Die Terranauten 038 - Nardas Kampf
starken PSI-Dämpfungsmittel behandelt worden war. Damals hatte Rollo sie psychisch wieder aufgerichtet. Ohne seine Hilfe hätte sie sich aufgegeben wie viele der Freunde, die gestorben waren. Rollo, der Mann, der immer so etwas wie ein Vater für sie gewesen war, umgebracht von planetaren Polizisten im Dienste Valdecs.
Narda biß hart die Zähne zusammen. Die grenzenlose Wut in ihr verlangte nach Rache, nach Aktion, aber sie wußte nur zu genau, daß sie machtlos waren. Auf der Flucht, immer nur auf der Flucht …
Rollo, nur noch eine Erinnerung, zurückgeblieben auf einer feindlichen Welt …
»Starke energetische Aktivität auf dem Raumhafen«, meldete Dania Makiri. »Diesmal schlafen sie nicht wie auf Taschkanur. Sie reagieren sofort.«
Der zweite Planet der roten Riesensonne Vennigat fiel weiter zurück. Er wurde wieder zu einer wolkenverhangenen Kugel. Cler Masurin und Yoron Errehan steuerten den Ringo durch den Gürtel wartender Frachtschiffe in verschiedenen Orbithöhen. Diese Raumschiffe waren ungefährlich. Wenn sich hier aber irgendwo Wachschiffe verbargen, Kampfraumer in Warteposition, dann waren sie schon so gut wie erledigt.
»Narda«, sagte Greeny leise. »Rollo ist tot, du kannst nichts daran ändern. Wir können nur unseren Weg fortsetzen, damit sein Tod nicht umsonst war …«
»Du … Du hast recht.« Zwei große Tränen standen in ihren Augenwinkeln, rollten langsam die Wangen hinab. Sie sah Rollos Gesicht vor sich, lachend oder auch zweifelnd. Noch einmal spürte sie seine Wärme, als sie sich damals im Internierungslager unter seine Decke gekuschelt hatte, als sie einen ihrer nächtlichen Ausflüge unternommen hatte und überraschend ein Wächter auftauchte. Nie wieder, für immer vergangen.
»Energetische Aktivität steigt weiter«, sagte die Treiberin fast tonlos und wandte ihren Blick nicht von den Ortern. »Es … Augenblick. Start! Zwei … Nein, drei Schiffe starten mit hoher Beschleunigung. Das ist ein Alarmstart!«
Makiri sah kurz auf.
Sie alle wußten, was das bedeutete.
»Diesmal kommen wir nicht so leicht davon«, sagte Narda tonlos. »Wir sind noch zu nahe. Die Kampfschiffe können uns ohne Schwierigkeiten orten und den Kurs bestimmen. Sie werden die SONNENWIND finden. Wir sind sowieso nur noch auf freiem Fuß, weil diese Randwelten kein Geld für eine vernünftige Raumüberwachung haben.«
Sie hob den Kopf und blickte auf die Bildschirme. Sie waren auf optische Erfassung geschaltet, und die pulsierenden Ortungsreflexe der verfolgenden Schiffe waren eingeblendet.
»Die Beschleunigung ist ungeheuer hoch«, sagte Dania Makiri verwundert. »Es sind … Trichterschiffe! Kaiserkraft-Raumer!«
Narda spürte plötzlich den Hauch von etwas Fremdem, etwas Bedrohlichem, und für einen Augenblick horchte sie in sich hinein.
»Kaiserkraft«, kam es von ihren Lippen. »Ja, es ist Kaiserkraft.«
»Kurs gesetzt«, meldete Kar Dougster und warf einen besorgten Blick in Richtung des PSI-Mädchens, dem seine besondere Sympathie galt.
»Gut.« Das Gesicht Cler Masurins war verkniffen. »Alle Systeme aus. Wir wollen doch mal sehen, ob uns die Burschen noch orten können, wenn wir uns totstellen.«
Ein paar Sekunden später verstummte das Singen der Anlagen, und die Dämmerung der Notbeleuchtung hüllte sie ein. Plötzlich waren nur noch die nervösen Atemzüge der Treiber zu hören. Die Stille hatte etwas an sich, das die Angst schürte und die Phantasie düstere Bilder malen ließ …
Und dann war da noch etwas anderes, etwas, das die Treiber durchzuckte wie jäh freigewordene Elektrizität.
Hilfe!
Der gedankliche Schrei eines Treibers raste durch ihre Hirne und lähmte ihre Bewußtseine. Nur Greeny blickte sich nervös um, als sie die erstarrten Gesichter ihrer Gefährten wahrnahm.
Wir sind Treiber wie du, gab Narda zurück, und sie legte die ganze Stärke ihrer Begabung in diesen psionischen Impuls. Sie fühlte ganz deutlich, daß der, der den Ruf nach Hilfe ausgesandt hatte, ihre Antwort empfing. Es mußte ein Treiber mit einem unerhört hohen PSI-Potential sein, jemand, der ebenfalls der Lobotomie entgangen war.
Panik. Entsetzen. Angst. Namenloses Grauen.
Der telepathische Schrei umfaßte das ganze Kaleidoskop dieser Empfindungen. Narda war erschüttert, und die Erinnerungen an die verkrümmte Gestalt Rollos, seine klaffende Rückenwunde, seine gebrochenen Augen wurden davon zur Seite gedrängt.
Wer bist du? Wo bist du? Was können wir tun?
Angst, diese furchtbare Angst.
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