Die Terranauten 030 - Blick in die Vergangenheit
krampfte seine Hand um ihren Arm.
»Ruhe!« zischte er. »Wenn du jetzt protestierst, verrätst du uns. Growan braucht nicht zu erfahren, daß wir dich befreit haben.«
Myriam nickte ihm unmerklich zu und stand langsam auf, um den anderen zu folgen. Asen-Ger war etwas zurückgeblieben und gesellte sich zu Mar-Estos, der als letzter den Raum verließ.
»Nach dem Fest treffen wir uns in Ödrödir«, sagte er in normalem Plauderton und nickte Luzia zu, die eine Besichtigung gefangener Relax den Videobändern im Unterhaltungszimmer vorgezogen hatte. »Und bring die anderen mit. ALLE anderen! Vergiß es nicht.«
Luzia sah ihm mißbilligend nach und streichelte Mar-Estos über den Nacken. »Laß dich von dem Kerl nicht überreden, in Devarieux’ Haus zu gehen«, mahnte sie schmollend.
»Wie kommst du darauf?« fragte Mar-Estos verblüfft.
»Na, es ist doch immer dasselbe. Die Konzernherrschaften kommen angeblich zu einer geschäftlichen Unterredung, und dabei haben sie es nur darauf abgesehen, sich ein paar lustige Tage zu machen. Und dieser Asen-Ger besonders. So wie der sich anzieht, versucht er es bestimmt bei jeder Frau.«
»Wenn du meinst«, erwiderte Mar-Estos philosophisch.
*
»Vier Gefangene?« fragte Growan ungläubig. »Wollt ihr mir weismachen, daß nur vier Männer die Wartungshalle so gut wie völlig zerstört haben?«
»Es war sogar nur einer, Alter!« zischte Mar-Estos unhörbar zwischen zusammengebissenen Zähnen und verdrängte das stille Gesicht Kuhns mit den toten Augen gewaltsam aus seiner Erinnerung.
»Es war eine ganze Horde«, erklärte der Hauptmann der Grauen ruhig. »Aber sie setzten sich unerwartet heftig zur Wehr. Diese vier konnten wir lebend einfangen. Die übrigen werden gerade zum Krematorium gebracht.«
»Sehr gut. Erkennst du einen von ihnen?« wandte Growan sich an Myriam.
»Sie waren maskiert«, antwortete sie und musterte die ausdruckslosen Gesichter der vier. Wahrscheinlich hatte man sie mit einer Droge gefügig gemacht, und sie begriffen gar nicht, was mit ihnen geschah. Ihr drehte sich der Magen um.
»Gebt ihr zu, die Biologin Myriam gefangen und gefoltert und in eurer sinnlosen Raserei auch noch die Anlagen Davannons vernichtet zu haben?« fragte Growan scharf.
Einer der Relax nickte ruckartig. »Wir geben es zu«, sagte er monoton.
»Und warum? Wart ihr euch nicht der Strafe bewußt, die ihr zu erwarten hattet?«
»Sie ist auch eine von den Verfluchten, die vom bösen Willen des todbringenden Baumes besessen ist«, knurrte der Relax.
»Was für ein todbringender Baum?«
»Seinen Namen dürfen wir nicht nennen. Der Prophet hat es verboten. Es ist der, der die Seelen der Gestorbenen aus dem Jenseits ruft, damit sie uns mit sich nehmen. Auch sie betet die blutsaugende Blume an und wird von ihr in das Land getragen, das kein Lebender betreten darf.«
»Wie ich gesagt habe«, bemerkte Gayheen selbstzufrieden. »Religiöse Schwärmer. Bedauernswerte Narren. Nicht nur in Ultima Thule wimmelt es davon, aber jetzt werden sie hoffentlich für eine Zeitlang Ruhe geben.«
Growan tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Ihr wißt, was euch bevorsteht«, sagte er abschließend. »Queen Nofert, Ihr seid mir verantwortlich, daß diese vier Verbrecher umgehend in die Mondkerker abtransportiert werden. Sie bleiben im Haupttrakt, bis einer der Konzerne Verwendung für sie hat. Was mit ihnen geschieht, ist mir gleich, solange sicher ist, daß sie Luna nie wieder verlassen.«
Queen Nofert nickte knapp. Ein Wachtrupp von Grauen trieb die Relax durch die Tür auf einen Panzergleiter zu, der vor dem Palast in Warteposition schwebte.
Growan nahm Myriam behutsam am Arm und führte sie in den Speiseraum zurück.
»Ich hoffe, du bist jetzt beruhigt«, sagte er. »Die Sache ist aufgeklärt. In bezug auf Gayheen hast du dich geirrt, und es würde mich freuen, wenn du dich mit ihm aussöhnen könntest.«
Myriam sah ihn geistesabwesend an. Ihre Gedanken kreisten um eine Möglichkeit, sich an Gayheen zu rächen, aber Growan hielt ihr Schweigen für Zustimmung und lächelte glücklich. Ihm und auch keinem anderen fiel auf, daß Djinders, Asen-Gers Begleiter, mit Clint Gayheen in der Halle geblieben war.
*
»Valdec war nicht begeistert, als er erfuhr, daß die Sache mit Myriam schiefgelaufen war!« sagte Djinders schadenfroh. »›Nicht begeistert‹ ist noch untertrieben. Er war nahe daran, wütend zu werden, und das will bei ihm was heißen. Immerhin hat er große
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