Die Terranauten 062 - Die Hölle von Arioch
Unruhe, die Besorgnis nahmen weiter zu. Nur zu deutlich erinnerte er sich an die schmerzenden Entzugserscheinungen, die auf ihn warteten, wenn er nicht in absehbarer Zeit erneuten Kontakt zur Quelle aufnehmen konnte.
Die Aufrechten trugen die Schuld.
Eilig kroch Oinji auf seinen Klammerwurzeln den Gang entlang, überwand Sprünge und Spalten, schob sich durch die Risse und erreichte bald darauf wieder die Ebene, die den Hügel umschloß.
Die Aufrechten trugen die Schuld. Sie griffen die Quelle an. Aber sie hatten nicht mit ihm, Oinji, gerechnet. Er, der größte aller Orkansegler, würde ihren Frevel vereitern, sie bestrafen.
Stammesbrüder, wo seid ihr?
Er hatte sie doch extra angewiesen, hier auf ihn zu warten! Es war eine Unverschämtheit, seine Anordnungen auf so schmähliche Weise zu mißachten. Er würde auch sie bestrafen müssen, aber das konnte noch warten. Schließlich mußte er seinen Stamm erst einmal wiederfinden. Dann aber …
Weit und breit war kein Kristallzyklon zu sehen. Auch kein Säureregen und ebenfalls keine gefährlichen Gaskerne. Der Feuerberg war stumm.
Warum waren sie dann verschwunden?
Wahrscheinlich, vermutete Oinji, geben sie sich wieder einmal ihren niederen Bedürfnissen hin. Wahrscheinlich haben sie ihre Saugwurzeln irgendwo in den Boden gebohrt und nehmen Nahrung auf, bis ihre Außenschale zerbricht. Wenn er, Oinji, doch nicht immer aufpaßte, daß sie es nicht übertrieben! Vielleicht schwebten sie auch irgendwo über der Stillen Ebene und zogen hoch am Himmel die Kreise des Neuen Lebens. Zuzutrauen war diesen Dummköpfen wirklich alles. Die ganze Zeit hatten sie nichts anderes im Sinn, als ihre Samenkapseln auszustreuen und ihre Außenschalenstruktur durchlässig zu formen, um dann wieder so viele Samen wie möglich aufzunehmen. Dabei wartete doch gerade jetzt eine so große und erhabene Aufgabe auf sie.
Ich werde ihnen allen die Sensorstengel zerquetschen, dachte Oinji wutentbrannt und warf sich empor. Die Aufwinde hier in der Nähe der Quelle beschleunigten seinen Flug. Vor allen Dingen diesem Zweifler würde er es endlich zeigen. Er untergrub mit seinen Bemerkungen nur die Moral seiner Stammesbrüder. Und das konnte sich kein Halbgott leisten. Nicht einmal Oinji.
*
Aus der Ferne betrachtet wirkte das Gleiskettenfahrzeug wie ein weiterer Felsmonolith. Erst wenn man näher kam, war deutlich zu erkennen, daß es ein Produkt von Menschenhand war.
»Es rührt sich nichts«, sagte Ariane terWilson leise. »Ob sie verlassen ist?« Sie kauerten zwischen dem felsigen Geröll und hatten die Helmscheinwerfer ausgeschaltet. Der Ariochtag würde bald zu Ende gehen, aber noch reichte das gelbe Licht aus, um sich einigermaßen orientieren zu können.
»Seht ihr die Kettenspuren?« fragte Gunther V. »Die Raupe muß erst vor kurzer Zeit dort von den Hügeln gekommen sein. Wenn sich jetzt nichts mehr rührt …«
»Sandläufer?«
Der Treiber nickte. »Damit müssen wir rechnen.« Er hatte noch etwas hinzufügen wollen, aber irgend etwas auf der Raupe bewegte sich. »Na, was habe ich gesagt?«
Ariane stöhnte leise.
»Etwas nicht in Ordnung?«
»Es ist schon wieder vorbei.« Gunther V. musterte sie einen Augenblick lang. Sie hatten vor einigen Stunden gerade noch rechtzeitig die MADRID erreicht. Nur wenige Minuten später, und der Treiberin wäre nicht mehr zu helfen gewesen. Ein Fehler in der Sauerstoffzuleitung, der nur behoben werden konnte, wenn man den Druckanzug öffnete.
»Das Fahrzeug ist aus der Richtung gekommen, in der die beiden Trichterschiffe abgestürzt sind«, überlegte Larissa. »Also hat es Überlebende gegeben.«
Gunther V. hustete gequält, und seine Lungen saugten viel zu hastig den wertvollen Sauerstoff in sich hinein. Ein Blick auf die Sensoren. Atemluftvorrat: Reserve 4.
»Sauerstoffkapseln auswechseln, meine Damen.«
Es nahm nur wenige Sekunden in Anspruch. Frische Luft strömte in die Helme, brachte wieder Ordnung in ihre Gedanken. In der Nähe der Raupe verstärkten sich die Bewegungen.
»Es muß noch etwas im Innern sein, das die Aufmerksamkeit der Sandläufer geweckt hat.«
»Was auch immer«, fügte Gunther V. hinzu und holte eine Thermobombe aus seinem Gürtel. »Wir brauchen das Fahrzeug. Also müssen wir die Energiefresser ein wenig ablenken …«
Er holte aus und schleuderte die Bombe weit in die Ebene hinein. Dann betätigte er den Impulsgeber.
Nicht weit von der Raupe entfernt glühte eine Sonne auf, die Fels und Staubsand
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