Die Terranauten 080 - Der Himmelsberg
an!
Zum Glück legte sich die Spannung gleich wieder. Oona Karf war nicht beleidigt, lachte nur über die Worte ihrer Logenschwester.
»Schon gut, schon gut«, sagte sie. »Die Garden sind natürlich eine über jeden Zweifel erhabene Institution! Sagst du uns nun, ob Heinlein IV ein geheimer Gardenplanet ist?«
»Mir ist davon nichts bekannt«, antwortete Ain Lavalle. »Aber das will natürlich nicht viel besagen.«
Das will es in der Tat nicht, dachte Merlander. Ain Lavalle hatte in der Hierarchie der Grauen nicht hoch genug gestanden, um in größere Geheimnisse eingeweiht zu werden. Davon abgesehen aber war die Wahrscheinlichkeit, daß Heinlein IV aus ganz anderen Gründen zum verbotenen Planeten erklärt worden war, viel größer. Einheimische Mikroorganismen, die dem menschlichen Metabolismus abträglich waren, Seuchengefahr, unkontrollierbare PSI-Phänomene – dies alles konnte bei der Entscheidung, eine Welt zu sperren, eine Rolle spielen. Genausogut war es möglich, daß der Planet in ökonomischer Hinsicht nicht genug hergab, um eine ständige »Befriedigung« rebellischer Siedler lohnend erscheinen zu lassen. Heinlein IV wäre nicht der erste Planet gewesen, den das Konzil aus dem letzten Grund sich selbst überlassen und mit einem Anflugboykott belegt hätte.
In jedem Fall war der vierte Planet der Sonne Heinlein offenbar bewohnbar. Und es gab mehrere gute Gründe für Laacon Merlander, eine Landung ins Auge zu fassen. Es fragte sich nur, was Artuur Morgh dazu sagen würde …
*
Ich brauchte eine ganze Weile, um das, was ich gesehen hatte, zu verdauen und vor allem richtig zu überdenken. Eine gewisse Erleichterung breitete sich in mir aus, nachdem ich mir klargemacht hatte, daß Jelina noch nicht endgültig verloren war. Die Szene, die mir das Licht der Erkenntnis gezeigt hatte, konnte nicht aus der Vergangenheit stammen. Dazu hatte meine Clanschwester zu erwachsen ausgesehen. Das entsetzliche Geschehen in der Himmelsstadt würde sich also erst in der Zukunft abspielen.
Wann?
Das konnte ich nicht sagen. Aus meinen bisherigen Erfahrungen mit dem Licht der Erkenntnis wußte ich, daß wenige Tage, unter Umständen aber auch mehrere Wochen vergehen mochten, bis das Geschehen Wirklichkeit wurde. In jedem Fall aber durfte ich wohl davon ausgehen, daß Jelina noch zu retten war.
Und wer sollte sie retten?
Dafür kam nur ein einziger in Frage: ich selbst!
Ich wollte nicht bestreiten, daß sich eine ganze Reihe meiner Clanbrüder sofort auf den Weg machen würde, um Jelina zu befreien. Jelina war eine von Riglan, und das bedeutete, daß der Clan alles tun würde, was in seiner Macht stand. Als sie vor einem Jahr verschwunden war, hatten sämtliche Brüder und Schwestern tagelang nach ihr gesucht. Erst als keine Aussicht mehr bestanden hatte, sie zu finden, waren die Nachforschungen eingestellt worden. Jetzt aber sahen die Dinge anders aus. Für nahezu alle Clanangehörigen war Jelina längst tot. Niemand würde mir glauben, daß ich sie lebend vor mir gesehen hatte. Thor, du bist ein unverbesserlicher Träumer! Das würden sie zu mir sagen und sich kopfschüttelnd abwenden. Nein, es gab nur eine Möglichkeit: Ich mußte die Dinge selbst in die Hand nehmen!
Die Frage war nur, wie ich das anstellen sollte. Drei Tage und drei Nächte war ich noch dazu verurteilt, im Strafhaus auszuharren. Drei Tage und drei Nächte zuviel! Hundertundfünfzig Stunden waren zu kostbar, um sinnlos verschwendet zu werden.
Ich mußte hier raus!
Nur hatte ich noch nicht die geringste Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Den Bruder, der mir das nächste Essen bringen würde, mit einem Messerrohling niederschlagen? Nein, das konnte ich nicht tun. Es war nicht auszuschließen, daß ich ihn dabei ernsthaft verletzte, und dann wäre ich meines Lebens nicht mehr froh geworden. Und ihn einfach mit den Fäusten angreifen? Hm, das war so eine Sache. Man konnte mich wirklich nicht als einen Schwächling bezeichnen, aber ob ich einen Zweikampf mit einem ausgewachsenen Mann siegreich bestehen konnte, blieb höchst fraglich. Wenn mir allerdings gar nichts anderes mehr einfiel, würde ich es wohl riskieren müssen. Auch auf die Gefahr hin, daß mich der Clanvater allerstrengstens bestrafen würde. Angesichts der Gefahr, die Jelina drohte, konnte mich keine Bestrafung von meinen Absichten abhalten.
Ich stand von der Pritsche auf und trat an das kleine Fenster heran, durch das ich nach draußen blicken konnte. Das Fenster war
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