Die Terranauten 054 - Der Sturz des Lordoberst
»wir können nicht einmal sicher sein, daß die Grauen hier im entscheidenden Moment auch kämpfen. Schon jetzt gibt es genug Schwierigkeiten mit ihrer Konditionierung. Valdec hat es geschickt verstanden, seinen Putsch als Rettung des Konzils zu kaschieren. Diese Propaganda zeigt allmählich Wirkung.«
»Die sich vermutlich verstärken wird«, stellte Tyll stirnrunzelnd fest, »je mehr Valdec seine Position konsolidiert. Die Generalmanag von IWF ist tot?«
TerCrupp nickte wortlos.
Einen Moment herrschte Schweigen.
»Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus?« fragte der Lordinspekteur schließlich.
Mira und terCrupp wechselten einen raschen Blick.
»Im Augenblick sind uns die Hände gebunden«, antwortete der Bärtige dann. »Fay Grays Legionen haben sämtliche wichtigen Einrichtungen besetzt und übernommen. Vor wenigen Minuten wurde über die hiesige RMN-Station verbreitet, daß unsere Konzerne unter Kaisers kommissarische Leitung gestellt wurden. Wir gelten als Hochverräter – ebenso wie alle anderen bekannten Mitglieder der konzilsinternen Opposition.
Die Manags, die Valdec loyal zur Seite stehen, werden offenbar noch geschont. Aber meiner Meinung nach ist es nur eine Frage der Zeit, bis Valdec auch nach ihnen greift.«
TerBarden fuhr fort: »Uns ist es gelungen, kurzfristig den Datenstrom der terrestrischen Raumüberwachung anzuzapfen. Cosmoral Grays Flotte hat bis auf zwölf Schiffe einen Orbit nahe der Marsbahn eingeschlagen. Das restliche Dutzend kreist um den Mond, um Chan de Nouille kaltzustellen.«
»Die Terranauten?« warf Tyll ein.
»Haben offenbar Lunaport erreichen können.« Anlyka terCrupp kicherte. »Darauf baut sich auch unsere Hoffnung, obwohl ich niemals gedacht hätte, diesem Gezücht etwas Gutes zu wünschen. Wir sind überzeugt, daß die Große Graue einen Plan verfolgt. Eine Hochrechnung hat ergeben, daß die vielversprechende Aktion darin bestehen würde, die Grauen an Bord der Flotte davon zu überzeugen, daß Valdec nicht im Interesse des Konzils handelt, daß es ihm nur um das Wohlergehen Kaisers geht.«
Tyll knöpfte seine schwarze, steife Jacke auf. Es war warm in diesem Raum. »Sie haben sicher recht«, stimmte er der Generalmanag des Allwelten-Stahl-Konsortiums zu. »Wenn Chan de Nouille das gelingt, hat Valdec verspielt.«
»Und dann«, bestätigte Mira, »können wir auch wieder auf unsere Konzern-Garden zurückgreifen und diesem verfluchten Renegaten den Prozeß machen. Ihm und seinen drei Komplizen.«
Anlyka terCrupp setzte gelassen ein neues Narkostäbchen in Brand. »Unterschätzen Sie diese Viererbande nicht«, sagte sie leise. »Valdec ist mit Sicherheit über diese Schwachstelle in seinen Plänen informiert. Er hat noch einen Trumpf im Ärmel; davon bin ich fest überzeugt.«
Zittrig stieg der Rauch ihres Narkostäbchens in die Höhe und wurde von der Klimaanlage angesaugt.
Sie hat recht, dachte Ignazius Tyll. Aber – wie sieht dieser Trumpf aus? Wie will Valdec verhindern, daß er mit einemmal ohne seine Grauen dasteht?
Und er dachte: Die Entscheidung fällt dort oben auf Lunaport. Vielleicht haben die Terranauten eine Idee. Oder Chan. Sie müssen etwas unternehmen, denn uns – uns bleibt nichts als das Warten.
*
Die Frau hieß Ance Kjarleinen. Die Frau war eine Relax, doch sie trug die teure, weitfallende Kleidung eines Servis, fuhr einen Luxusschweber und besaß eine ID-Marke, die ihr den Zugriff auf das Sonderkonto der Servis-Gilde gestattete und sie als Ilina Chowtschenko auswies, Händlerin für Computerbauteile und Kaltkristallmonitoren.
Servis waren – ebenso wie die Arbiter – noch nicht von den Ausgangssperren betroffen, die vor allem auf die unruhigen Relax zugeschnitten waren. Die Manags reisten derzeit ohnehin nur unter dem Schutz von Graugardisten – wenn sie es nicht vorzogen, in der Sicherheit ihrer Villen und Protoppaläste zu bleiben.
Die Frau war Mitglied der Menschenrechtsgruppe Salvadore Allende.
Mit hoher Geschwindigkeit raste der bodengebundene Schweber über die Ausfallstraße, die Sao Paulo, Region BRASIL, in nördliche Richtung verließ und achthundert Kilometer weiter auf Ciudad Binochet traf. Ciudad Binochet am Fluß Parana, in der sich die südamerikanische Zentralbasis der Grauen Garden befand.
Und die von einem Ring pilzförmiger Kollektoren umgeben war, die die Mikrowellenstrahlung der Energiesatelliten aufnahmen und das Territoriale Überwachungssystem der Grauen mit Strom versorgten.
Kurz vor Ciudad Binochet
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