Die Terranauten 082 - Das Mistel-Syndikat
dem sie sich in Sicherheit bringen können. Bist du jetzt zufrieden?«
Ein Lavabrocken fiel mir vom Herzen, und meiner Clanschwester ging es nicht anders. Stumm nickte ich.
Ein paar Augenblicke später fiel mir ein, daß ich mir tatsächlich ganz umsonst Sorgen um die Besatzungsmitglieder der STORTIS gemacht hatte. Auch ohne den zweiten Ringo waren sie nicht verloren. Die STORTIS konnte nämlich gar nicht an der Oberfläche des zweiten Planeten zerschellen. Dem Schiff war ein ganz anderes Ende bestimmt, wie ich aus meiner Vision wußte. Das Schicksal würde die STORTIS in Weltraum II ereilen, nicht hier im Normaluniversum!
»Siehst du«, sagte terHara, »daran hatten wir gar nicht gedacht. Es kann also überhaupt nichts passieren.«
Ärgerlich verzog ich den Mund. Es gefiel mir gar nicht, daß der Agent fortwährend seine Telepathiefähigkeiten gegen mich – und vermutlich auch gegen Jelina – einsetzte. Seine geheimsten Gedanken wieder und wieder offenbart zu sehen, konnte einem schon ganz schön auf die Nerven gehen, zumal, wenn man nicht imstande war, sich dagegen zu schützen.
»Würdest du das bitte unterlassen, Ulan?« fragte ich unfreundlich und blickte den Treiber böse an.
»Geheimnisse?«
»Was sollte ich schon für Geheimnisse haben? Es stört mich nur. Ist das so schwer zu verstehen? Ich mache ja auch nicht von meinem Talent Gebrauch und sage dir, wann und wie du sterben wirst!«
terHara runzelte die Stirn. »Das … könntest du?«
»Aber sicher!«
Einen Augenblick stutzte er. Dann aber erkannte er, daß ich nur geblufft hatte. Natürlich dadurch, daß er mir wieder in den Kopf guckte und sah, daß ich tatsächlich niemals eine Vision von seinem Ableben gehabt hatte.
»Willst du mich ein bißchen ärgern, Thor? Aber gut, wenn du es nicht willst … Ich höre sofort auf, eure Gedanken zu lesen.«
»Schön«, sagte ich leicht mürrisch.
So sicher, daß er sein Versprechen wirklich halten würde, war ich mir nicht. An Bord der STORTIS hatte man uns genau dasselbe versprochen, aber zumindest Oona Karf – und andere vielleicht auch – hatten das Versprechen nicht so ernst genommen. Und was das Dumme an der Sache war – da Jelina und ich selbst keine Telepathen waren, hatten wir keine Möglichkeit, die Aufrichtigkeit der Gedankenleser zu überprüfen.
Stimmt’s, alter Schurke? dachte ich ganz konzentriert.
Ulan terHara gab mit keinem Wimpernzucken zu erkennen, daß er meine Anzüglichkeit mitbekommen hatte. Na ja, vielleicht hörte er jetzt wirklich auf, in unseren Köpfen herumzuspuken. Viel zu erfahren gab es da ja ohnehin nicht.
»Da wir gerade bei euren Visionen sind«, fuhr der Agent der Treiberhilfe fort, »habt ihr schon mal versucht, bestimmte Geschehnisse in der Zukunft ganz bewußt als Vision heraufzubeschwören?«
»Das geht nicht«, sagte ich sofort.
»Wirklich nicht? Habt ihr es denn schon versucht?«
Jelina und ich tauschten einen Blick. »Versucht haben wir es schon, aber es ist nie etwas dabei herausgekommen. Die Visionen lassen sich nicht erzwingen.«
»Vielleicht habt ihr es nicht konzentriert genug versucht. Mit aller innerer Kraft, meine ich. Stellt euch doch einfach eine ganz bestimmte Situation vor. Die Landung auf Parisienne, zum Beispiel! Denkt mit voller Konzentration daran und …«
»Es geht nicht«, sagte ich wieder. »Die Szenen, die wir sehen, kommen und gehen, wie es ihnen beliebt. Wir haben keinerlei Einfluß darauf. Oder bist du anderer Ansicht, Jelina?«
»Du hast vollkommen recht, Thor«, bestätigte meine Clanschwester nickend.
Als ob es so einfach wäre! In jenem Jahr auf Lagund, als Jelina verschwunden war, hatte ich unzählige Male an sie gedacht und mir vorzustellen versucht, was sie wohl machte. Niemals war es mir gelungen, das Licht der Erkenntnis zum Leuchten zu bringen. Bis ich sie dann eines Tages, ohne vorher an sie zu denken, doch in einer Vision gesehen hatte, die ohne äußeren Anlaß in mein Bewußtsein getreten war.
»Schade«, sagte Ulan terHara.
Wenn ich seinen Gesichtsausdruck richtig deutete, war er enttäuscht. Aber dafür konnte ich nichts. Schließlich hatte ich mich nie als Hellseher aufgespielt.
»Na ja«, meinte er nach einer Weile. »Was nicht ist, kann ja noch werden. Wenn euer PSI-Talent richtig trainiert und geschult wird … Vielleicht seid ihr eines Tages doch in der Lage, eure Visionen zu steuern und zu kontrollieren.«
Ich hätte nichts dagegen gehabt.
*
Edison Tontor war froh, daß sich die beiden
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