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Die Terranauten 072 - Das Erbe im Eis

Die Terranauten 072 - Das Erbe im Eis

Titel: Die Terranauten 072 - Das Erbe im Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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zweiundneunzig meiner Freunde verhaftet worden. Ich möchte Sie bitten, dafür zu sorgen, daß sie wieder auf freien Fuß gesetzt werden.« Auch dem Wort »bitten« verlieh er einen seltsamen Klang. Tyll verstand erneut. Lucci begann, ihn ernsthaft unter Druck zu setzen.
    »Außerdem wird es Zeit«, fuhr der Koordinator fort, »die Gewerkschaften und Menschenrechtsgruppen offiziell anzuerkennen.«
    »Wenn ich mich dazu entschlösse, Lucci, wäre ich eine Stunde später kein Lordoberst mehr. Sie vergessen, daß ich nur kommissarischer Konzilsvorsitzender bin. Und Sie vergessen weiter, daß ein anderer Konzilsvorsitzender Ihnen möglicherweise nicht soviel … Höflichkeit entgegenbringen würde.«
    Lucci nickte langsam.
    »Und wenn ich das Zeichen gebe, sind Sie es bereits dreißig Minuten später nicht mehr.«
    »Und Sie verlieren Ihre Protektion.« Tyll beugte sich vor. »Da Sie gerade von einem Abkommen sprechen … In der Region GERM ist es zu einem Noman-Aufstand gekommen …«
    »Ich kann nicht alles kontrollieren.«
    »Sehen Sie …? Ich auch nicht.«
    »Sorgen Sie dafür, daß meine Freunde in SÜDAF freigelassen werden, Lordoberst.«
    »Ich kann nichts versprechen … Aber ich werde es versuchen. Und Sie halten Ihre sogenannten Freunde zurück. Ein Aufstand würde Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt kaum nützlich sein. Er würde die allgemeine Lage nur noch verschlimmern.«
    Lucci lächelte. »Auch ich kann nichts versprechen …«
    Damit erhob er sich und verließ das Büro Tylls so leise, wie er es betreten hatte.
    Ich werde meine eigene Abschirmung verstärken müssen, dachte Tyll. Wenn selbst solche Schmierfinken hier ungehindert ein- und ausgehen können, was wäre dann erst mit einem Mordkommando …? Ein weiterer Kostenfaktor, aber einer, der notwendig war. Leider.
    Er sprach eine entsprechende Anweisung in den Aufzeichner und ließ auch die aufgeflogene Rebellengruppe in der Region SÜDAF nicht aus. Er wählte eine diskrete, unauffällige Formulierung. Es durfte kein Verdacht auf ihn fallen. Niemand durfte Kenntnis davon erhalten, daß er ein Stillhalteabkommen mit den illegalen Untergrundgruppen abgeschlossen hatte. Einigen Konzernen wäre eine solche Information gerade recht.
    Und Chan de Nouille nicht zu vergessen.
    Sein Blick glitt wieder zu den Berichten. Wie der Zufall es wollte, stammte der nächste von der Großen Grauen.
    Sicherheitsüberprüfungen haben ergeben, daß die Aktivität der konspirativ arbeitenden Gruppen sowie der illegalen Gewerkschaftsorganisationen weiter zunimmt. Ich rate dringend zu angemessenen Gegenmaßnahmen. Alles deutet auf eine Organisierung in großem Maßstab hin. Gefahren unabsehbar. Ich erwarte von Ihnen eine Autorisierung des beigefügten Direktiven-Katalogs. Gez. Chan de Nouille.
    Und das, dachte Tyll, ist meine zweite Stütze. Vielleicht eine noch unsicherere.
    Lordoberst Ignazius Tyll hatte langsam das Gefühl, daß ihm die Dinge über den Kopf zu wachsen begannen.
    Tief unter seinem Büro, in einem unbedeutenden Wartungsschacht, erfüllten zwei winzige Module ihre Pflicht …
     
    *
     
    »Alles in Ordnung?« erkundigte sich der Neuankömmling. Zwei Köpfe nickten. Die Frau sagte:
    »Der Raum ist vollkommen abgeschirmt. Auf meinen Sicherheitsmanag ist Verlaß.«
    »Er ist doch nicht etwa eingeweiht?«
    »Aber wo denken Sie hin …«
    Der Neuankömmling löste das Handtuch von seiner Taille, stand einige Augenblicke nackt vor ihnen und stieg dann in einen der noch unbesetzten Metabolkuben. Ein paar Sekunden später war auch von ihm nur noch der Kopf zu sehen. Sein Körper wurde von wohltuender, entspannender Wärme eingehüllt. Metabolismusaktivierer entschlackten das Körpergewebe, heilten, regenerierten, spendeten neue Kraft. Bis zu einem gewissen Grad hatten die Metabolkuben sogar einen Verjüngungseffekt. Setzte man sich den Regenerationsstrahlen allerdings zu oft aus, dann kehrte sich der Effekt ins Gegenteil um. Marya Briden, Generalmanag des Terranischen Banken-Konsortiums, bot dafür ein abschreckendes Beispiel. Erst knapp fünfzig Jahre alt, wirkte ihr über den Kubus hinausragendes Gesicht alt und vertrocknet. Jemand, der sie nicht kannte, mußte sie auf mindestens neunzig, wenn nicht älter schätzen.
    »Mein Sicherheitsmanag weiß von einer wichtigen Besprechung, die etwas mit dem Konzil und der derzeitigen allgemeinen Lage zu tun hat. Stimmt ja auch.« Sie lächelte. »In gewisser Weise zumindest.« Ihr Kopf drehte sich zur anderen

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