Die Terranauten 063 - Krieg der Gehirne
Auch die Stimmen schwollen an.
»Wird auch Zeit, daß sich hier mal jemand blicken läßt«, meinte Llewellyn. »Meine Kehle ist schon ganz ausgedörrt. Jetzt ein herrliches, kühles Bier.«
Vorsichtig schritten sie den Hügel hinab, über lockeres, sprödes Geröll hinweg. Die Hitze wurde immer unerträglicher.
Merkwürdig, dachte David. Über unseren Köpfen ist fruchtbares, bestelltes Land, ausreichend Wasser. Hier ist nur Wüste. Warum?
Dann tauchte die Karawane auf. Sie bestand aus großen, breiten Wagen, die von stämmigen, kräftig aussehenden Tieren gezogen wurden. Die Tiere hatten ein dichtes, zotteliges Fell und wirkten wie verkleinerte Ausgaben eiszeitlicher Mammuts.
»Na«, seufzte der Riemenmann. »Denen dürfte ja auch hübsch warm sein.« Die Wagen rollten auf breiten Rädern aus einem unbekannten Material. Vielleicht Holz. Vielleicht auch etwas anderes. Aus den Naben dieser Räder wuchsen stachelähnliche Gebilde, hornartige Auswüchse, einen halben Meter lang und leicht nach oben gebogen, wo sie in einer nadelscharfen Spitze endeten. Jeder Wagen wies zwei hohe Masten auf, an denen breite Segel befestigt waren, rote, blaue und grüne Stoffe, die mit Symbolen geschmückt waren, die an irdische Runenzeichen erinnerten. David verstand. Bei stärkerem Wind wurden die Wagen allein von diesen Segeln angetrieben. Jetzt jedoch war Flaute, und darum waren die Minimammuts angespannt worden.
»Wüstensegler«, sagte er halblaut.
Die Zugtiere stießen merkwürdig verzerrte Brüllaute aus, als sie die Witterung der drei Terranauten aufnahmen. Schmächtige Gestalten zwischen den Wüstensegleraufbauten traten an relingartige Vorsprünge und musterten sie aus der Ferne. Das Klirren von Metall wurde lauter. Eigenartig silbern schimmernde Gliedmaßen wurden aufgeregt bewegt.
Zwei Wagen kamen hinter dem Hügel hervor, dann drei, vier. Als der fünfte auftauchte, atmete David scharf ein. Das metallene Rasseln stammte von schweren Ketten, mit denen Menschen und andere Wesen an die nachfolgenden Wagen gefesselt waren.
Dann tauchten die Reiter auf. Silberne, die auf krötenähnlichen Wesen hockten, deren lange rote Zunge hin und her züngelte. Kurze Zischlaute wurden laut, und ein halbes Dutzend Reiter löste sich von der Kolonne und steuerte ihnen entgegen.
»Hör mal, David«, sagte Llewellyn unbehaglich. »Ich habe so meine Zweifel, ob die Burschen uns zu einer Party einladen wollen.«
Die Laufkröten bewegten sich erstaunlich schnell, schneller noch als ein gutes Rennpferd. Sie duckten sich eng an den Boden und jagten ihnen auf vier Beinpaaren entgegen.
»Ich weiß nicht, was das für Kerle sind, aber daß sie andere Leute anketten, läßt eigentlich nur einen Schluß zu.«
»Ohne Hilfe«, gab David zurück, »sind wir hier geliefert, das müßte selbst dir klar sein. Noch ein paar Stunden, und wir sind verdurstet. Wir dürfen nicht den Fehler machen, voreilige Schlüsse zu ziehen, mein Lieber.«
Und mit diesen Worten hob er den rechten Arm.
Die Laufkröten wurden langsamer, gruben dann ein knappes Dutzend Meter vor ihnen die Bremsklauen in den heißen Sand. Waren die Reittiere schon merkwürdig genug, die Reiter selbst waren noch eigenartiger. Zuerst hatte David den Eindruck, es mit insektoiden Intelligenzen zu tun zu haben, doch das traf den Kern der Sache nicht ganz. Der silberne Glanz der dünnen, fast zerbrechlich wirkenden Wesen stammte von halbtransparenten Facetten, die den ganzen Körper einhüllten. Zumindest das, was von ihm sichtbar war. Die Silbernen trugen weite Talare aus einem ebenfalls schimmernden Stoff. Der Kopf war schmal, wurde ganz von den großen Augen beherrscht. Nein, keine Facettenaugen wie bei einem Insekt. Eher einzelne Augenpunkte, die zu einer größeren Seheinheit angeordnet waren.
»Lyda, kannst du irgend etwas spüren?« erkundigte sich der Riemenmann besorgt. Seine Erscheinung erweckte bei den Silbernen offenbar besonderes Interesse. Ein Wesen, das ganz und gar mit goldenen Riemen eingehüllt war, hatten sie anscheinend noch nie gesehen. Zischlaute ertönten. Die Silbernen berieten sich.
Lyda Mar antwortete nicht. Der Blick aus ihren Augen war trüb.
»Wir haben uns verirrt«, sagte David laut, und die Silbernen unterbrachen ihre Unterhaltung, um sich ihm zuzuwenden. »Wir haben keine Nahrungsmittel und auch kein Wasser mehr.«
»Wasser ist das Elixier des Lebens«, entgegnete einer der Silbernen in einem melodiösen Singsang. »Ohne dieses Elixier stirbt das Leben.
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