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Die Terranauten 081 - Treiber-Piraten

Die Terranauten 081 - Treiber-Piraten

Titel: Die Terranauten 081 - Treiber-Piraten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Roberts
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auf dem Gipfel des Krakata waren ganz einfach abergläubische Dummköpfe gewesen, die sich etwas eingebildet hatten, was gar nicht existierte. Die gottähnlichen Himmelssöhne, an die sie glaubten, gab es nur in ihrer Einbildung, und die Scheiterhaufenzeremonie war nichts anderes als fauler Zauber. Die golden strahlende Mistel jedoch hatte wirklich etwas an sich, das den Rahmen des Normalen sprengte, das ich mit meinem Verstand nicht begreifen konnte.
    Zu siebt saßen wir in der Treiberkuppel, versammelt um die Mistelblüte des Urbaums Yggdrasil, die den Mittelpunkt bildete. Außer mir und Jelina waren die Treiber Siri Lankard, Ain Lavalle, Zeus Alpha und Oona Karf da. Und natürlich Laacon Merlander, der Logenmeister.
    Alle übrigen, Kapitän Artuur Morgh, Jeng-Jeng, der Erste Offizier, und die anderen Angehörigen der Schiffsbesatzung waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bei Besinnung. Sie waren in einen künstlichen Tiefschlaf versetzt worden – zu ihrem eigenen Schutz. Man hatte Jelina und mir gesagt, daß wir nachher in eine Welt eintreten würden, die so furchtbar war, daß jeder »normale« Mensch darin unweigerlich wahnsinnig wurde, wenn er die Schrecken dieser Welt mit wachem Verstand über sich ergehen lassen mußte. Nur Treiber waren in der Lage, diesen Schrecken zu trotzen.
    Und genau das war es, was mich mehr ängstigte, als ich nach außen hin zugeben wollte. Selbst Jelina gegenüber hatte ich mich ganz zuversichtlich, ganz vertrauensvoll gezeigt. Aber das hatte ich nur getan, um sie zu beruhigen, um ihr etwas von der Angst zu nehmen, die sie natürlich ebenso spürte wie ich.
    Nur Treiber konnten in dieser anderen Welt, die man Weltraum II nannte, überleben, ohne ihren Verstand zu verlieren!
    Aber waren Jelina und ich denn richtige Treiber? Sicher, wir hatten Visionen von der Zukunft oder auch von der Vergangenheit, verfügten also über die sogenannten PSI-Kräfte. Aber machte uns das wirklich schon zu Treibern?
    Ich wußte es nicht, konnte es nicht beurteilen. Mir blieb nichts anderes übrig, als darauf zu vertrauen, daß der Logenmeister und die anderen, die richtigen Treiber, recht hatten und nicht etwas in uns sahen, was wir gar nicht waren.
    Natürlich ahnte Laacon Merlander, wie es in mir aussah. Zwar konnte er meine Gedanken nicht lesen, denn er war selbst kein Telepath. Aber er hatte langjährige Erfahrungen, und dies war – wie er uns gesagt hatte – nicht das erste Mal, daß »Neulinge« in seiner Loge mitwirkten.
    »Ganz ruhig, Thor«, sagte er leise zu mir, »du brauchst dich wirklich nicht zu sorgen. Es wird alles gutgehen, glaube es mir.«
    »Ich … bin ja auch ganz ruhig«, versicherte ich ihm.
    »Natürlich, Thor, natürlich. Hier, nimm das, und schlucke es einfach hinunter.«
    Merlander reichte mir eine Kugel, die etwa halb so groß war wie der Fingernagel meines kleinen Fingers. Anschließend gab er auch Jelina ein solches Kügelchen.
    Wir vertrauten dem Logenmeister und schluckten die Arznei, ohne lange nach ihrem Sinn und Zweck zu fragen, hinunter. Eine Wirkung spürte ich nicht, jedenfalls noch nicht.
    »Sind wir bereit?« Merlander blickte in die Runde.
    Die Treiber erklärten ihre Bereitschaft. Dann faßten wir uns alle an den Händen, so daß ein geschlossener Kreis entstand. Rechts hielt ich Merlanders Hand, links die Oona Karfs.
    »Denke an nichts, Thor«, raunte mir der Logenmeister zu. »Blicke nur immer auf die Mistel, und konzentriere dich mit all deiner geistigen Kraft auf sie!«
    Ich nickte und versuchte, genau das zu tun, was er mir gesagt hatte.
    Nichts denken, nur auf die Mistel blicken!
    Golden erstrahlte die geheimnisvolle Blüte.
    Wie die Sonne über Lagund, dachte ich.
    Lagund – ob ich meine Heimatwelt noch einmal wiedersehen würde? Wenn ich in Weltraum II wahnsinnig wurde, würde mich Artuur Morgh bestimmt nicht zurückbringen und …
    Oona Karf ließ ruckartig meine Hand los.
    »So geht es nicht!« durchbrach sie laut das Schweigen, das die ganze Treiberkuppel ausfüllte. »Dieser Treiberling bringt mich mit seinen albernen Gedanken völlig um die Konzentration!«
    Alberne Gedanken … Treiberling …
    Sie meinte mich!
    »Nimm dich zusammen, Oona«, wies Ain Lavalle sie zurecht. »Es würde mich interessieren, wie du dich bei deiner ersten Transition angestellt hast. Wahrscheinlich hast du ununterbrochen an irgendwelche Männer gedacht, mit denen du schlafen wolltest!«
    »Halt doch dein Schandmaul, du Graue Schlampe«, schimpfte Oona Karf.

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