Die Terranauten 030 - Blick in die Vergangenheit
auch große Frauen.«
Er winkte in Growans Richtung und verschwand mit Djinders durch die Tür zum Gästetrakt, bevor sie ihn fragen konnte, ob er telepathische Fähigkeiten besäße. Growan terGorden, der mit einem gefüllten Pokal in der Hand zu ihr trat, holte sie außerdem rasch in die Wirklichkeit zurück. Myriam zwang sich zu einem Lächeln.
»Es war ein etwas anstrengender Abend«, sagte sie. »Worüber wollt Ihr mit mir sprechen?«
Growan zog sich einen Stuhl heran. Sein Gesicht war vor Aufregung hochrot, und er drehte den bis zum Rand gefüllten Pokal so hastig zwischen den Fingern, daß der rote Wein überschwappte und einen grellen Fleck auf seiner gelben Hose bildete.
»Ich weiß nicht recht, wie ich anfangen soll«, sagte er stockend. »Früher, als jungem Mann, wäre es mir nicht schwergefallen, einer Frau einen Heiratsantrag zu machen, aber jetzt, da ich mich in den Vierzigern befinde …«
Schwindler! dachte Myriam. Du wirst nächsten Monat fünfzig.
»Es ist nicht mehr so einfach. Nur, als ich jung war, ist mir nie eine Frau begegnet, die ich für immer bei mir haben wollte. Ich war wohl auch nicht so anziehend, daß die Frauen sich in mich verlieben konnten.«
Myriam betrachtete ihn. Nein, schön war er wirklich nicht, und seine Marotten mußten nervtötend sein. Gleichzeitig aber mußte sie zugeben, daß er ein gutherziger und toleranter Mann war und sogar ehrlich – soweit ein Generalmanag ehrlich sein konnte. Alle Autorität und Härte waren aus seiner Haltung verschwunden. Vor ihr saß ein ältlicher, nicht sehr attraktiver Mann, der sich das erste Mal in seinem Leben den Luxus eines Abenteuers gestattete. Myriam schwieg. Sie wußte einfach nicht, was sie sagen sollte.
»Ich mußte erst in meine mittleren Jahre kommen, um eine Frau zu finden, die mir Gefährtin und Partnerin gleichzeitig sein könnte. Eine Frau, die nicht nur schön, sondern auch klug ist und …«
Was, und? dachte Myriam. Nun sag schon. Ein Mann in deinem Alter braucht nicht mehr schamhaft zu sein.
»… und jung genug, mir Kinder zu gebären.«
»Und diese Frau bin ich?« fragte Myriam direkt.
Growan trank zwei große Schlucke, hustete und nickte.
»Ich will dich natürlich zu nichts zwingen oder überreden«, versicherte er unbeholfen. »Aber ich kann dir ein angenehmes Leben bieten, und wir werden uns bestimmt gut verstehen. Ich empfinde große Achtung vor dir und würde dir einen Teil des Konzerns übertragen, so daß wir zusammen die Leitung innehätten. Das ist doch eine interessante Aufgabe für eine Frau mit deinen Fähigkeiten.«
Myriam faltete die Hände im Schoß und betrachtete intensiv das schwarzweiße Muster ihres langen Kleides.
»Und Yggdrasil?« fragte sie. »Meine Stellung als Chefbiologin?«
»Du könntest dich natürlich jederzeit über den Stand der Forschungen informieren«, beeilte sich Growan zu sagen.
»Einmal im Monat könnten wir eine Besprechung abhalten, in denen du Ratschläge und Anregungen geben kannst. Chefbiologin kannst du natürlich nicht bleiben. Als Gattin eines Manags hast du viele Aufgaben, die dir kaum Zeit für die Forschung lassen werden.«
»Und die Kinder«, fügte Myriam hinzu. »Sie werden mir auch keine Zeit lassen.«
»Ja – und die Kinder«, sagte Growan und schwieg.
»Wer wird an meiner Stelle Chefbiologe?« fragte Myriam nach einer Weile.
Growan hob den Kopf und starrte sie ungläubig an. Er vergaß, daß er seinen Pokal auf der breiten Stuhllehne abgestellt hatte, und sprang so hastig auf, daß der Pokal zu Boden polterte und der Wein in den schweren Teppich sickerte.
»Du bist also einverstanden, ja?« rief er. »Habe ich richtig gehört?«
Er wartete Myriams Antwort gar nicht ab, sondern riß sie in die Höhe, drückte sie an sich und küßte sie schmerzhaft auf die Stirn.
»Ich hätte nie geglaubt, daß du meinen Antrag annehmen würdest«, sagte er, und seine Stimme war schrill vor Aufregung. »Du bist noch so jung und unbeherrscht, daß ich befürchtete, du würdest mich auslachen. Aber dein Ungestüm wird sich schon legen, wenn wir erst verheiratet sind. Ich werde dich unterrichten, wie man als Frau eines Manag Gäste empfängt und bewirtet. Das alles ist bestimmt fremd für dich, aber du wirst es schon lernen. Haltung und Würde bewahren, das ist das Wichtigste, und niemals so laut lachen, wie du es heute abend getan hast. Aber daran war Asen-Ger schuld, der schreckliche Mensch. Du mußtest ja lachen, um ihn nicht zu kränken.«
Myriam lag
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