Die Terranauten 076 - Krieg der Kasten
revolutionäre Masse sind.«
»Du hast mit deinen Unterführern die Aufgabe, die Energie der unzufriedenen Relax zu kanalisieren, Kamerad.«
Cuny nickte. Er konnte kaum glauben, daß es nun wirklich ernst wurde. Die Zeit des Überflusses, der Drei-Tage-Partys, der Moderevolutionen – wie lange lag das alles schon zurück? Seine Hände zitterten noch immer. Es war widerwärtig.
»Abstimmung!« verlangte der Erste. Arme flogen in die Luft. Knisternde Spannung hatte sich der Tagungsteilnehmer bemächtigt.
Der Erste sprang auf. »Einstimmig. Freunde, es ist endlich soweit! Wir schlagen zu! Sucht eure Unterführer auf. Trefft die letzten Vorbereitungen. Holt die Waffen aus den Depots. Ich erwarte die Bestätigung bis 17.00h Standardzeit.«
Er hob beide Arme.
»Auf eine bessere Zukunft!« rief er, und die anderen Regionalleiter stimmten mit ein. »Um 18.00h Standardzeit hat die Herrschaft des Konzils in der Region OSTAF ein Ende. Dann schlagen wir zu. Mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln. Es lebe das Freie Afrika!«
*
Kilimandscharo-Stadt, Region OSTAF, 21. September 2503, 16.09h Standardzeit
Um 15.30h hatte Gian Cuny seine Vorbereitungen erledigt. Die Relaxunterführer waren wieder davongeeilt, um ihre jeweiligen Einsatzgruppen zu instruieren. Ihre Gesichter hatten geleuchtet. Endlich einmal eine Abwechslung im grauen täglichen Einerlei seit der Rationierung. Die Sedativzufuhr zum Trinkwasser war bereits um 13.47h unterbrochen worden. Die ersten Auswirkungen würden sich am späten Abend zeigen.
Gian Cuny saß im Wohnraum seiner luxuriösen Relax-Wohneinheit und gab sich Mühe, seine innere Ruhe wiederherzustellen. Vergeblich. Das Zittern seiner Hände wurde immer stärker. Das Herz klopfte. Er war schon viel zu lange trocken. Es war höchste Zeit für die nächste Dröhnung. Gian Cuny verfluchte seine Schwäche und die, die sie ausgenutzt hatten. Und er verfluchte den verdammten Aufstand, der alles nur noch komplizierter machte.
Um halb fünf hatte sich der Dealer immer noch nicht gemeldet. Damit war er seit bereits einer halben Stunde überfällig. Und der Dealer war ein Mann, der bisher immer pünktlich gewesen war. Gian Cuny schickte seine Vorbereitungs-Bestätigung an den Ersten. Und wartete.
Und wartete.
Draußen wurde es trüb. Die ersten Lichter erstrahlten in dem umfassenden Häuser- und Anlagenkomplex von Kilimandscharo-Stadt. In der Ferne waren die Auffangtrichter des Raumhafens zu erkennen. Sie waren leer, wie Cuny wußte. Bereits seit Wochen war dort kein Schiff mehr gelandet.
Die gewaltigen, durch die Luft schwebenden Filtermechanismen intensivierten ihre Arbeit. Die sich mit dem hereinbrechenden Abend ändernden Luftdruckverhältnisse sorgten für eine Zunahme der schädlichen, krebserzeugenden Staubkonzentration. Die Atmosphärenfilter – sich selbständig steuernde Mechanismen, die von der im Stadtzentrum gelegenen Ökozentrale aus überwacht wurden – machten es zumindest möglich, auf den Fließstraßen und Verkehrstunnels auf Atemfilter zu verzichten.
Der Ankunftmelder summte. Cuny erstarrte für einen Augenblick – sogar das Zittern seiner Hände hörte auf –, sprang dann auf und warf einen Blick auf den Identifizierer. Er war es! Rasch öffnete er die Tür.
»Himmel! Du bist spät!«
Wortlos trat der Dealer ein. Er trug das weite Glitzerschimmergewand eines jungen Relax, doch Cuny hatte nie herausfinden können, ob der Dealer tatsächlich zu seiner Kaste gehörte. In seine Stirn war ein halbes Dutzend silbern glitzernder Edelsteine einoperiert. Die Operation selbst mußte mehr gekostet haben, als die Edelsteine wert waren. Und die waren verdammt viel wert. Cuny schluckte.
»Hast du’s dabei?« Das Zittern verstärkte sich wieder.
»Was meinst du?« Der Dealer nahm Platz. Er lächelte.
»Das SME. Ich brauche es. Wirklich.«
»Ich sehe es.« Das Lächeln verschwand. Der hochgewachsene Mann beugte sich vor. Die Edelsteine in seiner Stirn glitzerten.
»Weißt du, lieber Gian, der Staubmedusen-Extrakt wird immer rarer. Ja, tatsächlich! Man kommt kaum noch an das verdammte Zeug ran.«
»Im Zoo … gibt’s eine Kolonie.«
Nicken. »Klar. Aber du weißt auch, wie die gesichert ist.« Kopfschütteln. »Ja, früher, da war’s einfach. Da kämen noch genug Schiffe aus dem Sternenreich. Da konnte man genügend SME schmuggeln. Heute ist sowas nicht mehr drin, mein Lieber. Dunkelwelt liegt außerhalb des Innensektors. Und Dunkelwelt ist für die Konzerne ohne
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