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Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix

Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix

Titel: Die Terranauten TB 02 - Der grüne Phönix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Weiler
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war der Wahre Erbe der Macht. Und er schickte sich an, das wirkliche Erbe der Uralten zu vollstrecken.
     
    *
     
    Die Gänge und Korridore im gewaltigen Leib des Pflanzenriesen waren nun leer und verlassen. Akustische Stille umgab den Grünen Phönix, der auf dem Weg zur Kontaktkammer war. Im mentalen Äther jedoch verstummte das Flüstern und Wispern Suslats niemals. Der warme Hauch des Organseglers war immer bei ihm, gleich, wo er sich aufhielt. Sie gehörten zusammen. Wie sehr, wußte nur der Grüne Phönix.
    Die Kontaktkammer war getarnt. Der Phönix berührte Knospen und geschwürähnliche Auswüchse in der Pflanzenwand vor ihm, und ein Hautlappen schob sich bereitwillig zur Seite.
    Ein kleiner, schmaler Gang schloß sich an. Der Phönix mußte sich ducken, um nicht mit dem Kopf an die Decke zu stoßen. Halbfinstere Dämmerung. Die Leuchtfasern in der borkigen Innenhaut dieses Kapillargefäßes emittieren einen nur matten Schein.
    Erwartung und Erregung entstanden im Phönix. Der Kontakt brachte nicht nur Informationsübermittlung, sondern auch mentale Ekstase und Euphorie – die einzigen Freuden, die ein Geschöpf wie er sich leisten konnte.
    Sondierungsgedanken trafen ihn. Wäre er nicht der Phönix gewesen, wäre er jetzt bereits tot – ein Häufchen Asche nur, vom Organsegler absorbiert und neu verarbeitet. Die Kammer war auf vielfältige Weise geschützt.
    Selbst wenn sie entdeckt wurde – was ausgesprochen unwahrscheinlich war –, niemand hätte sie betreten können.
    Ein zweiter Gewebelappen zog sich vor ihm zurück. Das Licht wurde etwas heller. Ein einzelner Gewebekubus wuchs aus dem Boden der Kammer. Er war so rot wie die beiden Tränen, die das Phönixsymbol auf dem Brustteil seines Gewandes weinte.
    »Ich bin da«, flüsterte er.
    Der Gewebelappen legte sich wieder vor den Zugang.
    Der Kubus vor ihm öffnete sich knisternd. Der Grüne Phönix öffnete seine Sinne und stellte den Kontakt her. Über dem Gewebekubus begann die Luft zu flimmern. Ein Bild entstand, plastisch und nah.
    Ein leerer, verlassener, öder Planet, der um eine ausgebrannte rote Sonne kreiste. Stürme tobten über seine Oberfläche, und die Böen waren kalt. Sie wirbelten Staub auf und ebneten die letzten Berge ein.
    Leblos.
    Karg.
    Und doch der Ursprung allen Lebens in diesem zweiten Kosmos.
    Ehrerbietig neigte der Grüne Phönix den Kopf.
    Ein anderes Bild: Ein gewaltiger Baum, der auf dieser öden, vergessenen Welt wuchs. Seine Wurzelstränge reichten bis fast zum Kern der Welt, und die Ausläufer hatten sich in die Kruste gekrallt. Die Winde teilten sich vor seinem kilometerbreiten Ästegeflecht, als wüßten sie, daß ihre Macht hier endete.
    Der Urbaum.
    Der einzige Urbaum.
    Hier hatte die erste genetische Spore nach dem Untergang der Welt der Uralten gekeimt. Hier war das erste Leben der zweiten Welt entstanden.
    Der Kontakt war unmittelbar und zeitlos.
    »Ich habe die Vorbereitungen abgeschlossen«, sagte der Grüne Phönix. Und aus Kosmosfernen antwortete ihm eine Stimme.
    Ich freue mich. Du kennst deine Aufgabe.
    Es waren keine Worte. Es waren komplexe Symbole, für ein normales Hirn vollkommen unverständlich, für den Phönix jedoch klar und eine Quelle von Freude und Wohlbehagen. Suslat war ein Teil des Einzigen Urbaums, eine Erinnerung an die Heimat.
    Oh, wie lange war es jetzt schon her …
    »Ja«, sagte der Mann. »Ich kenne meine Aufgabe. Ich werde den Renegaten vernichten. Und ich werde dafür sorgen, daß der Kompromiß rückgängig gemacht und der Weg frei wird für das wirkliche Erbe der Uralten.«
    Trauer.
    So intensiv, daß Tränen aus den schwarzen Augen des Phönix rollten, groß und feucht und salzig. Die Metabolismustarnung war perfekt. Der Urbaum erinnerte sich an die andere Welt in der so lange Harmonie gewesen war. Bis zur verderblichen Mutation. Lange her. Unwiederbringlich verloren. Für immer.
    Es sind Fehler gemacht worden, sang der Einzige Urbaum, und der Phönix saugte die Bedeutung jedes einzelnen Symbols in sich hinein. Schon seit langer Zeit sind die Verbindungen zu den anderen Weltenbäumen unterbrochen. Einige sind degeneriert, andere haben ihre einstige Aufgabe ganz vergessen. Sie haben die Einwirkung des falschen Lebens zugelassen, obwohl sie Lenker hätten ausschicken können. Damals wäre es noch möglich gewesen. Heute ist es für eine solche Maßnahme zu spät. Der carnivore Strang hat sich die zweite Welt erobert.
    Die Trauer intensivierte sich noch. Der Grüne Phönix wimmerte.

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