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Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten

Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten

Titel: Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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Gallertkörper der Meduse quoll auf und gab eine ekelhaft stinkende Flüssigkeit frei. Cuny übergab sich. Dann ging er daran, mit einem Vibromesser den Zentraldom zu öffnen. Dieser Geruch war vertraut, verhieß Träume und Wohlbefinden.
    Der Relax störte sich nicht an dem wäßrigen, farblosen Blut der Meduse. Er zerdrückte die winzigen Knollen, die der Zentraldom beinhaltet hatte, zwischen seinen Fingern und sog den Duftstaub in die Nase.
    Er schwankte.
    Seine Hände zitterten nicht mehr.
    Die Dröhnung warf ihn zwei Sekunden später von den Beinen. Dies hier war reines, unverschnittenes SME – hochprozentig, in einer Konzentration, die er nicht für möglich gehalten hätte. Die Welt verschwand. Eine andere Realität trat an ihre Stelle. Seine Muskeln verkrampften sich. Vom Lauf seiner Waffe lösten sich Feuerlohen. Eine weitere Staubmeduse zerplatzte.
    Und während Gian Cuny am Boden lag und träumte, krochen die anderen Medusen auf ihren Fangarmen näher. Die haarfeinen Dome der Nesselkapseln bohrten sich durch seine Kleidung in die Haut, saugten Blut. Die Schmerzen gehörten der Welt an, die in einem Ozean aus Wohlbefinden versunken war.
    Um 21.01h fiel die Energieversorgung der Atmosphärenfilter aus. Die magnetohydrodynamischen Generatoren stellten ihre Arbeit ein. Die in ihren Ausmaßen gewaltigen, schwebenden Protopinseln stürzten hinab und zermalmten unter sich Wohntürme, Verwaltungsgebäude, Aufständische und Polizeiangehörige. Unglücklicherweise traf ein Trümmerstück auch den lokalen Energieverteiler. Im Ostteil von Kilimandscharo-Stadt gingen die Lichter aus.
    Die energetischen Gehegesicherungen des interstellaren Zoos fielen aus. Für einige Sekunden verstummten das Brüllen und Schreien der Tiere. Dann glitten, krochen und stürzten sie aus ihren Käfigen hinaus, ihre neugewonnene Freiheit genießend.
     
    *
     
    Die Lage spitzt sich zu. Die entscheidende Wende steht bevor. Wir müssen die Qualität unseres Kampfes den neuen Gegebenheiten anpassen. Das heißt: aus dem Untergrund heraus, allgemeiner Aufstand, örtliche und lokale Aktionen nur noch zu dem Zweck, gegnerische Kräfte zu binden, sie von den Hauptzentren der Auseinandersetzung fernzuhalten.
    Doch die neue Qualität des Kampfes erfordert auch eine neue Qualität der Organisation. Wir müssen eine überregionale Leitungseinheit ins Leben rufen, eine Führungsgruppe, in der alle bisher im Untergrund arbeitenden Organisationen vertreten sind. Die einzelnen Maßnahmen und Aktionen müssen unbedingt aufeinander abgestimmt sein, wenn wir Erfolg haben und dem Konzil und dem Kastensystem endgültig den Todesstoß versetzen wollen. Die Arbiter gehen zunehmend in den Gewerkschaftsorganisationen auf. Die Nomans sind ohnehin ein revolutionäres Potential. Wir müssen auch die Relax gewinnen. Vorbereitungen für eine allgemeine, umfassende Unterbrechung der computerisierten Versorgungswege sind unablässig und so schnell wie möglich zu treffen: Die Relax wachen nur dann auf, wenn ihre Lebensinteressen unmittelbar bedroht sind.
    Des weiteren müssen die Planungsgruppen mit der Ausarbeitung der Organisation eines weltweiten Generalstreiks beauftragt werden. Leider können wir nicht ausschließen, daß es Schatten gelungen ist, sich in unsere Reihen einzuschleusen. Zu den Computern der Cosmoralität auf Luna haben wir keinen Zugriff. Diese Agenten des Konzils müssen unbedingt entlarvt werden, denn nicht zuletzt von der Geheimhaltung hängt der Erfolg des weltweiten Aufstandes ab. Vorbereitungen allgemeiner Art sind notwendig. In der Zwischenzeit müssen wir dafür sorgen, daß das Konzil beschäftigt bleibt. Lokale Aktionen sollen deshalb weitergeführt werden. Darüber hinaus müssen wir da für Sorge tragen, daß die konzilsinternen Auseinandersetzungen, die Machtkämpfe zwischen den einzelnen Konzernen, Wiederaufleben. Die Verhaftungen einzelner Generalmanags haben leider dazu geführt, daß sich unter den Konzernherren die Mentalität des Abwartens breitgemacht hat. Eine gezielte Störung der Konzerncomputer kann hier Abhilfe bringen. Noch vor wenigen Wochen haben die Konzerne die gleiche Taktik gegen uns angewandt. Sie bekämpften sich gegenseitig und schoben die Auswirkungen unserem Verantwortungsbereich zu. Wir werden den Spieß umdrehen. Und das wird uns die Zeit geben, die wir noch brauchen.
    (Manuel Lucci, Koordinator des Kommandos Brak Shakram)
     
    *
     
    Irgendwo über Afrika, 21. September 2503, 22.59h Standardzeit
    Dunkelheit

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