Die Terranauten 013 - Der Fremde
doch noch zu einem wahren Philosophen. Damit hätten wir im Lager nur halb soviel Freude.«
Er wandte sich ab und überlegte, was Cantos jetzt noch beim Wrack suchte. Sollte er doch die Bergung der Bewußtlosen dem nächsten Aufklärer überlassen. Wichtiger war, daß sie rechtzeitig das Feld räumten, obwohl es so aussah, als gäbe es kein Entrinnen vor den Grauen.
Wie denn auch? Sie hatten beste Instrumente an Bord und würden ihnen auf jeden Fall nachspüren!
*
Cantos atmete tief und regelmäßig. Sein durchtrainierter, unmenschlicher Körper wurde mit der Situation spielend fertig.
Ein Herz besaß Cantos nicht. Die Hauptadern bestanden aus spezialisierten Röhrenmuskeln, die das Pumpen besorgten. Sauerstoffaustausch erfolgte auch nicht in einer Lunge, sondern in einer sinnvollen Anordnung von Körpermembranen, durch die der eingeatmete Luftstrom gepumpt wurde.
Dank dieser beiden Komponenten war Cantos wesentlich unempfindlicher als ein Mensch.
Der Genessaner erreichte das Wrack.
Die Zentralkapsel war praktisch alles, was nach der Explosion übrig geblieben war. Sie steckte halb im Sand vergraben.
Cantos fand rasch den Eingang. Eine Waffe besaß er nicht, also war es unmöglich für ihn, sich gewaltsam Zutritt zu verschaffen. Er probierte mehrere Möglichkeiten durch, von außen zu öffnen. Der Mechanismus reagierte nicht.
Bis er einfach dagegenhieb!
Jetzt funktionierte es!
Kein Wunder, denn an Bord hatte der Computer längst Katastrophenalarm gegeben. Aus Sicherheitsgründen blieben die Außenschotts dicht. Cantos hatte mit seiner Maßnahme angezeigt, daß den Insassen ein Verlassen ermöglicht werden mußte. Das seelenlose Bordgehirn hatte eine Außenanalyse vorgenommen und Cantos als mögliche Hilfe erkannt.
Der Genessaner betrat einen Gang, bei dem sich der Boden an der Seite befand.
Kaum befand er sich im Innern, als ihn eine unsichtbare Kraft packte und seine Füße auf den Boden stellte.
An Bord herrschte künstliche Schwerkraft. Deshalb hatten die Grauen auch überlebt. Die Absorber glichen Störungen aus. Viel kinetische Kräfte waren gewiß nicht durchgekommen.
Cantos machte sich auf die Suche nach der Zentrale und dem Funkgerät.
Endlich fand er beides.
Der Außerirdische schöpfte aus dem Wissen, das ihm Karel Krystan überlassen hatte, und wählte eine bestimmte Nummer, denn das Funkgerät ließ sich auch als drahtloses Videophon einsetzen.
Wäre er ein Mensch gewesen, hätte er über das verdutzte Gesicht des Gesprächsteilnehmers gelacht.
*
John Schnayder blickte direkt ins Antlitz des Außerirdischen. Sein Erschrecken war nicht gespielt. Er klammerte sich am Pneumosessel fest.
»John Schnayder, Vertreter des Kaiser-Konzerns hier auf Syrta?« vergewisserte sich Cantos.
Der korpulente Mann vermochte nur zu nicken.
Also doch! dachte er. Er ist unerkannt gelandet.
»Der Aufklärer, der nach dem Rechten sehen sollte, ist leider abgestürzt. Die Besatzung ist wohlauf.«
Die Rebellen! Schnayder schwindelte es. Hätte sich der Boden unter ihm geöffnet, wäre der Schock nicht schlimmer gewesen.
»Ich spreche mit Ihnen, weil ich Sie als kompetenten Mann erachte!«
»Was – was wollen Sie – Fremder?«
»Ich möchte Blutvergießen vermeiden. Sagen Sie das Ihren Freunden bei den Grauen Garden!«
»Ich?«
»Wahrscheinlich ist bereits eine Kampfeinheit unterwegs, um Vergeltungsmaßnahmen wegen des Überfalls zu beginnen. Sie können sich denken, was das bedeutet. Ich werde mich wehren.«
»Warum haben Sie das getan? Warum dieser Überfall? Er ist doch sinnlos!«
»Das weiß ich inzwischen auch, aber ich lernte die Menschheit bisher als sehr gewalttätig kennen.«
Schnayders Gedanken überschlugen sich. »Was gedenken Sie zu tun?« fragte er.
»Mich zu verteidigen! Sorgen Sie für eine Art Waffenstillstand zwischen den Grauen und den Rebellen. Das weitere wird sich finden.«
Cantos unterbrach die Verbindung. Er dachte über das nach, was er soeben eingeleitet hatte.
Die Beschäftigung mit den Rebellen hatte seinen Horizont zum Verständnis der menschlichen Rasse eingeengt. Das war ihm inzwischen längst klargeworden. Aber er hatte mit seiner Teilnahme an dem Kampf einen Weg beschritten, auf dem es kein Zurück mehr gab.
Es war undenkbar, daß er sich in sein Schiff setzte und zum Planeten Erde, der Zentralwelt dieser Rasse, flog, um dort vor der Kaiser-Kraft zu warnen, die eine Gefahr für das Universum darstellte. An wen sollte er sich wenden? Wer würde
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