Die Terranauten 054 - Der Sturz des Lordoberst
blockierten gepanzerte Gleiter der Legion Gray die Straße.
Die Computerspur, die unter dem Straßenbelag verborgen war, verringerte automatisch die Geschwindigkeit vom Kjarleinens Schweber und ließ ihn am asphaltierten Rand nahe des rekultivierten Dschungels halten.
Die Grauen reagierten schnell, umringten den Schweber, und die untersetzte, kräftige Frau blickte in die glühenden Fokuskristalle entsicherter Laser.
Die Kontrolle war gründlich. Ihre ID-Karte wurde über einen mobilen Terminal an die Personendatei in Genf gefunkt und überprüft und ihr Körperelektrizitätsfeld mit den gespeicherten Informationen verglichen. Man checkte ihre Papiere, die bewiesen, daß eine unaufschiebbare geschäftliche Verabredung sie nach Ciudad Binochet führte. Man durchsuchte ihren Schweber und ihr persönliches Gepäck.
Die Kontrolle war gründlich. Doch man fand nichts.
Die falsche Servis durfte weiterfahren.
Eine halbe Stunde später die zweite Straßensperre. Diesmal war die Überprüfung noch genauer.
Und der Hauptmann der Grauen wurde mißtrauisch. Er ordnete an, Kjarleinens Gehirnwellenmuster abzutasten.
Die Frau zögerte eine kurze und doch schrecklich lange Sekunde. Dann biß sie fest auf ihren rechten unteren Weisheitszahn. Der Druck löste das getarnte antimagnetische Funkgerät aus. Es gab einen kurzen Impuls von sich.
Das in der Lenksäule ihres Schwebers eingebaute, aus neutralem, ortungstechnisch nicht erfaßbarem Spezialkunststoff bestehende Selbstlenkgeschoß registrierte den Impuls. Sie hätte es dicht vor Ciudad Binochet ausbauen und abfeuern sollen, um die Haupttransformatorstation der Mikrowellenkollektoren zu zerstören.
Die Entscheidung des Hauptmanns machte die Ausführung ihres Plans unmöglich und würde ihr das Leben kosten.
Das Selbstlenkgeschoß explodierte.
Nur kurz, doch hell wie eine Sonne wetterleuchtete der Feuerblitz über dem schweigenden, nächtlichen Dschungel.
*
»Also«, stellte Llewellyn 709 nicht ohne Befriedigung fest, »haben Sie die Maske endgültig fallen gelassen.«
Die Frau, die vor ihnen in dem unterlunaren Bunker stand, war schlank und hochgewachsen und besaß wallendes rotes Haar, makellose, feinporige Haut und wohlproportionierte Brüste, die sich genau wie die feinen Umrisse ihres Schoßes unter der straffen, engen silbergrauen Uniform abzeichneten.
Die Frau war schön, und trotz der nüchternen, technischen Umgebung des monitorgesäumten Raumes strahlte sie Erotik aus; nicht den platten, vordergründigen Sex von Relax-Girls, sondern den einer reifen, selbstbewußten Frau.
Sie hieß Chan de Nouille und war die Herrin der Grauen Garden – auch wenn ihre Macht im Schwinden begriffen war.
Die Große Graue lächelte Llewellyn kühl zu. »Meine Existenz als Helena Koraischowa hat ihren Zweck erfüllt. Man muß wissen, wann es Zeit wird, überkommene Strategien über Bord zu werfen, oder man wird von den Ereignissen überrollt.«
Llewellyn 709 verkniff sich eine spitze Bemerkung und setzte sich in einen der bereitstehenden Servosessel. Asen-Ger, Narda, Mandorla und Chan de Nouille folgten seinem Beispiel.
»Nun«, fragte der Riemenmann, »Ihre Gesandte, die Queen Anafee, hat davon gesprochen, daß wir Ihnen für unsere Rettung etwas schulden. Was verlangen Sie?«
Chan de Nouilles feines Lächeln wurde noch um eine Spur breiter, und fast mußte sich der Riemenmann zwingen, nicht zu vergessen, daß dies vor ihm eine Graue war. Keine normale Frau, sondern eine gefühlsreduzierte, nüchtern, rein nach logischen Gesichtspunkten agierende Politikerin und Kämpferin. Aber war sie das wirklich? Llewellyn bedauerte, daß David nicht hier war. David terGorden war der einzige, der Chan näher kannte. Was, zum Teufel, mochte auf Rorqual los sein? Seit drei Wochen hatten sie nichts mehr von der Terranauten-Basis gehört.
Chan de Nouilles Zusammenarbeit mit den Terranauten beruhte auf Nützlichkeitserwägungen. Sollte es opportun werden, würde sie sie wie schon in der Vergangenheit von ihren Gardisten gnadenlos jagen lassen.
Llewellyn 709 grinste schief hinter dem goldenen Riemengeflecht, das sein Gesicht vor allen Blicken verbarg und dessen Thingsteinbelag die zerstörerischen PSI-Emissionen seines Körpers absorbierte.
Nie hätte er es für möglich gehalten, jemals in einer Front mit Chan de Nouille und verschiedenen Manags des Konzils gegen den Lordoberst zu kämpfen.
Aber, dachte er, das sagt genug über die Gefährlichkeit dieses Mannes. Er kann uns
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