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Die Terranauten 056 - Die Drachenhexen

Die Terranauten 056 - Die Drachenhexen

Titel: Die Terranauten 056 - Die Drachenhexen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conrad C. Steiner
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Grauen von Woche zu Woche wachsamer wurden, konnte man allein daran ablesen, daß die bestechlichen Beamten immer weniger wurden. Offenbar fand derzeit ein großes Austauschprogramm statt.
    Nell ließ ihr Bündel neben dem Tresen auf den Boden fallen und bestellte sich ein Frühstück und einen Rhonga.
    Haynor, der fettleibige Wirt, sah überrascht auf.
    »So früh am morgen schon harte Sachen, Nell?« fragte er stirnrunzelnd. »Ich kann nicht sagen, daß mir das gefällt.«
    »Du lebst doch davon, Alter«, sagte Nell lachend und kletterte auf einen Barhocker. »Außerdem habe ich durchaus vor, zuerst etwas zu frühstücken.«
    Während Haynor sich in der kleinen Küche zu schaffen machte, nahm Nell die Gelegenheit wahr und schaute sich um. Sie war seit zwei Wochen nicht mehr hiergewesen, und schon kam ihr die Einrichtung fremd vor. Das Mobiliar des winzigen Lokals bestand vorwiegend aus hölzernen Tischen und Stühlen, aber Haynor hatte da und dort eine Nische abgetrennt. An der Decke hing ein altes Fischernetz, und auf den Tischen standen dickbauchige grüne Flaschen, in deren Hälsen bunte Wachskerzen steckten. In den Abendstunden, wenn die Fischer und ihre Mädchen sich hier versammelten, wirkte Haynors Bar manchmal richtiggehend romantisch; jetzt, bei Tag, sah sie eher trostlos und öde aus.
    »Bist du wieder auf Achse?« fragte Haynor, als Nell ihr Frühstück verzehrt und den Rhonga hinuntergekippt hatte.
    »Ich bin fast pleite«, gestand sie. »Und außerdem möchte ich gerne außer Reichweite sein, wenn es hier ernsthaft zu brodeln anfängt.« Sie deutete mit dem Kopf auf die diskutierenden Fischer, die sich jetzt nicht mehr die Mühe gaben, sonderlich leise zu sein.
    Haynor nickte betrübt. »Es dauert nicht mehr lange, bis sie explodieren«, sagte er nachdenklich. »Das, was Barnum mit ihnen macht, wird sich auf lange Sicht sicher nicht auszahlen. Der chemische Dreck, den die Gesellschaft seit Jahren in den Ozean kippt, fordert täglich mehr Opfer.«
    »Opfer?« fragte Nell überrascht. »Was …?«
    In diesem Moment betrat ein grauhaariger Mann mit einem steifen Bein das Lokal und sah sich um. Als er Nell entdeckte, hellten sich seine Züge auf.
    »Igor, alter Junge«, rief Nell herzlich und nahm den Neuankömmling in die Arme. »Dich habe ich ja seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen!«
    »Es ist nur ein Jahr her, Mädchen«, sagte der mit Igor angesprochene Mann und hievte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht auf den neben Nell stehenden Barhocker. »Aber wie du siehst, hat es mich schlußendlich doch noch erwischt.« Er klopfte auf sein Bein.
    »Unfall?« fragte Nell und bestellte für Igor und sich einen Drink.
    »Wie man will. Schußverletzung. Aber jedenfalls ernsthaft genug, um mir klarzumachen, daß es mit der Arbeit im alten Stil ein für allemal aus ist. Ich schlage mich jetzt als Vermittler durch.«
    »Oh«, sagte Nell betroffen. Sie kannte Igor seit einem halben Jahrzehnt. Er hatte sie ausgebildet und auf die ersten Streifzüge durch das Versiegelte Land mitgenommen. Man sagte ihm nach, daß es in den verbotenen Zonen Namburs keinen Fleck gäbe, auf den er nicht schon seinen Fuß gesetzt hatte. Und nun hatten die Hexen ihm offenbar einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aber schließlich erwartete niemand, der seine fünf Sinne beieinander hatte, daß das Glück ihm ewig hold sein müsse.
    »Hast du einen Job für mich?« fragte Nell.
    Igor nickte. »Deswegen bin ich hauptsächlich hergekommen.« Er sah sich um, maß die Fischer mit einem mißtrauischen Blick und fügte schließlich hinzu: »Die Aufgabe ist nicht ganz einfach, weißt du … Es handelt sich nicht um eine gewöhnliche Jagdpartie …« Er beugte den Kopf und sagte mit leiser werdender Stimme: »Wir sollten uns anderswo darüber unterhalten.«
    Nell sah verblüfft auf. Bevor sie etwas sagen konnte, gab Igor ihr mit einem Zeichen zu verstehen, daß sie schweigen solle. Er orderte einen kleinen Krug Wein und zwei Becher, zupfte an Nells weitem Blusenärmel und zog sich schließlich mit ihr in den entferntesten Winkel der Bar zurück. Die anwesenden Fischer diskutierten weiter. Von ihnen drohte keine Gefahr. Aber in der Zwischenzeit hatte eine Gruppe von Männern das Lokal betreten. Es waren unverkennbar Touristen – und wohlhabende dazu. Sie näherten sich lärmend der Theke und verlangten lautstark nach Getränken.
    »Die Sache ist heikel«, sagte Igor, nachdem sie Platz genommen und einander zugeprostet hatten. »Und das nicht

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