Die Terranauten 082 - Das Mistel-Syndikat
»Aber natürlich bin ich euch einige Erklärungen schuldig. Die Zeit dafür wollen wir uns nehmen.«
Ich blieb argwöhnisch. So ganz traute ich ihm keineswegs. Die anderen hatten ihn für verrückt gehalten. Und wenn er auch verdammt zielstrebig und kaltblütig vorgegangen war, so mußte das nicht bedeuten, daß sie sich irrten.
»Zunächst einmal eine Berichtigung«, begann Haapala. »Ich heiße gar nicht Kirju Haapala. Mein richtiger Name lautet vielmehr … Ulan terHara.«
»Aha«, sagte ich. Etwas Besseres fiel mir nicht ein.
»Und ich bin auch kein psycho-epileptischer Schmuggler, wie ihr wohl glaubt.«
»Sondern?«
»Ich bin ein Agent der Treiberhilfe, der sich in die Loge Merlanders nur angeschlichen hat, um Artuur Morgh unschädlich zu machen und die illegalen Misteln an Bord sicherzustellen.«
Ich pfiff leise durch die Zähne. Wenn das keine Überraschung war.
Aber so ganz klar sah ich noch immer nicht. Er sei ein Agent der Treiberhilfe, hatte er gesagt. Die Treiberhilfe war eine Organisation, in der Treiber eine wesentliche Rolle spielten. Das hatte ich inzwischen mitbekommen. Was aber hinter dieser Organisation steckte, begriff ich noch nicht so recht.
Ich fragte Ulan terHara danach, und er war sofort bereit, Auskunft zu geben. So erfuhren wir einiges über die jüngste Geschichte des irdischen Sternenreiches. Wir hörten von der Schreckensherrschaft des verbrecherischen Lordoberst Max von Valdec, von Kaiserkraft und Treiberverfolgungen, von der Gründung des Bundes der Freien Welten durch den genialen Edison Tontor, von der Widerstandsbewegung der Terranauten, vom Sturz des Tyrannen Valdec und der teilweisen Auflösung des Reiches. Und wir hörten von der Treiberhilfe, jener aus den Terranauten entstandenen Vereinigung, die der Treiberraumfahrt zu neuer Blüte verholfen und den völligen Zusammenbruch der menschlichen Zivilisation dadurch verhindert hatte.
»Soweit jetzt alles klar?« fragte terHara.
»Im großen und ganzen, ja«, antwortete ich. Und auch Jelina hatte für den Augenblick keine Fragen mehr.
»Gut.« Der Agent der Treiberhilfe nickte befriedigt. »Dann können wir ja jetzt dieses unselige Schmugglerschiff verlassen. Kommt, meine jungen Freunde!« Er wandte sich zum Gehen.
Als wir nicht gleich kamen, blieb er am Kopfende der Wendeltreppe stehen und wandte sich um. »Nun?«
»Wir sollen die STORTIS … verlassen?« fragte ich zögernd.
»Natürlich. Oder gefällt es euch in der Gesellschaft dieses zwielichtigen Gesindels?« terHara deutete auf die bewußtlosen Logenmitglieder.
»Nein, aber …«
»Nimm es mir nicht übel, Thor, aber ich habe mir die Freiheit genommen, einen kurzen Blick in eure Gedanken zu werfen. Und dabei habe ich gesehen, daß du sehr gerne ein Terranaut sein und für die Treiberhilfe arbeiten möchtest.
Stimmt’s?«
Noch einer, der in meinem Bewußtsein herumschnüffelte! Aber in diesem Fall nahm ich es ihm tatsächlich nicht übel. Er hatte recht: Das Leben eines Terranauten würde mir schon gefallen. Die Frage war nur, was Jelina dazu sagte.
»Deine Clanschwester ist derselben Meinung, Thor!«
Etwas überrascht sah ich Jelina an. Bis jetzt war es immer ihr sehnlichster Wunsch gewesen, so schnell wie möglich nach Lagund zurückkehren zu können.
Sie beantwortete meine nicht ausgesprochene Frage von sich aus: »Es stimmt, was er sagt, Thor. Eine Terranautin zu sein, die für das Wohl der ganzen Menschheit kämpft … Ich glaube, es ist unsere Pflicht als PSI-Begabte, uns diesem Kampf anzuschließen.«
Mir war richtig feierlich zumute. Kämpfer für das Wohl der Menschheit – wie der junge David, den wir in dem Holofilm gesehen hatten! Ja, das war schon etwas.
»Wir sind uns also einig?« fragte Ulan terHara lächelnd. Wir standen auf und folgten ihm.
*
»Ihn nehmen wir mit«, sagte Ulan terHara, als wir neben der Tiefschlafliege Artuur Morghs stehenblieben.
Fett und feist lag der Kapitän da. Er wirkte wie tot, denn von Atem- und Herztätigkeit war nicht das geringste zu erkennen. Alle seine Körperfunktionen waren auf ein absolutes Minimum herabgesetzt. Dieser Zustand würde so lange anhalten, bis er durch eine Anti-B-Injektion wieder aufgeweckt wurde. Normalerweise erfolgte diese Injektion per Computersteuerung, aber sie konnte natürlich genausogut per Hand verabreicht werden.
terHara klemmte die Kanüle ab und nickte uns zu. »Jetzt könnt ihr ihn hochnehmen.«
Ich ärgerte mich ein bißchen. terHara machte keinerlei Anstalten,
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