Die Terranauten 021 - Todeszone Oxyd
beinahe Mitleid mit ihm. Teufelszeug, diese Droge! dachte er abermals.
Die Straße wirkte verlassen. Sämtlicher Verkehr war zum Erliegen gekommen. Selbst die Laufbänder funktionierten nicht mehr.
Der Noman warf den Kopf in den Nacken. Über die Häuser hinweg orgelte ein Gleiter. Eine Rauchfahne stieg aus seiner Flanke. Der Gleiter verschwand aus Braks Gesichtsfeld. Sekunden später hörte Brak den Aufschlag. Eine Feuersäule schoß zum Himmel, begleitet von tausendstimmigem Geschrei.
Dort mußte sich die Masse der Leute aufhalten!
Kaum hatte Brak das erwogen, als schon die ersten aus einer Seitenstraße rannten.
Angst erzeugt Panik und Panik erzeugt Gewalt! Brak sah die irren Blicke und wandte sich sofort zur Flucht. Von den Millionen Erdenbürgern suchten alle nach einem Ausweg, nach einem Fluchtraumschiff. Offensichtlich gab es keine mehr. Aber das wollte niemand begreifen. Deshalb drehten die Menschen durch.
Die Propaganda versagte.
Brak Shakram rannte um sein Leben, und Alberti rannte mit.
Als er einmal zum Himmel blickte, erschrak er.
Es war heller Tag, doch aus dem All wälzte sich etwas heran – eine graue Masse.
Die zweite Welle der Grauen Flut.
Vielleicht würde sie noch schrecklicher sein?
Brak Shakram hatte den Rand der Stadt erreicht. Vor ihm türmten sich die Ruinen von Alt-Berlin, wo es eine große Noman-Kolonie gab. Dort hatte er Zuflucht suchen wollen. Jetzt war es zu spät dazu. Obwohl die Verfolger dicht hinter ihm waren, ließ er sich zu Boden fallen. Seine Hände verschränkten sich im Nacken. So hatte er es im Trainingslager der Grauen Garden gelernt.
Alberti landete neben ihm und tat es ihm gleich.
Rechtzeitig, bevor sich die Hölle auf tat!
Die irren Verfolger beachteten die Gefahr zunächst gar nicht. Sie konzentrierten ihren Haß auf die beiden Flüchtlinge, obwohl die ihnen nichts getan hatten. Dabei übersahen sie die Graue Flut aus dem All.
Ein flirrendes Meer grauer Partikelchen, die jeden festen Gegenstand durchdrangen, als wäre er nicht vorhanden. Sie selbst waren eigentlich absolut harmlos, die optische Erscheinung der Weltraum-II-Energien. Doch mit ihnen kamen die Schwerkraftwellen!
Einer der Wirbel griff direkt in die Menschenmasse hinein. Die anderen sahen mit an, wie ihre schreienden Begleiter hoch über den Dächern der Häuser verschwanden.
Das Erdbeben, das als nächstes entstand, war wesentlich heftiger als bei der ersten Welle. Die Gebäude begannen bedenklich zu wanken.
Brak Shakram dachte: Es wird vorbeigehen, und dann muß ich schnell sein, ehe sich die Wahnsinnigen wieder formieren.
Alberti, du verdammter Narr. Was hast du von einem Raumschiff gefaselt? Wie soll ich das Schiff finden? Warum hast du mir nicht erklärt, wo sich das Ding befindet?
*
Cantos war im Schiff. Er dachte im Schiff. Er war eins mit dem Schiff. Er war das Schiff!
Seine Sensoren nahmen auf. Sie sondierten die Funkwellenmuster, analysierten, verglichen, werteten aus.
Denn Cantos war nicht nur das Schiff, sondern auch der Computer. Sein Geist durchdrang die Schiffszelle, belauschte und beobachtete den Weltraum – und war unsichtbar!
Der Ortungsschutz funktionierte hundertprozentig. Man wußte zwar von seiner Anwesenheit, aber mehr nicht.
Und jetzt empfing er eine der Propagandasendungen von der Erde. Man versuchte, die weltweite Panik zu dämpfen. Ergebnislos. Die Katastrophe suchte die Erde heim – noch Stunden bevor Oxyd in die kritische Entfernung kam.
Cantos war bestürzt über die Tatsache, daß man nichts über seinen offiziellen »Tod« verbreitete.
Und dann kamen prompt die entsprechenden Aufzeichnungen! Als hätte man seine Gedanken empfangen und setzte sie in die Tat um.
Noch einmal das verzerrte Portrait von Cantos als Monster. Nein, so sah er gewiß nicht aus. Er war nicht die furcht-, ja ekelerregende Karikatur eines grünen Frosches, dessen einziges Zyklopenauge gefährlich und aggressiv glühte – gleich Oxyd, der auf seiner tödlichen Bahn zur Erde raste.
Das Bild wechselte mit dem schönen, aber irgendwie herb und hart wirkenden Gesicht einer Queen der grauen Garden.
»Cantos!« sagte sie eindringlich. »Er war hier, um sein Werk zu vollenden, und jetzt lebt er nicht mehr.«
Bilder aus dem Weltraum. Ein Ringo-Raumer auf der Flucht vor den Grauen Garden. Funkwellensalat, und dazwischen, immer deutlicher werdend, die Stimme einer Frau, die von dem Fliehenden Identifizierung verlangte.
Der Ringo-Raumer eröffnete das Feuer. Nun war man
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