Die Terranauten 080 - Der Himmelsberg
Pfahl gebunden, so daß sie sich kaum bewegen konnte. Der Pfahl stand etwas erhöht und war ringsum von dicken Bündeln umgeben, die wie Strohballen aussahen.
Ich brauchte nicht lange, um herauszufinden, welchen Zweck die Strohballen erfüllen sollten. Wenige Meter davon entfernt war eine schrägstehende Glasscheibe aufgebaut worden – ein Spiegel. Der Spiegel stand noch im Schatten, wurde von den Sonnenstrahlen nicht berührt. In kürzester Zeit jedoch, wenn die Sonne weitergewandert war, würden die Strahlen auf die Spiegelfläche fallen, würden reflektiert werden und genau die Strohballen treffen. Und dann …
Jelina stand auf einem Scheiterhaufen!
Und das wußte sie auch. Sie hatte die Augen geschlossen und hing ergeben in den Stricken, die sie an den Pfahl fesselten. Ihr Gesicht war ein Bild der völligen Hoffnungslosigkeit. Sie hatte sich selbst aufgegeben.
»Jelina«, flüsterte ich tonlos.
Ein paar Augenblicke später begann sich die Szene in meinem Kopf zu verflüchtigen. Die Gestalten Jelinas und der Kuttenträger lösten sich auf, wurden zu formlosen Farbschemen und verschwanden schließlich ganz. Es wurde dunkel in meinem Kopf. Das Licht der Erkenntnis war erloschen.
Über mir sah ich nur noch die rohe Decke meines Gefängnisses.
*
Es war geschafft!
Wie immer hatte sich der Übergang von Weltraum II ins Normaluniversum kaum merklich vollzogen. Aber die Tatsache, daß auf dem großen Bildschirm nicht mehr das rote Flammenmeer tobte, sondern die von hellen Lichtpunkten aufgelockerte Schwärze von Weltraum I sichtbar war, ließ keinen Zweifel an der geglückten Transition aufkommen.
Tief atmete Laacon Merlander auf. Wenn er ganz ehrlich war, dann mußte er zugeben, daß er mit einem Scheitern der Aktion gerechnet hatte. Er hatte den Fähigkeiten seiner Logenmitglieder ganz einfach nicht genug Vertrauen entgegengebracht.
Noch ziemlich erschöpft hingen die Treiber in ihren Schalensitzen. Zu viert hatten sie eine Arbeit geleistet, für die normalerweise sieben erforderlich waren. Ganz klar, daß sie mit ihren geistigen Kräften jetzt so ziemlich am Ende waren.
Der Logenmeister selbst fühlte sich ebenfalls wie ausgelaugt. Die Koordination der PSI-Ströme war ihm selten so schwergefallen wie diesmal.
Ein leichtes Schwindelgefühl gewaltsam unterdrückend erhob er sich und ging ganz nahe an den Bildschirm heran. Er hielt Ausschau nach vertrauten Sternenkonstellationen, um den gegenwärtigen Standort der STORTIS bestimmen zu können. Einen Navigationscomputer, der so etwas automatisch erledigte, konnte die Loge sich nicht leisten. Mißvergnügt stellte er fest, daß er mit dem Bildausschnitt, den das Holokissen zeigte, wenig anfangen konnte.
Siri Lankard stand jetzt ebenfalls auf und trat an die Seite des Logenmeisters.
»Nun, wo sind wir?«
Laacon Merlander zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Wir können auf dem Monitor nur das sehen, was vor uns liegt. Erforderlich wäre aber wohl eine Rundumsicht.«
»Warum gehen wir nicht nach unten?« schlug der Treiber vor.
»Ja, tun wir das!«
Das Hologerät in der Treiberkuppel konnte nicht verstellt werden. Es zeigte lediglich eine Kopie des Bildes, das der große Hauptschirm in der Zentralebene gegenwärtig lieferte. Allein dieser war mit den schwenkbaren Außenkameras gekoppelt, so daß eine Änderung des Bildausschnitts nur hier vorgenommen werden konnte.
Merlander und Lankard gingen die Wendeltreppe hinunter, die zur Kommandozentrale führte. Zeus Alpha, Ain Lavalle und Oona Karf, die sich inzwischen ebenfalls ein bißchen erholt hatten, folgten den beiden Männern. In der Treiberkuppel blieb nur Kirju Haapala zurück, der erst in ein paar Stunden das Bewußtsein wiedererlangen würde.
Auch in der Zentrale herrschte die Bewußtlosigkeit. Artuur Morgh und Jeng-Jeng, der Schiffseigner und sein 1. Offizier, hingen angeschnallt und mit geschlossenen Augen in ihren Sitzen. Sie befanden sich in einem mit Barbituraten erzeugten Tiefschlaf. Als Nicht-PSI-Begabte wären sie sonst während des Flugs durch Weltraum II mit Sicherheit wahnsinnig geworden. Dasselbe galt auch für die übrigen Besatzungsmitglieder, die in ihren Tiefschlafkammern außerhalb der Kommandozentrale dem Wiedererwachen entgegenträumten.
»Sollen wir Morgh und Jeng-Jeng aufwecken?« erkundigte sich Ain Lavalle.
Merlander winkte ab. »Warten wir noch damit. Morgh wird noch früh genug merken, daß etwas schiefgelaufen ist.«
Wenn sie nicht vorzeitig geweckt wurden,
Weitere Kostenlose Bücher