Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub
meine Befehle ausführen!« Er sah in einen Spiegel, riß sich zusammen. Seine Stimme nahm wieder eine normale Lautstärke an. »Ihr werdet jetzt meine Befehle weitergeben. Baldur, und zwar ohne Kommentar.«
Baldur wußte, was der Alte vorhatte, und er wußte, daß es Wahnsinn war. Aber ebenso war es Wahnsinn, ihm jetzt zu widersprechen. Der Alte war wahnsinnig. Und er war gleichzeitig normal genug, es sogar selbst zu wissen. Aber Baldur wußte es auch. Und er hatte seine Methoden, Einflüsse und Gegenmaßnahmen. Außerdem hing er am Leben, was natürlich einiges erschwerte. Aber man kann nicht mitten im Flug die Bombe wechseln, wie das Sprichwort aus der Zeit des Großen Blitzes meinte.
X
Ein Kratzen und Schaben weckte ihn. Mayor blickte sich einen Moment verwirrt um. Er lag im Dunkeln, aber er sah Schatten, Konturen, und bald erinnerte er sich wieder daran, wo er war. Seine Gedanken überschlugen sich, aber dankbar vermerkte er, daß es ihm besser ging. Er wußte, nicht, wieviel Stunden er geschlafen hatte, aber er fühlte sich gekräftigt. Der Wundschmerz schien fast abgeklungen. Nur ein leichtes Ziehen erinnerte ihn an die grauenhafte Operation, und der Gedanke daran ließ ihm das Blut in den Schläfen pochen.
Das Kratzen!
Mayor drehte sich langsam um und merkte, daß das Geräusch ganz dicht neben ihm war. Er blickte unter sich in zwei große leuchtende Augen. Er verhielt sich reglos. Seine Augen gewöhnten sich immer besser an die Dunkelheit. Dann lachte er leise auf.
Eine Katze! Eine kleine, dicke Katze! Na, so klein war sie eigentlich nicht, eher ein Stubentiger.
Vorsichtig streckte Mayor die Hand aus. Ein Fauchen verriet ihm, daß diese Annäherung unwillkommen war. Er zog die Hand zurück, und das Fauchen wurde zu einem sanften Schnurren.
»Ist er nicht süß?« sagte eine samtige Stimme direkt neben ihm. »Heißt Kat, Abkürzung für Kater. Sicher einer der mutigsten Kater, den diese kaputte Welt jemals gesehen hat.«
Mayor hatte sich eisern in der Gewalt. Er zeigte keine Überraschung. »Freya«, sagte er, »man hätte doch vorher anklopfen können.«
»Eine sehr differenzierte Sprache für einen Söldner«, sagte die Frau, die plötzlich dicht neben Mayor hockte, die Katze auf dem Schoß. »Ich hoffe, ich habe dich nicht erschreckt. Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt. Ich hoffe, wir werden Freunde. Übrigens hast du eine sehr differenzierte Art, mit der Sprache umzugehen, jedenfalls für einen Söldner.«
»Das sagtest du bereits. Du hast meinen Schlaf bewacht?«
»Kat und ich.«
»Was habt ihr mit mir vor?«
»Nichts. Du sollst gesund werden.«
»Ich bin gesund.«
»Vielleicht hast du keine Schmerzen mehr. Das ist gut.«
»Ist das alles?«
»Nein. Das genügt nicht. Du bist krank von Haß, nicht gesund. Du könntest …«
»Was weißt du von mir?«
»Nicht nur differenziert, sondern auch wach. Bemerkenswert!« Die Frau gähnte, aber anscheinend aus Nervosität.
Natürlich, Dummchen!
»Könntet ihr freundlicherweise das Gespräch so führen, daß mir nicht dauernd der Kopf brummt?« fragte Mayor freundlich.
»Entschuldige. Meine Schwester und ich sind … eigenartig. Aber du auch!« fügte sie heftig hinzu.
»Es ist kein Spaß«, sagte Mayor brüchig, »wenn man ein Handwerk erlernt hat und später merkt, daß es das falsche war!«
Sie sprachen miteinander wie Freunde, die sich seit langem kannten. Freya hatte sich neben Mayor auf die muffigen Mäntel und Decken gelegt, so daß sie ihm zugewandt war, die Köpfe dicht beieinander. Mayor konnte ihre Augen leuchten sehen. Und dahinter die anderen Augen des Katers, der stolz und still auf ihrer runden Hüfte saß.
»Du hast gelernt zu töten, du warst bestimmt ein besonders guter Soldat. Ich sollte dich hassen.«
»Ich war gut«, sagte Mayor nachdenklich. »Aber die Zeiten sind vorbei. Wir haben unser Handwerk gelernt, wir von der Kaste der Söldner, aber dieses Handwerk wird heute nicht mehr gebraucht. Zu Recht.«
»Du bist voller Haß«, sagte Freya, »aber du solltest lernen, diesen Haß in die richtige Richtung zu lenken. Ein Mann mit deiner Begabung kann so viel.«
Mayor dachte nach. Das mit dem Haß, da hatte sie recht, oh wohl sie eigentlich nicht wissen konnte, woher dieser Haß rührte. Er wußte es übrigens selbst nicht genau. Nur deswegen, weil ihm ein Mächtiger die rechte Hand genommen hatte? Oder war da mehr dahinter? Vielleicht war es nur die Erkenntnis, daß er sein bisheriges Leben vergeudet hatte. Er
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