Die Terranauten 077 - Angriffsziel Perculion
Korvette stand zu ihrer ausschließlichen Verfügung. Sie hatte Vollmacht zur Übernahme der Befehlsgewalt über Graue bis zur Legionsstärke. Ferner hatte sie dem Computer gewisse Kriterien eingespeist, anhand welcher er die Personaldaten der gesamten Flottenbasis auf verdächtige Individuen überprüfen sollte.
Unterdessen schwang sich Shondyke II auf seiner zeitweiligen Bahn unaufhaltsam der Sporenwolke entgegen. Die Reaktorstationen meldeten ein langsames aber stetiges Anwachsen des unerklärlichen Energieverlustes.
Melwine unterhielt sich gerade beiläufig, aber insgeheim nur mäßig interessiert mit Kommandant Nugade und dem Chefexperten über dieses Problem – sie betrachtete es nicht als ihres –, da trafen kurz nacheinander die Meldungen vom Ausfall der SALADIN und vom Unglück ein, das den Frachterkonvoi getroffen hatte. Im Leitzentrum, in dem normalerweise eher mäßige, routinierte Geschäftsmäßigkeit herrschte, entwickelte sich umgehend eine gewisse Hektik. Schlagartig schenkte niemand der Aussicht noch einen Blick. Graue hasteten herein und besetzten ihre Plätze an den Monitoren.
Melwine hatte bereits beobachtet, daß das Abzeichen mit Kommandant Nugades Porträt unter den Männern, die im Tower-Leitzentrum und im unterirdischen Befehlsbunker Dienst taten, besonders verbreitet war; fast jeder trug es. Die Grauen in Nugades Umkreis waren ihr also anscheinend ganz besonders leidenschaftlich untergeben. Diese Erkenntnis erzeugte in Melwine eine allmählich dauerhafte eifersüchtige Gereiztheit, derer sie sich auf entnervende Weise bewußt wir, ohne ihr irgendwie entgegenwirken zu können.
Tat sie nicht auch bereits seit Jahren ihre Pflicht, bloß ohne ständig von eilfertigen, unterwürfigen Männern umwieselt zu werden? Arbeitete sie nicht hart an der Vertiefung und Erweiterung ihrer Ausbildung, erfüllte sie nicht gefahrvolle Aufgaben hinter den Kulissen? Doch beteten keine stieren Blicke sie an, niemand hing an ihren Lippen, las ihr Wünsche vom Gesicht ab. Für Melwine war es ein Normalzustand, daß sie bei allem im Hintergrund blieb. Aber nun stand sie auch noch im Schatten – was für ein Witz! – dieser schönen Frau. Der Schatten im Schatten der Schönheit.
»Unser Team ist einstimmig der Auffassung, daß die bisher vorliegenden Daten keinesfalls ausreichen, um erfolgversprechende Maßnahmen zur Abwehr der Sporen einzuleiten«, sagte der Chefexperte nach kurzer Rücksprache mit seinen Untergebenen. Er war ein hochgewachsener, knochiger Mann, der mit gequetschten Mißtönen durch die Nase sprach. »Wir benötigen mehr Informationen.«
»Sie werden sie erhalten, keine Sorge«, versicherte Nugade mit dem herzlichen, gütigen Lächeln einer schwarzen Göttin. »Aber wir dürfen eine breitenwirksame Bekämpfung nicht länger hinausschieben. Trotz Queen Morlays Pessimismus gehe ich davon aus, daß ein starker Kampfkreuzer-Verband den Sporenschwarm wesentlich lichten kann. Ich verspreche mir davon eine weitgehende Entlastung vom Energieverlust-Phänomen. Währenddessen dürften Sie Ihre Forschungen zum gewünschten Resultat führen können.«
»Das hoffe ich sehr«, näselte der Chefexperte mit griesgrämiger Miene.
»Ich verlasse mich auf Sie«, sagte Nugade ohne besonderen Nachdruck. »Berücksichtigen Sie, daß ich in meinen Stäben nur Elitekräfte dulde.« Mit schwungvoller Plötzlichkeit drehte sie dem Mann den Rücken zu, als habe er sich einen Affront geleistet. Unwillkürlich vollzog Melwine die Kehrtwendung mit. Erstens waren Garden-Wissenschaftler keine Kämpfer, zweitens empfand sie den Mann persönlich als degoutante Erscheinung; drittens hatte sie zur Zeit nichts Besseres zu tun, als im Traktorstrahl der Kommandantin dahinzuschlendern – dabei bewegten sie gemischte Gefühle, denn trotz ihres unableugbaren Neids übte die Attraktivität Nugades unverminderten Einfluß auch auf sie aus. Die Kommandantin wandte sich an einen Hauptmann und befahl die Herstellung einer Funkverbindung mit den Befehlshabern der Geschwader, die Shondyke II in gestaffelten Parkorbits umkreisten. Natürlich trug der Mann ihr Abbild auf dem Herzen. Halb schnodderte, halb buckelte er, wie ein Operettenoffizier.
Nugades Anweisungen waren bald erteilt. Die Kampfkreuzer sollten eine fünf Lichtsekunden durchmessende Schneise auf Shondykes II Bahn durch die Sporenwolke schießen, damit der Planet den Schwarm passieren könne. Auf diese Weise, nahmen Kommandant Nugade und andere leitende Kräfte der
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