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Die Terranauten 073 - Die Maschinen von Ultima Thule

Die Terranauten 073 - Die Maschinen von Ultima Thule

Titel: Die Terranauten 073 - Die Maschinen von Ultima Thule Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erno Fischer
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Schatten, die auf Major Gorden gespenstisch wirkten – wie die Geister von Verstorbenen. Vielleicht die Geister der untergegangenen Hüter?
    »Was hat sie getötet?« murmelte Major Gorden tonlos.
    »Vielleicht sollten wir uns zuerst um deine Person kümmern, Major?« schlug der Computer vor.
    »Nein, ich ahne meine Rolle und will wissen, wer die Hüter waren – alles, was du an Erinnerung mobilisieren kannst, hörst du, Computer?« Er ballte die Hände zu Fäusten. »Begreifst du denn nicht? Immer wieder fragst du mich, ob mein Verstand ausreicht, dich zu verstehen, aber wie sieht das umgekehrt aus?«
    »Zeigt nicht alles deutlich genug, daß ich Vertrauen in dich habe? Ich habe dir offenbart, daß es mich gibt. Keinem anderen Menschen würde ich diese Ehre zuteil werden lassen.«
    »Ehre? Das wird sich noch erweisen, Computer!« sagte Major Gorden sarkastisch. »Aber gut, ich möchte es dir überlassen. Yggdrasil hat mich erwählt. Vielleicht, weil ich von allen Menschen auf dieser Erde eine Persönlichkeit habe, die ihr am genehmsten ist? Obwohl diese Persönlichkeit, ehrlich gesagt, ein Leben lang schlummerte und erst von Yggdrasil geweckt werden mußte. Und dann hat Yggdrasil mit PSI meinen Körper erneuert.«
    »Ja, ein Vorgang, der mich auf dich aufmerksam machte. Ich vertraute dir und spürte den Wunsch, dich zu rufen, obwohl ich längst nicht mit mir selbst klargekommen war. Ich wußte auch nichts von Yggdrasil und ihrer Bedeutung. Erst durch dich konnte ich gewisse Erinnerungsfetzen erneuern, abrunden und interpretieren. Es war so eine Art Instinkt – wenigstens würdest du als Mensch es so nennen –, der uns beide zusammengeführt hat. Ich schickte dir die Vision des Robotauges. Auch das war eher intuitiv gewählt. Es wirkte. Das Robotauge war etwas, womit du etwas anfangen konntest – ein Gegenstand, der angelehnt war an deine eigene Wirklichkeit und dich dennoch wegrührte von Yggdrasil, weil das Auge zu technisch erschien.«
    »Eine Vision?« hakte Major Gorden nach.
    »Verzeih, Major, daß ich diesen Ausdruck wählte. Es ist manchmal schwierig, dies alles in menschliche Worte zu kleiden. Es gibt einige Dinge, für die eure Sprache einfach noch keine Begriffe geprägt hat. Genauso, wie ich mich Computer nenne, ohne im irdischen Sinn ein Computer zu sein. So ist es mit dem Robotauge. Es ist eine manifestierte Idee. Es ist ein Gedanke, der Gestalt angenommen hat.«
    »Kapiere ich nicht!« gab Major Gorden unumwunden zu. »Ist es nicht vielmehr ein Akt der suggestiven Beeinflussung?«
    »Nein, Major. Es ist materialisierte Energie, verdichtet, umgewandelt, greifbar geworden. Energie aus einem anderen Raum, für den deine Rasse noch keinen Namen hat. Halb real und halb irreal. Du siehst es, fühlst es, doch wenn du es analysierst, wenn du es auseinandernimmst, bleibt es eine Attrappe, nur getragen durch das Wollen des Schöpfers und nur damit funktionsfähig. Wie die Wände um dich herum, die größtenteils zu Staub zerfallen waren und mit mir erneut erwachten. Deshalb ging soviel Erinnerung verloren, die ich mühsam ersetzen muß durch Rekonstruktionen. Ich rekonstruiere oftmals experimentell. So bleiben die Wände und Räume, meine Eingeweide oder Gehirnzellen, wenn du so willst, wandelbar.«
    Jetzt begriff Major Gorden doch. Er schüttelte sich.
    »Wieviel Zeit muß noch vergehen, bis der Mensch einen solchen Stand erreicht?«
    »Nicht genug, Major, wenn der Mensch so bleibt, wie er ist. Er bewegt sich in die falsche Richtung. Wisse, es ist nicht damit getan, ein Hüter des Urbaums zu sein. Es wird viel mehr von dir gefordert: Du mußt für die Idee kämpfen, die Yggdrasil verkörpert – ohne daß du Yggdrasil jemals verstehst. Sie bleibt dir ein Rätsel, solange sie mir ein Rätsel ist. Noch gelingt es mir nicht, mit ihr Kontakt aufzunehmen. Wahrscheinlich wird es auch in Zukunft nicht möglich sein, weil ich mich zu sehr dem menschlichen Denken – deinem Denken! – angepaßt habe. Es blieb mir einfach keine Wahl. Du warst meine einzige Stütze – deine Gedanken und deine Persönlichkeitsstruktur. Ich hatte keine eigene mehr. Was von mir geblieben ist, kann mit zwei Worten umschrieben werden: meine Bestimmung!«
    »Die Bestimmung, den Weltenbaum zu hüten?«
    »Ja, Major Gorden!«
    »Ich kenne die Sagensammlung der Edda und werde den Ort, an dem Yggdrasil weilt, das Heilige Tal Ödrödir nennen. Ja, Yggdrasil ist ein Heiligtum – zunächst für uns beide, Computer, und bald vielleicht für die

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