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Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Die Terranauten 055 - Das Wrack-System

Titel: Die Terranauten 055 - Das Wrack-System Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Roland
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einem rituellen Pfeiflaut und suchte in gemächlichem Watschelgang seinen Platz auf. »Ich habe eine persönliche und leibhaftige Zusammenkunft gefordert«, begann er, sobald er in der Sitzschale ruhte.
    »Du hast eine persönliche und leibhaftige Zusammenkunft gefordert«, bestätigten Ngk-gak, Ngk-gek und Ngk-gok ihm bereitwillig. »Deshalb sind wir im Saal der Vierlingsberatung zusammengekommen.«
    »Ich muß einen Fall von Vierlingsunlust zur Sprache bringen«, fügte Ngk-guk hinzu.
    »Er muß einen Fall von Vierlingsunlust zur Sprache bringen?« Die drei anderen Viergefährten befleißigten sich aller Anzeichen der Entrüstung und Mißbilligung. Ngk-gak ergriff das Wort. »Wer unter uns hat diese gefährtenscheue monolithische Tendenz?«
    »Wer?« wiederholte in läppisch gespielter Aufregung Ngk-gok.
    »Es liegt kein individueller Fall vor«, erwiderte Ngk-guk. »Vielmehr habe ich eine kollektive Erscheinung beobachtet.« Er konnte kaum noch verhindern, daß seine Kehllappen vor Belustigung zu schlackern anfingen.
    »Eine kollektive Erscheinung?« vergewisserte sich Ngk-gek. »Was hat das zu bedeuten?«
    »Wie meinst du das?« wollte Ngk-gak erfahren.
    »Ich will es euch zeigen.« Mit geschmeidiger Bewegung zog Ngk-guk den Trommelrevolver. Er zielte nur des Effekts halber auf die drei Gestalten, als er dreimal abzog. Das dreifache Knallen erzeugte Schwingungen, die auf die hauchdünnen molekularen Schichten, aus denen die Umformer-Erzeugnisse bestanden, zerstörerisch wirkten. Die drei Pseudos zersetzten sich; sie schienen sich in Flocken aufzulösen. Auch die Nachahmungen der Waffe und der Weste zerfielen, aber Ngk-guk konnte sie jederzeit nochmals reproduzieren. »Seht ihr nun, wie die Vierlingsunlust unter uns um sich gegriffen hat?« meinte er in kauzigem Humor. Er wußte, daß die Viergefährten ihn in ihren Privatquartieren hörten. »Mir blieb nichts anderes übrig, als euch zur letzten Erkenntnis zu verhelfen …« In den philosophischen Konzeptionen von Ngk-guks Rasse galt jede unvermutete Einsicht in eigene negative Aktivitäten als »letzte Erkenntnis«: als letzte Chance vor dem bösen Ausgang. »Der Erkenntnis, daß ihr euch mir gegenüber falsch und unaufrichtig verhalten habt. Und vielleicht sogar … untereinander.«
    Für einige Zeit saß Ngk-guk still im Saal der Vierlingsberatung. Das sanfte rote Licht schmeichelte den rundlichen Konturen der Kommunikations- und Darstellungsapparate, machte ihre Umrisse weicher. Er stellte fest, daß er die Weste und den Revolver vermißte. Sein Triumph hatte seinem Gemüt erhabene Ruhe eingeflößt. In dieser Verfassung dachte er über einen Ausweg nach.
    Als seine drei Viergefährten in den Saal kamen, hatte er ihn gefunden. Sie zeigten sich mit eingezogenen Köpfen, so daß nur die Augen und Ohren noch aus dem Halswulst der chitinartig gepanzerten Leiber ragten – eine Geste tiefster Beschämung und Erniedrigung. Selbst Ngk-gek ließ sich nichts mehr von seiner Aggressivität anmerken. »Wir betreten den Saal der Vierlingsberatung … Persönlich und leibhaftig«, nuschelte er in seine gegenwärtig gefältelten Kehllappen. »Wir kommen in der letzten Erkenntnis …, dich und einander betrogen zu haben.« Er scharrte verlegen mit allen drei Beinen.
    »Jeder von uns dachte«, fügte Ngk-gak hinzu, »er allein bediene sich aus Bequemlichkeit eines Pseudos …«
    »Jeder von uns dachte«, ergänzte Ngk-gok, »nur er sei der anderen Viergefährten überdrüssig.«
    »Eure Vierlingsunlust hat uns weit von der Harmonie abirren lassen, die unsere ethischen und moralischen Prinzipien von einer Geschlechtsgruppe erwarten«, sagte Ngk-guk in liebevoller Nachsicht. »Aber meine Schuld war nicht geringer. Ich bin zu der letzten Erkenntnis gelangt, mich in elitärer Monomanie gesuhlt zu haben, denn ich habe erwogen, mich allein und ohne euer Einverständnis und Wissen mit den Fremden in Verbindung zu setzen.« Unterwürfig zog er den Kopf ein und lugte über den Rand seines Halswulstes vorsichtig in die Runde.
    »Allein und ohne unser Einverständnis?« heulte Ngk-gek und fuhr ruckartig seinen Kopf aus.
    »Allein?« seufzte Ngk-gak. »Allein?« Anscheinend konnte er es nicht fassen. »Eine solche Verantwortung hättest du auf dich genommen? Du wärst daran verzweifelt, Ngk-guk.« Er watschelte herüber und legte seine Händchen an Ngk-guks Halswulst. »Wir haben dich allein und im Stich gelassen, während wir als deine Viergefährten doch die Pflicht besitzen, dir auf

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