Die Terranauten 082 - Das Mistel-Syndikat
Machenschaften verwickelt sind, haben wir nicht das Recht, sie zu bespitzeln.«
»Mistelschmuggel zählt zweifellos zu den illegalen Machenschaften, oder?«
»Wie man es nimmt, Llewellyn. In der Verfassung Parisiennes steht davon nichts.«
»Wohl aber in der Charta des Bundes der Freien Welten, in dem Parisienne Mitlied ist!«
»Richtig«, bestätigte der Verteidigungssekretär. »In der Charta des Bundes steht aber auch, daß sich der Bund nicht in die inneren Angelegenheiten seiner Mitgliedswelten einzumischen hat. Und die Auseinandersetzungen zwischen der gewählten Regierung Parisiennes und ihrer planetaren Opposition ist zweifellos eine innere Angelegenheit.«
Llewellyn kannte das Problem. Es trat nicht nur auf Parisienne auf, sondern auch auf fast allen anderen Bundwelten, gleichgültig, welche Regierungsform sie hatten. Der Verteidigungsausschuß des Bundes, Planetenbüro und Treiberhilfe konnten auf den einzelnen Planeten nur inoffiziell tätig werden und sich auf keinerlei Rechtsgrundlagen stützen. Anders sah es jedoch im freien Weltraum aus, sowohl im planetaren als auch im interstellaren Bereich. Hier gab es nicht nur ein Vakuum an Atemluft, sondern auch an Gesetzen. Im Raum herrschte, genaugenommen, das Recht des Stärkeren – des militärisch Stärkeren oder auch das des moralisch Stärkeren. Und was letzteres betraf, so konnte sich die Treiberhilfe jederzeit darauf berufen. Schließlich stand außer Zweifel, daß sie lediglich das Allgemeinwohl im Auge hatte. Und diesem Allgemeinwohl fügte der Mistelschmuggel unermeßlichen Schaden zu.
»In Ordnung«, sagte Llewellyn, »ich will Sie ja nicht dazu verleiten, Ihr Demokratieverständnis zu verraten, aber so ein bißchen geheimdienstliche Tätigkeit …« Er zwinkerte Schaganok vertraulich zu.
»Wir tun, was wir können«, antwortete dieser. »Das erkennen Sie schon daran, daß wir ganz offen mit der Treiberhilfe zusammenarbeiten, nicht wahr?«
»Ich wäre der Letzte, der dies nicht anerkennen würde«, sagte Llewellyn und meinte es auch.
Er verließ den Sekretär, um diesem Gelegenheit zu geben, gewisse Anweisungen zu erteilen, ohne dabei offen sein demokratisches Gesicht verlieren zu müssen. Das Problem des Sekretärs stellte sich für das ganze Sternenreich der Menschheit. Mit dem Zusammenbruch des Konzilsregimes gab es praktisch kein interstellares Recht mehr.
*
Kirju Haapala lächelte. »Keine Angst, meine Freunde, ihr habt nichts von mir zu befürchten.«
Er ließ den Strahler sinken.
Der Schock saß mir noch so tief in den Knochen, daß ich nicht einmal Erleichterung verspürte. Die reglosen Gestalten ringsum … Am liebsten hätte ich mich übergeben.
Das Entsetzen meiner Clanschwester war nicht geringer als das meine. Mit großen Augen, in denen es feucht glänzte, blickte sie den kranken Treiber an.
»Mörder«, flüsterte sie. »Die Ahnen werden dich dafür verfluchen.«
»Mörder?« echote Haapala.
Unverständnis blinkte in seinen Augen auf, dann lachte er leise. »Oh, ich vergaß, daß ihr euch noch nicht so richtig auskennt. Merlander und seine Leute sind nicht tot, nur bewußtlos. Dieses Ding hier«, er schlenkerte mit dem Strahler, »ist eine Universalwaffe. Man kann damit Laserstrahlen verschießen, aber auch ganz einfach Lähmstrahlen, die auf das zentrale Nervensystem wirken. Ich habe natürlich lediglich Lähmstrahlen eingesetzt.«
»Sie sind nicht … tot?« Jelina wollte es noch immer nicht richtig glauben.
»Nein. Aber überzeug dich doch selbst, Jelina.«
Mit leicht zitternden Knien stand meine Clanschwester auf und beugte sich über Ain Lavalle. Sie griff nach der Hand der Treiberin, um ihren Puls zu fühlen, und legte das Ohr auf ihre Brust.
»Tatsächlich«, stellte sie nicht ohne Verwunderung fest. »Ain Lavalle lebt!«
»Was habe ich gesagt?« Das Lächeln Kirju Haapalas verstärkte sich, wurde zu einem beinahe sympathischen Grinsen.
Ich hatte mich jetzt wieder gefaßt. Die Tatsache, daß die anderen Treiber nicht tot waren, trug wesentlich zu meiner Erleichterung bei. Und als Haapala seinen Strahler jetzt ganz wegsteckte, beruhigte mich das ungemein.
»Was hat das alles zu bedeuten?« fragte ich und räusperte mich dabei, um den letzten Rest Bedrückung aus meiner Kehle zu entfernen. »Warum hast du sie niedergeschossen, Kirju?«
Haapala, der bisher vor uns gestanden hatte, ließ sich jetzt in einem freien Schalensitz nieder.
»Wir haben zwar nicht allzuviel Zeit zu verlieren«, sagte er.
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