Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten

Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten

Titel: Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
Vom Netzwerk:
intensivierte sich. Aus der Dunkelheit hinter ihnen huschten kleinere Schatten – pelzige Geschöpfe mit blitzenden Knopfaugen, mal innehaltend und schnüffelnd, von dem Duft der Sumpforchideen abgestoßen und in eine neue Richtung gedrängt. Einige der Stinkpilze waren beim Aufprall zerplatzt. Der für die Nomans beinahe unerträgliche Gestank war wie eine besonders magnetische Kraft, der die für diesen Zweck extra gezüchteten Ratten anzog. Die ersten Rudel stürmten an den Nomankolonnen vorbei, machten bei der Gardenbasis halt, begannen zu nagen und zu knabbern. Ganze Heerscharen folgten ihnen. Weitere Stinkpilze flogen.
    Eine Sirene heulte, als die durch die Verbindung von Rattenspeichel und Stinkpilzsaft entstehende Säure sich durch Hartprotop fraß, Zähne über Isolierkabel schabten. Weitere Lichter glommen auf. Flüche von Gardisten wurden laut.
    »Alle restlichen Gehege auf!« wies der Alte seine Kampfgruppen an. Andere Beutel wurden geöffnet. Ein ganzer Regen aus Stinkpilzen ging auf die Basis nieder. MHD-Generatoren summten nervös, Bodenfahrzeuge setzten sich in Bewegung. Stinkpilze zerplatzten an den Aufbauten, Ratten sprangen hinterher, nagten, kauten, setzten Säure frei.
    »Es hat sich gelohnt«, sagte einer der Männer neben dem Alten dumpf. »Wir haben sie jahrelang gefüttert. Die Gefahr für uns selbst war groß, die Sumpforchideen sind rar. Aber es hat sich gelohnt.«
    Der Alte lächelte und winkte mit seiner verkrüppelten linken Hand.
    »Sie sind unsere Waffe. Die einzige, die wir haben. Es sind Legionen. Legionen von Ratten gegen eine Legion von Graugardisten.«
    Die zweite Welle. Die Endfokussierer der Laserkanonen begannen zu glühen. Gluthelle Energieblitze schlugen in die vorrückenden Reihen der Ratten, brannten Breschen. Doch es war ein Ozean aus braunpelzigen Leibern, eine Flutwelle, die alles, was nicht den abstoßenden Duft einer Sumpforchidee besaß, überschwemmte. Eines der Bodenfahrzeuge detonierte in einem strahlenden Blitz. Glutheiße Trümmer segelten über die beobachtenden Nomans hinweg. Andere kamen stockend zum Stehen und rührten sich nicht mehr. Nomans kletterten an den Aufbauten empor, zwischen den nagenden Ratten hindurch, rissen die Luken auf. Einige starben, andere erbeuteten Waffen.
    Und es war noch nicht zu Ende. Die dritte Welle schließlich fand einen Zugang ins Innere der Basis. Die Flutwelle teilte sich, ergoß sich nun auch in die geschützten Bereiche der Anlage. Die Nomans an vorderster Front warfen weitere Stinkpilze durch die Risse und Spalten in den Kuppeln. Die Ratten stürmten vorwärts, gierig nach den Delikatessen.
    Der Alte hob beide Arme.
    Hinter ihm erhoben sich Hunderte von triumphierenden Stimmen – das Signal für die in den Ruinen von Neu-Delhi wartenden Nomans. Tausende von zerlumpten, hageren Gestalten marschierten los. Man hatte sie gejagt, umgebracht – oder einfach ignoriert. Mehrere Jahrhunderte lang. Hier hatte sich eine eigene Evolution vollzogen. Denn nur der Stärkste hatte überleben können.
    Eine Armee setzte sich in Bewegung.
    Und rund zwei Stunden später war die Armee auch bewaffnet. Die Ausstattung der Lager der Gardenbasis war außerordentlich reichhaltig. Von tragbaren Laserkanonen bis hin zu gepanzerten Kampfwagen war alles vorhanden.
    Kurz vor Mittemacht gab der Alte ein neues Zeichen. Die Flutwelle der Ratten ließ von der zerstörten Basis ab und spülte nun über die weiten Ebenen. Der Lichterglanz von Novo-Delhi erstrahlte heller. Hinter den Wogen aus braunen Leibern folgten die bewaffneten Kolonnen von fünfzigtausend Nomans. Novo-Delhi wartete auf sie. Sie würden sich das nehmen, was ihnen jahrhundertelang vorenthalten worden war …
     
    *
     
    … müssen wir leider feststellen, daß das Management von Original Food nicht daran denkt, unsere Forderungen zu akzeptieren. Kameraden, ihr alle wißt, wie unerträglich die Arbeitsbedingungen in den Proteinfarmen sind – unzureichende Sicherheitseinrichtungen, mangelnde medizinische Versorgung, kein Mitspracherecht an innerbetrieblichen Entscheidungsfindungen. Wie bei allen anderen Konzernen entscheiden auch bei Original Food nur die Rentabilität und die Höhe des Profits. Wohin, so fragen wir euch, Kollegen, geht das hochwertige Protein, das wir in harter Arbeit produzieren? Ihr alle kennt die Rationierungsverfügungen. Wer kommt in den Genuß der Nahrung? Sind die Nahrungsmittelzuteilungen für die Generalmanags ebenfalls rationiert?
    Nein, Kameraden und Freunde.

Weitere Kostenlose Bücher