplatz versammelten und in der Geburtskirche beteten, wurden immer weniger. Einst die Mehrheit in der Stadt, fühlten sie sich von ihren muslimischen Nachbarn zunehmend verdrängt und verließen Bethlehem in wachsender Zahl. Zehntausende waren bereits gegangen, vertrieben von Anschlägen und der Angst, es könnte noch schlimmer kommen.
Auch die Stadt selbst veränderte sich. Die israelische Sicherheitsmauer und die Polizei der Palästinenserbehörde hatte den Terrorismus fast zum Erliegen gebracht. Nach den elenden Jahren der Intifada war Sicherheit zurückgekehrt, und die Wirtschaft boomte. Wo zuvor höchstens in Israel gestohlene Gebrauchtwagen auf den Straßen herumfuhren, prangten jetzt in den Salons von BMW und Mercedes schicke Cabrios, flitzten allenthalben kleine koreanische Wagen umher. Verkehrsmäßig war es davon nicht besser geworden. Die einzige Ampel in der Stadt, dort, wo die Papst Paul VI. Street und die Hebron Road sich kreuzten, funktioniertezwar nach wie vor, aber keinen Autofahrer kümmerte es, ob sie gerade Rot oder Grün anzeigte.
Wimpelketten zierten die Straßen und Graffiti die Mauern. In der Nähe des Krippenplatzes hatte eine Einkaufspassage eröffnet, man konnte in ein paar gute Restaurants gehen, und in der Geburtskirche bezeichnete ein silberner Stern den Ort, wo Jesus geboren wurde. Es gab immer noch Armut, doch neuerdings auch Hoffnung. Die Touristen kehrten in großer Zahl zurück. Christliche Reisende kamen aus dem nicht einmal zehn Kilometer entfernten Jerusalem, aber gegen Ende der Weihnachtsfeiertage nahm ihre Zahl ab. Die Muslime hatten Lautsprecher, die fünfmal täglich von Gott und Mohammed kündeten, dafür hatten die Christen ihre Pilger nicht nur zu Weihnachen oder zu Ostern, sondern das ganze Jahr über. Juden waren hier oder anderenorts im Westjordanland nicht willkommen. Ein Apartheidsystem hielt sie von den Städten und Dörfern fern, und die Gefahr von Anschlägen schreckte jeden ab, der gern auf eigene Faust zum Sightseeing oder in Geschäften dorthin gefahren wäre.
In einem schäbigen Café an der Nasser Street, ein paar Türen entfernt vom Shepherd Hotel saßen vier Afrikaner um einen niedrigen Tisch herum. Sie tranken Kaffee und rauchten aus Wasserpfeifen parfümierten Tabak. Der Anführer der Gruppe namens Ali Mohammed war ein hochgewachsener, schlaksiger Mann mit Augen, die nie zur Ruhe kamen, nicht einmal hier. Links neben ihm hatte sich Abdirahman Abukar niedergelassen, ein paar Jahre jünger, wenn man nach seinen raschen Bewegungen und begierigen Blicken urteilte. Der Mann rechts von Mohammed hieß Ibrahim Addo, ein junger Bursche von höchstens siebzehn oder achtzehn Jahren. Er war der ruhigste von allen und vermochte dem eigenen Tod furchtlos ins Auge zu schauen. Etwas getrennt von den anderensaß Shire Ahmed aus der somalischen Küstenstadt Barawa, einer Stadt, die von der Shabaab kontrolliert wurde, mit weißen Häusern und schüchternen Frauen.
Obwohl das Café halbleer war, sprachen sie leise miteinander. Zwei Männer am Nebentisch spielten Backgammon und beobachteten sie dabei unauffällig. Das Rollen des Würfels und das Klicken der Spielsteine bildeten die Begleitmusik zum Gespräch der Somalier. Da sie sich in ihrer Muttersprache und nicht auf Arabisch unterhielten, konnte man sie nicht verstehen. Im Radio sang Rim Banna ein altes Lied. Von Zeit zu Zeit blickte einer der Somalier finster zu dem Apparat hin. Dann rief Ali Mohammed den Besitzer herbei und sprach zu ihm ein paar Worte auf Arabisch.
»Wissen Sie nicht«, sagte er leise, »dass Gott Musik nicht mag, schon gar nicht von einer Frauenstimme? Meine Freunde und ich hätten lieber Ruhe.«
Das Radio wurde ausgeschaltet. Die Somalier redeten weiter.
In Bethlehem waren sie vor zwei Tagen eingetroffen. Über eine Woche lang waren sie zunächst von Somalia mit einer jemenitischen Bagla von einem Ende des Roten Meeres zum anderen gesegelt. Im jordanischen Hafen Akaba waren sie an Land gegangen, nach Norden gezogen, hatten bei Nacht das Tote Meer überquert und Bethlehem auf dem Landweg erreicht. Dort waren sie bei Hamza Farahat, einem führenden Mann der Hamas, untergeschlüpft.
Ihre Zeit verbrachten sie im Gebet oder mit Gesprächen
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