Die Terranauten 063 - Krieg der Gehirne
sie an. Dort lag sie, so, wie er sie verlassen hatte, ein wenig eingerollt, die Arme angewinkelt.
»Aber …«
»Ich weiß auch nicht, was mit mir los ist, Renar. Ich kann mich nicht mehr bewegen. Nicht einen Muskel! Selbst das Sprechen strengt mich furchtbar an.«
Ihre Augen wurden feucht. Zwei große, schimmernde Tränen rannen ihre Wangen hinab, grün wie ihre Haut.
Er ließ den Vorratsbeutel fallen und kniete sich neben ihr nieder.
»Setze deine Mittler-Gabe ein, und …«
»Ich habe es schon versucht. Es nützt nichts.« Das war ungeheuerlich, so ungeheuerlich, daß sich Renar einige Augenblicke weigerte, das zu glauben.
»Und mir ist übel. So schrecklich übel.«
Er streichelte sie, sanft, behutsam, zärtlich. Ihre Haut war kalt und spröde. Renar schloß die Augen und konzentrierte sich auf seine eigene Begabung. Vorsichtig versuchte er, auf dieser Ebene Kontakt mit ihr aufzunehmen. Es war aussichtslos. Er stieß auf einen dunklen Widerstand, der um so unüberwindlicher wurde, je mehr er sich anstrengte. Er öffnete die Augen wieder. Aina Kember atmete ruhig und gleichmäßig. Sie war eingeschlafen. Manchmal zitterten ihre Augenlider.
Renar wandte sein Gesicht ab und preßte die Lippen aufeinander.
Draußen heulte jetzt wieder der Wind. Er hatte an Stärke gewonnen, und Renar hatte plötzlich das Gefühl, daß er wie die jaulende, höhnische Stimme eines Riesen war, der sie, die beiden winzigen Geschöpfe in dem vibrierenden Zelt, auf diese Weise verspottete. Bald trieben die Böen Schnee vor sich her, und die Maschen zwischen den einzelnen verflochtenen Pflanzenfasern des Zeltes bedeckten sich ebenfalls mit dieser weißen, glitzernden Schicht. Aina stöhnte, mal leiser, mal etwas lauter und eindringlicher.
Renar Goth legte sich neben sie, nahm sie in die Arme. Ihr Körper war seltsam steif, so, als hätten sich ihre Muskeln verhärtet. Er wandte den Blick zur Seite.
Auf ihrem linken Handrücken wuchs erneut eine Blume. Diesmal jedoch war es nicht nur ein dünnes Pflanzenfädchen. Diesmal war es eine fast zehn Zentimeter große, voll ausgebildete Pflanze, eine, die Renar noch nie zuvor in seinem Leben gesehen hatte. Er stöhnte auf und strich Aina über die Hand. Die Blume zerbrach.
Irgendwann schlief auch er ein.
Als er aufwachte, machte er eine schreckliche Entdeckung.
Auch er konnte sich plötzlich nicht mehr bewegen.
*
»Bei allen Teufeln dieser Galaxis«, knurrte der Riemenmann. »Ich möchte nur wissen, wo wir jetzt wieder hingeraten sind.«
Llewellyn, Lyda und David hockten zwischen den Felsen eines Hügelzugs. Unter ihnen war nichts als braungelber, wallender Sand, soweit das Auge reichte. Eine Wüste. Hitze, die ihnen den Schweiß aus den Poren trieb. Eine gnadenlose, gleißende Sonne. Kein Wasser. Aber mit dem Horizont stimmte etwas nicht. Er wölbte sich empor, wie ein …
»Seht einmal hinauf«, sagte Lyda Mar leise. David und Llewellyn hoben die Köpfe.
Direkt über ihnen, vielleicht ein gutes Dutzend Kilometer entfernt, war … Land. Bebaute Äcker. Flüsse und Seen, deren Wasser wie Silber glitzerte. Städte.
David taumelte.
»Eine Hohlwelt«, brachte er mühsam hervor und versuchte, sein Gleichgewicht zu behalten. »Darum neigt sich der Horizont so merkwürdig empor. Und nur der Hitzedunst verhindert, daß wir die ganze Aufwölbung verfolgen können.«
Rasch senkte er den Blick. Wenn man länger hinaufstarrte, dann hatte man plötzlich das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren, hinaufzustürzen, ohne Halt. Die Übelkeit verschwand.
Langsam nickte er. »Ich habe es gespürt. Als ich durch das All gerast bin und die anderen Korallenstädte gesehen habe. Wir befinden uns in der PSI-Aura der maritimen Korallenstadt.«
Lyda drehte sich um und sah ihn an. Ihre Augen … hatten sich verändert. In ihnen war ein merkwürdiger Glanz.
»Nein«, widersprach sie. »Dies ist nicht die PSI-Aura. Es ist nur ein psionisches Energiereservoir, an dem sich die Aura labt.«
Llewellyn ließ Sand durch seine Hände rinnen. »Hier. Ich kann es fühlen. Es brennt. Es ist heiß. Es ist trocken.«
Lyda horchte einen Augenblick in sich hinein. Es war, als kommuniziere sie mit jemandem, den nur sie sehen konnte. »Diese Hohlwelt ist real und doch nicht wirklich.« Sie suchte nach den passenden Worten. »Es ist so etwas wie eine … symbolische Realitätsebene. Für alle, die sich hier befinden, ist sie real. Auch für uns. Die PSI-Aura … Nein. Ich kann sie spüren,
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