Die Terranauten 082 - Das Mistel-Syndikat
beim Abtransport Morghs mit anzufassen. Er war zwar ein schwächlicher Bursche, aber mehr Körperkräfte als Jelina besaß er natürlich. Dennoch unterdrückte ich den Protest, der mir auf der Zunge lag. Einen Streit mit dem Agenten der Treiberhilfe anzufangen, konnte ganz bestimmt nicht in unserem Sinne sein.
Da in unserem Clandorf selbstverständlich auch die Mädchen körperliche Arbeit verrichten mußten, war Jelina daran gewöhnt. Trotz ihrer schlanken, beinahe zarten Figur konnte sie sehr gut zupacken. Das Tragen Morghs bereitete ihr kaum Schwierigkeiten.
Wir brachten den dicken Mann zum Ringohangar und verstauten ihn in dem Kleinraumer, mit dem wir die STORTIS verlassen würden.
Ulan terHara hatte bereits vorgesorgt. Alles, was wir für die Dauer des Fluges nach Parisienne benötigten, befand sich bereits an Bord. Und die fünf Mistelblüten, um die es ja vor allem ging, ebenfalls.
Schnell waren wir startbereit. Die Innentore der Hangarschleuse schlossen sich, als das von terHara aktivierte automatische Startprogramm anlief. Als der Hangar völlig luftleer war, öffneten sich die Außentore. Unser Ringo hatte direkte Verbindung mit dem Weltraum. Kurz darauf schleuderte uns das Startkatapult nach draußen.
Die STORTIS blieb hinter uns zurück. Noch weiter im Hintergrund leuchtete der zernarbte Ball des zweiten Planeten, der im Licht der fernen Sonne Gallia gebadet wurde. Angesichts dieser kosmischen Wunder, die ich zeit meines Lebens nicht gekannt und nie gesehen hatte, kam ich mir ganz klein und winzig vor. Aber ich war doch stolz darauf, daß es mir allmählich gelang, mich in der neuen Umgebung zurechtzufinden.
Ulan terHara machte ein zufriedenes Gesicht. Routiniert manipulierte er den roten Ringo-Ball, mit dessen Hilfe die drei Antriebsringe des Kleinraumers kontrolliert wurden. Das Fehlen von hindernden Gravitationsfeldern und der Überfluß an fördernden Magnetströmen ließen den Ringo sehr schnell eine hohe Geschwindigkeit erreichen. Ob diese allerdings ausreichen würde, uns vor einer Verfolgung durch die STORTIS zu schützen, konnte ich nicht so recht beurteilen. Ich fragte den Agenten der Treiberhilfe danach.
»Mach dir deswegen keine Gedanken, Thor«, beruhigte er mich. »Natürlich ist die STORTIS schneller als der Ringo. Trotzdem brauchen wir vor einer Verfolgung keine Angst zu haben.«
»Nicht? Ewig werden Laacon Merlander und die Treiber doch nicht unter den Nachwirkungen der Schockstrahlen zu leiden haben, oder?«
»Natürlich nicht. In ein, zwei Stunden sind sie wieder aktionsfähig.«
»Und dann werden sie den Ersten Offizier und die anderen Besatzungsmitglieder aus dem Tiefschlaf holen, nicht wahr?«
»Sicher, sicher«, nickte terHara. »Aber an eine Verfolgung können sie dann noch lange nicht denken.«
»Und wieso nicht?«
Der Agent lachte. »Weil ich an Bord der STORTIS ein bißchen Saboteur gespielt habe! Jeng-Jeng wird Tage brauchen, um das Schiff wieder richtig unter Kontrolle zu bekommen. Und wenn wir Glück haben, gerät die STORTIS unterdessen in den Anziehungsbereich des zweiten Planeten und zerschellt auf der Oberfläche.«
Ich war geschockt. terHara sagte das so beiläufig, als rede er über das Wetter.
Auch Jelina hatte die Härte des Mannes von der Treiberhilfe regelrecht die Sprache verschlagen.
»Du meinst, daß sie … umkommen werden?« preßte sie schließlich mit großen Augen hervor.
»Na und?« erwiderte terHara achselzuckend. »Verbrecher haben kein besseres Schicksal verdient! Und Mistelschmuggler sind die übelsten Verbrecher, die es gibt.«
Vielleicht hatte er recht, vielleicht waren Mistelschmuggler wirklich ganz üble Verbrecher. Dennoch entsetzte mich die Vorstellung, daß die Besatzung der STORTIS den Tod finden würde. Laacon Merlander, Siri Lankard … Hatten sie wirklich den Tod verdient? Und auch die anderen! Ich hatte mich fast an sie gewöhnt. Insbesondere erinnerte ich mich an die enge psionische Verbundenheit während des Aufenthalts in Weltraum II. Diese Verbundenheit machte es mir unmöglich, sie zu hassen, obwohl sie Jelina und mich ziemlich böse getäuscht hatten.
Ulan terHara blickte hoch und zwinkerte mir zu. »Wenn dir der Gedanke an ihren Tod gar so unerträglich ist, Thor, will ich dich beruhigen. In wirklicher Lebensgefahr befinden sie sich nicht. Selbst wenn sie nicht rechtzeitig die Kontrolle über die STORTIS zurückgewinnen sollten und ein Absturz unvermeidlich wird … Da ist immer noch der zweite Ringo im Hangar, mit
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