Die Terranauten TB 01 - Sternenstaub
sich das leisten.
Gehen wir von der Voraussetzung des bestehenden Weltraum II aus, in dem Gedanken leben und reisen können. Es müßte dies eine Welt jenseits der vorstellbaren Dimensionen sein, eine Welt, in der eigentlich nur Geister oder – wissenschaftlich ausgedrückt – entmaterialisierte Entitäten existieren könnten. Meinetwegen auch Banshees oder andere Gedankensauger, wie die Treiber ihre Phantome nennen. Auf keinen Fall etwas Festes, in das man seine Zähne schlagen kann.
Wie langweilig! rufen die Materialisten. Wie furchtbar! entgeistern sich die Schöngeister.
Gehen wir weiter in unserem Gedankenspiel (Wenn Sie mehr daraus machen, ist es Ihre Sache!): Kann der immaterielle Gedanke in diesem Universum reisen, dann kann das Licht nicht reisen, jedenfalls nicht das Licht in unserer bekannten Form. Denn Licht ist eine, wenn auch abartige, Form der Materie. Deshalb kann nichts schneller sein als das Licht. Nicht einmal das Licht. Jedenfalls in Weltraum I. Wir befinden uns in Weltraum II. Wenn uns das gelingt, müssen wir unseren Körper vergessen oder – was noch besser ist – gut im Kopf behalten, um ihn an geeigneter Stelle wieder aufzubauen. Genauso machen wir es mit dem Raumschiff und mit dem Kühlschrank und den guten Dingen, die darin sind: Wurst, Käse, Eier, Tomaten, Whisky und Soda. Vielleicht auch etwas Bier. Und ein gut gekühlter portugiesischer Vino Verde.
Wie schaffen wir es nun, in Weltraum II einzudringen, um schneller als das Licht zu reisen, beziehungsweise: um gedankenschnell an jeden denkbaren Ort des Universums zu gelangen?
»Jaunten«, nannte das Alfred Bester, ein prophetischer Autor der frühen Vergangenheit, lange vor dem Blitzkrieg.
Wir fragen unseren Welturbaum. Unseren Yggdrasil. Hoffen wir, daß er gut auf uns zu sprechen ist. Denn in letzter Zeit haben wir ihn mit seinen Pflanzenfreunden nicht gerade besonders gut behandelt. Es gab immer wieder einige Gärtner, und ich kann nur wieder auf den Eskimo-Schamanen verweisen, dem vermutlich die Menschheit in ihrer jetzigen Zusammensetzung ihre Existenz verdankt. Wobei dies dem Eskimo-Schamanen gewiß nicht bewußt war.
Er war Werkzeug in einem Sinne, der ihm sicher gefallen hätte. Wenn man ihm jedoch gesagt hätte, daß er mit seinem Opfer der Menschheit den Weg zu den Sternen ebnen würde, hätte er vielleicht gelacht. Oder er hätte sich geweigert.
Aber das hat er nicht getan. Sonst säßen wir nicht hier.
(Aus den Aufzeichnungen des Alternativen Historikers A. Zoller, 2343 bis 2414 n.C.)
XXVIII
Ein Ruck ging durch die Erde. Die St. Andreas-Spalte klaffte endgültig auseinander, nahm den größten Teil von Los Angelos mit sich und 71 Vorstädte, die zum Teil schon entvölkert waren, da einige Raketen nicht nur auf die sogenannten Satellitenstaaten niedergegangen waren. Auch der Ruck war vorherzusehen gewesen, und Los Angelos war eine Geisterstadt mit intakten Gebäuden. Jetzt war es eine Geisterstadt mit Ruinen. Das paßte auch besser zusammen.
Der Ruck setzte sich fort, schüttelte das Land von Westen nach Osten und ließ die See in einer gigantischen Welle auftoben. Da jede Aktion ihre Gegenreaktion aufweist, kam gleichermaßen eine Welle aus der Alten Welt, und die beiden Naturgewalten kämpften miteinander, bis sie erschöpft zusammenklatschten. Danach war die Welt wieder in Ordnung und die See spiegelglatt, aber drei Tage lang mußte das Schiff des Autisten Edward G. Chimanski vor Treibanker liegen, immer gegenwärtig, gegen die eisige und felsige Küste Grönlands gepfeffert zu werden.
Drei Tage Zeit genug für Baldur von Trottlenburg, um die Karten zu mischen, daß er sein Spiel machen konnte.
*
»Fünfhundert Menschen«, sagte Mayor, »alle eingefroren wie toter Fisch. Werden alle wach, und wenn sie wach werden, werden sie etwas tun, das sinnvoll ist?«
Der dicke Autist lachte. Er stand am Steuer des alten Schiffes, das pfeilschnell über die glatte Wasseroberfläche flog.
»Draufgegangen ist bei dieser Behandlung bisher noch keiner. Und die Anzahl von Rekruten scheint mir auch nicht erstaunlich zu sein.«
»Keine Kopfprämie oder sowas?«
»Unsinn. Alle kommen freiwillig mit. Wir haben genug Geld, um auch die zu belohnen, die durchs Raster fallen. Die kehren zurück und reden von unserer Großzügigkeit, und die Relax werden sich weiter anstrengen. Die verborgenen Talente werden zutage kommen und wir werden sie finden.«
»Das klingt alles sehr gut«, sagte Freya, »und trotzdem meine ich,
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